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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0210
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geraubt; der sichere Tact, welchen Herr Cincock bei seinen früheren
Arbeilen ähnlicher Arl stcts bekundete, hal auch hier, wie uns scheint,
ihn den richtigen Weg einschlagen lassen. Di- zierlichen, wohlgelunge,
nen Holzschnitte bilden eine durchaus passende Beigabe zu dem Texte-
in welchem sie angedeutet sind.

Statt einen trockenen, oürftigen Auszug aus dem Büchlein und ein
Skclett des so wundcrreichen Lcbens und Sterbens der heiligen drei
Könige hier zu geben, „deren Lob, Ehre und Würde die Christcnheit
erfüllt hüben, vom Aufgange der Sonne bis da sie untergeht," rathen
wir unseren Lesern lieber, das Büchlein selbst zur Hand zu nehmen und
den anmuthreichen Fluß seiner Erzählung in allen seincn Windun-
gen zu verfolgen. Der Weihrauchdust, wclcher daraus emporsteigt, wird
um so wohlthuender scin, als gerade in neuester Zeit ein arsenikalischer
Knoblauchsgeruch sich mehr und mehr in der literarischen Atmosphäre
bemecklich macht und cinem den Athcm schier zu vcrsetzcn droht.

A. Reichenspcrger.

Kölns alte Lirchcn in Andeutungrn.

ten ciner künstlerischen Hauptstadt nicht mehr zu kcnnen scheint. Nur
Eines ist zu tadeln und wahrscheinlich bei der Erneucrung verwcchselt
worden. Wie im Dome nämlich, so stehen auch in den Zesuitcn Chri-
stus und Maria an der Spitze dcr Apostel; allcin dcr Heiland stehl
in Norden am Frauenschiffe, Maria in Süden am Männerschiffe.
Cratepok, der die jetzige Kirche noch nicht kannte, sagt (S. 70 u. 7l),
daß St. Achatius eine feine und stattliche Kirche gcwcsen, welche nebst
Kloster „die Väter der Gcsellschaft Jcsu bekommen durch Hülfe des
Truchsessen zu der Zeit Erzbischof und Kurfürst Anno 1583 oeileolibus

VirLioibiis <Is orsins vomiolei".

Ungefähr gleichzeitig mit den Jesuiten sind die

72. Olven,

wie das Volk sagt, oder die Franciscaner-Recollecten zu den Oliven«
Irühcr stand hier eine Agncs-Capelle, als abcr die Franciscancr in die
Stadt zogen, begann 1599 der Bau klein. Jm I. 1602 war das
Schiff vollendet, später der Chor, welcher noch im Casernen-Magazine
kmntlich ist.

In dasselbe siebenzehnte Jahrhundert gehört auch der

73. D a u,

Bon Kreuser.

(Fvrts. - S.Nr. 1L2, 123, 124,125, I2S, 127, 128, I2S u. I30d. Bl.)

Schreiten wir jetzt zur Kirchc der weltgeschichklichcn
71. Jesuiten,

deren Name noch immer eine Gespensterpuppc ist, da unsere Klugen
noch nicht begreifen konnen, daß die Aufecstehung in derselben Gestalt
nur am jüngsten Tage Statt hat und daß Verstand den Vecstand
nie fürchtet. Jm Jahre 1542 kam die Gcsellschast Jesu nach Köln,
und zwar zuerst Peter Faber. Jm I. l553 übergab ihr der Rath
das Gymnasium der drei Kronen, dcsscn Eingang in Maximinen-
straße noch vor Errichkung der Badeanstalt zu sehen war. Bis dahin
hatten die Jesuiken noch keine cigene Äirche, sondern hielten ihren
Gottesdienst in Maria »-> 6ro<lu<, welchcs Stist sammt vielen Pa-
triciern aus leicht erklärlichen Gründen der damals so zerriffenen Zeit
die Väter begünstigte. Jm I. 1580 erhielten sie das doilegium 8>v«i-
8i»uuw auf der Stelle, welche noch jüngst die alle (Bohsch) Bursa
(6olle«ium ootiquum) hieß. Jndessen dchnten sie ihren Besttz aus und
erwarben mehre Häuscr, darunter das Achatiusklösterchcn, welches an der
Marzellenstraße ungefähr an der Skelle lag, wo jetzt neben der Kirche
das Eingangsthvr zum Collegium ist, das schon 1598 blühcnd war.
Anfangs erweiterte man die Achatius-Capelle, allein als im I. 1621
am vierten April ein Brand die neue Kirchc, die werthvolle Bücher-
sammlung und cinen Theil des Collegiums verzehrte, wurde bei ge-
meinsamer, liebevoller Untersiützung dcr Neubau begonnen und so eifrig
betrieben, daß im I. 1629 vor Matthäustag die Kirche in so weit
fertig war, daß nach Gelen "'), dem Zeitgenossen, alles gcflüchtete hei-
lige Geräthe aus St. Andreas in die neue jetzige Kirche gebracht werden
konnte. Gelen beschreibt auch die Kirche, und er war ihr Bewunderer.
Den Hochaltar schenkte der Kurfürst und Erzbischof Ferdinand von
Baiern, wie auch das Wappen und die Jnschrist auf ihm bezeugt,
welche alsv lautet: kiezi slo. vtriosguo Suvorius vux Lredispisoopusi
et Llkvtor 8oo. k. I. l?. kooo Lrsm llkbitoe sevotaequs servitutis
»tqus lUlectiooi, odssquio «vexxvin. Ueberhaupt war das Haus
Baiern gegen diese Kirche schr wohlthätig, wie auch das Wappen auf
der Mittelthüre zeigt. Auch der Kurfürst von Baiern schenkte, nach
einer gütigen Mittheilung des Hrn. Pastors v. Toklot, Gulden oder kölnische
Reichsthaler zum Baue. Uebrigens war kein Grab in der Kirche. Die
Iesuiten selbst wurdcn unter der Sacristei, welche den Chor umkreiset,
begraben. Was für Kunstschätze die Kirche einst besaß, mag bei Gelen
nachgesehen werden. Wenn irgend, so zogen hier die Gräuel der Ver-
wüstung ein nebst der Göttin Vernunst ckelhaften Andenkcns. Die
Dankbarkeit darf nicht vergessen, daß Hcrr Fürth durch Ankauf der
Kirche sie der Zerstörung entriß und dem Gottesdienste wieder schenkte.
Auch für die Baukunst ist diese Kirche von Bedeutung. Haben bekannt-
lich die Iesuiten etwas vermocht, was alle großen und kleinen Sküm-
per der drei letzten Jahrhundcrte nicht fertig brachten, nämlich einen
eigenthümlichen Baustyl sich angeeignet, der alle Jesuiten-Bau-
werke kennllich macht, so ist die unsrige dadurch merkwürdig, daß sie
in Säulen, Fenstern, Stabwerk, Gewölben u. s. w. noch die alte
deutsche Bauweise aus den verschiedensten Zeiten wiedergibt und in
vielen Dingen, trotz ihrer späten Zeit, noch ein gewandtes Handwerk
zeigt. Die deutsche Bauweise ist also nicht plötzlich, in den Tagen der
auflebenden Classicität, untcrgegangen, sondern allmählich, wenigstens
in ihrem Hauptsitze Köln, so wie sie auch in England noch bis auf
Wren geübt ward. Auch in der Symbolik folgt die Iesuitenkirche noch
genau den altcn Kirchengesetzen, dieman bciberühmten jetzigenBau-

S. 50S. Dieser erste Bau wnrde nach Hrn. Pastor v. Loklot am
15. Mai I6l8 begonneo, mid der apostolische Nuntiu« vr. änto-
aius illberxstlls verrichtete dieCeremonien. Nach derselbenQuelle
ist die Kanzel ein Geschenk des vr. valllns VVimmer, und die
Glocken wurde» 1631 auS Kanonen gegossen, wclche Lilly auf
Befehl des Kurfürsten Maximilian von Baiern hergab.

wic das Volk sagt, oder die Kirche der Carmeliter-Discalceaten. Sie
wurden im I. 16l3 in Köln eingeführt, wohnten zuerst auf der Sand-
kaul und zogen dann im I. 1615, unterstützt von Kurfürst Ferdinand
und anderen Frommen, zur Scverinsstraße. Jm I. 1620 gründeten
sie ihr ansehnlichcs Klvster; die Kirche ward 1628 in der Mittfasten
(Latare) geweiht.

Wir schließen die Reihe der männlichen Ocden mit einem, der recht
anfchaulich die veränderle Welt klar macht und jetzt wohl wenige Lieb-
haber bei unseren Weisen finden möchre. Wir meinen die Brüder der
frciwilligen Armuth (krakres voliilltarias panpsrtatis), auch Zel-
liter, Alexianer, gewöhnlicher

74. Lungenbrüder,

d. i. Longinusbrüder, genannt. Schon seit dem vierzehnten Jahrhun-
dcrt beschästigten sie sich mit den bekannten Liebeswecken, Pflege der
Armen, Kranken, sclbst Pestkranken, und Bcgraben '^) der Todten,
sowohl Armen als Reichen, so wie die Bcginen und armen Schwestern
bei dem weiblichen Geschlechte ähnliche Dienste thaten. Seit13ll0 woh-
nen sie schon vielfach gerühmt in den Lungen bei ihrer Longinuskirche
in der Lungengasse hinter dem Neumarkte. Frühcr wohnten sie auf
Mauritius-Kirchhof, wohin sie der wunderliche Wechscl der Zeiten wie-
der zurückgcsührt hat.

Die Reihe der zahlrcichen Frauenklöster eröffnen wir mit

75. St. Claren.

Der Ordcn der Clarissen war in Köln geliebt und hatte mehregrö-
iere und kleinere Klöster. Das Volk unterschied sie in reiche und arme
Clarissen. Die reichen Clarissen wohnten am Römerthurme, wo es noch
an St. Claren hcißt; die übrigen gehörten zu den armen, vorzüglich
jene, welche in der Schildergasse, im jetzigen Arresthause, wohnten.
Die reichen St. Claren wurden 1347 von einer Gräsin von Geldern
Namens Bela gegründet. Außer Pantaleon und der Carthause hatte
nach Winheim kcin Kloster einen so schönen Garten, der noch vor
einigen Jahren allgemein gekannt war und jetzt, nach längst zerstörter
'chöner Kirche, mit einem Straßennetze überzogen ist. Nach Gelen
ward die Kirche im I. 1306 unter Heinrich von Virneburg geweiht.

Die armen Clarissen (vgl. Cratepol S. 137) hießcn

76. Zu den Schützengeln am Neumarkt
und lebten nach der alten strengen Regel. Jn den Religionsunruhen
wurden sie im I. 1584 als Flüchtlinge in Köln aufgenommen. Jm
I. 1599 vermachte die edle Jungstau Margaretha Heldin ihr elterli-
ches Haus, genannt im großen Spiegel im Filzengraben, den srommen
Jungfrauen, welche 1613 daselbst die noch stehende Kirche bauten.
Bald aber wurdcn sie zahlreicher, und ein Theil zog aus und gründete
mit Beihülfe der öffentlichen Mildthätigkeit am 28. Juli 1637 das
neue geräumige Kloster am Nenmarkt. Als Gelen '") sein Werk
über Köln herausgab, war die Kirche crst im Angriffe. Die ver-
lassene Kirche

77. St. Lucia im Filzengraben
kausten nach dcm Umzuge die Servitessen, welche aus 1273 stammen
und in ihren früheren Schicksalen unbekannt sind.

Zu den Clarissen gchörte auch

78. St. Bonifacrus

auf Severinsstraße, auf Stadtkosten zum Danke wegen des worringer
Sieges im I. 1283 kurz nach dieser Zeit (vgl. Cratepol S. 64) er-
baut. An Bonifacius-, als dem Siegestage, hörle der ganze Rath

"b) Diese Sitte blieb bis zur Verlegung der Kirchhöfe außerhalb der
Stadt, «elche die Lodtenwagen einführte. Auch Cratepol (S. 84)
erwähnt der Lnngenbrüder.

»v) S. 276.

'bv) S. 574. evelesism . . . se«Iiücaro intenüont.
 
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