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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0046
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al- rr nach Florenz kam, «aS i'ndeß kein« Unmöglichkeit wäre. Denn
jener Eoncurs war gegen das Zahr 1407, also gerade 100 Jahre spa-
ter. WUI man die Vermuthung fallen lassen, so hätten wir einen Mei-
strr Johann in der kölnischen Kunstgeschichte mehr, der uns denn auch
nicht unangenehm sein soll.

3) Meister Wilhelm, von dem die liwburger Chronik benchtet: ,,Der
Zeit waren der berumbt Maler in Kölln desgleichen nit was in der
Ehristenheit, er malet einen, als wie er lebte, sein Name was Wilhel-
mus", von dem wir leider kein Bild mit Gewißheit kennen, aber auch
vielleicht nicht ganz schief urtheilen, wenn wir ihn als wahrsckeinlichen
Verferkiger des Gemäldes am Grabe Cuno's von Falkenstein in Coblenz
bezeichnen. Es gibt jwar wanches Bild, daS unker dem Namen des
Meisters Wilhelm gezeigt wird, doch keines, wosür so viel innere und
äußere Gründ« sprechen, als daS erwähnte coblenzcr.

4) Der Dombild-Meister und vielleicht auch des im Wallrafianum
befindlichen jüngsten Gerjchts, mit seinen gcünen Teufeln, die man noch
dis in die Mi'kte des 16. Jahrhunderks nicht schwarz. sondern grün
malte. Wie der ausgezeichnete Meister jenes Bildes geheißen, darüber
läßl sich bisher nichts GewisseS sagen. Die Hyporhese, daß er August,
oder Wilhelm, oder Philipp Kalf geheißen, gründet sich aufnichts, und
läßt sich derselben wenigstens eine andere, vielleicht noch begründetere,
entgegenstellen. —

Bon Eoblenz aus ginq die Reise durch Obstbäume hindurch, di'e
Weinberge enrlang, die Ruinen von Skolzenfels zur Rechten und links
jenseit des Rheines Niederlahnstein, Lahneck, die halb zerstörte Johan-
niskirche, das alkerthümliche Oberlahnstein, über Rense nach der ehe-
maligen freien Reichsstadt Boppard. DaS durch den Kurvirein berühmte
Rense mit seinen elenden HLufcrn kann der Freund des Vaterlandes
nicht ohne Wehmuth passiren. Nicht mehr vecsammeln sich die Fürsten
diesseit und jenseit deS Rheines, in Obcr- und Nieder-Lahnstein, um
den Königsstuhl, und das Reich, das über 700 Jahre mit seinem An-
sehen von den Ufern der Marne bis gegen die Newa hi'n und vvn dem
Genfer-See, dem Gotthard und den Quellen des Rheines bis zu sei-
nem Nusfluffe gebot, ist gespalten!

Die Kirche zu Boppard ist ein schönes Bauwerk mit zwei schlanken
Thürmen am Chore, die sben am Dachgcsimse durch ei'nen Ganq mit
einander verbundcn sind. Auch sie hat drei Schiffe, ein Hauptschiff und
zwei Nebenschiffe, aber kcine Kreuzesarme vder kein Querschiff. Der
Chor ist nach außen in einem Fünfecke ycschlossen, zierlich und nett,
und bietet mit seincn beiden Thürmcn ein heiteres Bild. De Lassaulx
setzt den Bau des Hauptschiffes in den Anfang, dcs Ehores und der
Thürme in die Mitte dcs 13. JahrhunderkS, und darin hat er gewiß
Recht.

Jn Bvppard begann es zu regnen. Der Vorhang war gefallen. Jch
mußte zurück. So lebt denn wohl, ihr Ruinen von Sternberg und
Licbenstein, elegisches St. Goar, ihr romantischen Thürme von Ober-
wesel! Zch sollte euch für diesmal nicht sehcn.

OÜ'enrr Ariek an Herrn proteüor o. HatÜer in Ulm.

Bon Kreuser.

(Forts. S. Nr. 85, 88 u: 90 d. Bl.)

1200-1215.

Der gedrückte Sxitzbozen -rscheint zuerst m den Kreuzgewölben,
d!e offenbar gleich der Säule an das Kreuz, den Grund der Kicche,
erinnern sollen. Später erscheint der gcdrückre Spitzbogen in den Bö-
gen der Arcaden, zuletzt in der Ueberdeckung der Fenster, Thürme und
Portale. Schwache Strebepfeilec lehnen fich an das Acußere der Mauern,
theils um es zu beleben, theils aber auch, um den innern, nach außen
schiebenden Gewölben cinen Gegendruck zu gcwähren.

Säulen und Säulchen werden immer reichlicher angebracht und, so-
bald sie im Schaft die Länge der Anlike übersteigen, durch Knä'ufe,
wie in Köln so vft ;u sehen, in mehre Abtheilungen zerlsgt. Statk des
Spitzbogens vdec Halbkrsiscs werden kleinere Oeffnungen durch den ge-
brochenen Bogen überdeckl.

DieRadfenstsr, vor 1200 selten, kommen jetzt häufig in Anwendung;
der halbkreisbogige Fries wird oft durch ähnliche Constructionen aus
geraden Linien und rechten Winkeln verdrängt. Die Säulenkapiter er-
halten den kocinthischm und ionischen SLulen sehr vcrwandre Form,
adec in ihrcm Laubwer? antikcn Schwung. Man nennt diese Periode
die des ersten Uebergangsstyles, und das Mittelalter lrug seine Ele-
mente zu dicsen bunten, ofr wirrigen Erscheinungen aus den Bauwer-
ken der Blten, der italischen oder, wenn man den Namen lieber will,
der bpzantinischen Kunst (denn seit der Bilderstürmerei bis zu den Otto-
nrn flüchtete mancher griechische Künstler nach Abendland), ja der mo.
hamedanischen, seit den Krcuzzügen bekannt gcwordenen Kunst zusam-
men. Die Kuppel über des KreuzeS Mitke wurde von den Byzantinern
entlehnt, Spitzbogcn und dcr gebrochene Halbkrcis von den Saracenen
Fürjdas Letztere sei statk alles Beweises Henri Gally Knight über die
Enkwickelung der Architektur, jüngst herausgegeben vvn Lepsius,
angeführt, bci welchem Jeder sich überzeugen kann, wie die eroberungs- und
baulustigrnNormannen auf Sicilien den Spitzbogen vorfanden, nachabm-
ten, weiter bildeten. Die Nachbarn der Normannen in Niederland biS
an den Rhein krugen ihn weiter.

1215—1235.

Noch i'mmer kann von keiner deutschen oder gothischen Baukunst di«
Rede sein; aber die äußeren Strebepfeiler werden schon maffenhafrer
und auch bedeutsamer für die Unterstützung der Gewölbe. Die Räume
in den Mauerflächcn zwischen den Pfeilern wcrden dadurch bclebt, daß
zuerst eine Mauerblende und in diescc mchre Fensteröffnungen neben
und über einander erscheinen. Die Dirnste im Jnnern, nämlich Pi'la-
ster und Halbsäulen, welche längs den innern Wändrn hinauslaufen,
um dem Anfange dcs Gewölbes Unterstützung zu gewähren, erscheinen
gekuppelt, d. h. aus Pilastern und Säulen oder aus mehren neben ein-
ander gestellten Säulcn zusammcngesetzt. Das Kreuzgewölbe HZrt auf,
eine einfache Kappe zu bilden, und erscheint mit Kceuzgurken, welche in
der Mitte einen Schlußstein aufnehmen, in vier Drciecke gctheilt.

1235—1250.

Jndessen hakte der Bauflyl schon jetzt dermaßen an Ueberladung zu-
genommen, daß weitere Ausätze unmöqlich wurden. Man fing deßhalb
an, an eine Vercinfachung der Baukunst zu denken und das Ueber-
maß von Schnörkelei'en nach und nach auszusckeiden. Während dieser
Vereinfachung erhielten sich am längsten die Säulen mit den Thei-
lungsknäufen. Was zuletzt übrig blieb, bcstand aus Pfeilern, gegur-
tcten Gewölbcn und dcr Ausfüllunq der Mauerräumc zwischin den
Pfeilern und den Fenstergruppcn. Dies flnd die Grundelemente des
deutschen odec so genannten gothischen Styles, welche in diesem Zeit-
raume sich in einsachen, rehen Maffen gestalteten und als einzigen
Schmuckes sich rcicher Laubfriese und Laubcapitäier, deren Blattwerk
der Natur nachgebildet ward, zu erfreuen hatten.

Noch in di-sem Zeitraume gingen die Kirchenfenster dadurch einer
größern Ausbildung entgegen, daß man die Gruppen mehrer Fenster-
öffnungen verließ, eine gemeinschaftliche große Fensteröffnung gab und
dicse wiedec durch ein Spali'erwerk zergliederte, welcheS sich vollständig
organisch durchgebildet in dcr spätern Periode erhielt. Auch fällt gegen
das Ende dieses Zeitraums die Gründung unseres kölner Domes, zu-
gleich aber der Sturz der Hohenstaufen, das trauriqe Zwischenreich, die
dadurch vcranlaßke glückselige Noth, welche in den Städten Freiheit,
Macht und Reichthum gründete, cndlich das Auftauchen dcs wissen-
schaftlichen Gcistes, dargestellt im allumfassenden grvßen Albert und
seinem Schülcr ThomaS von Aquin. Dieses Zusammentreffen geistiger
und politischer Entwickelung wird gewöhnlich in dcr Geschlchte der
Baukunst übersehen, verdienke aber große Berücksichtigung, namentlich
in Köln, wo Albert (starb 1280) wirkte und schon einen Dom im
Kleinen vollendete, als man mit dem eigrnklichen Dome odcr, beffer
gesagt, Domchore vielleicht noch kaum oberhalb der Ecde war. Ein
neues Deutschland begann geistig und staatüch; doch wozu Bekanntes
wiedcrholen? Weiter

1250-1350.

Jn diese Zahlen ist die Blülhe der deutscken Bauweise eingeschlos-
sen, und vergleicht man andere Völker und Künste, so wird man eben-
falls finden, daß cin Jahrhundert eine lange Zeit iff. Wahrscheinlich
blühte auch nur so lange die edle Steinmetzenbrüderschaft in ihrer Rein-
h-it, die später von den mächtig gewordenen Städtezünften und sonsti-
gen Zeitereignissen verschlungen wurde.

Sehen wir auf die Kirchenbauten, so ist dabei Folgendes während
dieses Zeitraumes zu merken. Die Kreuzesform wird bri größeren Bau-
werken meistcns beibehalien, jcdoch nicht entschieden; denn si'e fehlt häu-
ig, z. B. bei einfachcn Pfarrkirchen.

Dcr Chor mit dcn etwa vorhandenen Querschiffen und den Lang-
chiffen bedingt eine organische Verbinduna. Oft ecschcint der Chov
einfach, zuweilen nach Art der Nebenschiffe mit einem niedern Um-
gange. Das Querschiff erscheint in Deukschland fast immer einschifsig.
Die beiden einzigen bekannten Beispiele von dreischifsigen Quecstäm-
men an deulschen Kirchen sinden fich am Dome zu Köln und an der
Macienkicche zu Danzig. Das Langhaus besteht zuweilen aus ei'nem
emzigen, ost aus drei, zuweilen auch aus drei parallelen Schiffen. Zu-
weüen sind diese verschiedmen Schiffe von gleicher Höhe durch frei-
rehende Pfeilec unrer einander geschieden, meistens jedoch in der Art
S°°ldnct, daß das M-ttclschiff alle NeLenschiffe an Höhe überragk.

Oie Anlage von vier*) Thürmen und der Aufsatz eincr Kuppel
uber der Bierung dcs Kreuzes wird von der dcutschen Bauwcise durch-
qangig nicht m»hr beobachtet, und man begnügte sich mit Anlage der
Thurme an der Westseike, welche bei ibrer bedeutenden Hshe imposant
wirktrn, ber Pfarrkirchen einzeln, bei Kathedralen doppelt gegeben wur-
bei der frühern Bauwcise die Mauermasse vor-
herrschte, hatte d-e Uebergangszeit dcn Pfeilerbau hervorgerufen und aus-
gebüdct. Pfeiler sind d-mnach die Hauptbestandtheile und Träger der
ganzen deutschen Bauweise, schließen zwifchen sich die Umfassung der
hoch und wett geöffneten Fcnster ein und di'enen dazu, das Gewölbe
der rnneren Näume zu unterstützen und zusammenzuhalten.

(Fortsehung folgt.)

^ Domtaumeister Zwirnev hat an der füistenbergischen Kirche auf dem
Apollmarisberge, an welchcr weder der rine Pfarrthurm, noch die
zwer oder drei Episcopalthürme paßten, mit größer Besonnenheit die
vier Lhurme wieder ins Lebcn gerufen, so wre auch die Krypte um
so deutsamer ist, da diese zamilienkrrche ein cchtes Martprium ist.
 
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