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Eduard Barp's aus Dresden wirkungsvolles Bild
„Esther verklagt Hamann beim König Ahasver" wird den
Künstler eben so bald an die bekannten Historienmaler anreihen,
wie „Rudolph von Habsburg" seinen begabten Schöpfer, Karl
Clusen aus Düsseldorf. Beiden Gemälden, wovon das
letztere ganz mit der Romantik unserer Zeit, ersteres mehr nach
Weise der älteren Meister durchgeführt ist, mangelt zwar noch
der großartige Ernst vollendeter Historiengemälde; in beiden
tritt aber auch ein kräftiges Streben, unterstützt von nicht un-
bedeutendem Talente, hervor. Ach, es ist nur zu schwer, das
Gedachte und Empfundene in der Farbe festzuhalten! Seelenvoll
steht die Untermalung da; es scheint gelingen zu müssen, aber
das Praktische tödtet den Geist durch seine Kälte. Wenn erst
die Stoffe herbcigeholt werden, verschwindet so leicht das erste
Gewollte: nur den Geist zu geben. Das gefühllose Modell
macht den Künstler so leicht geistig ermatten; er arbeitet nach
der äußern Erscheinung: Gewänder, Waffen u. s. w.; es ge-
lingt bis zur überraschenden Natürlichkeit — das Bild ist fertig
in frischer, lebendiger Farbe, und doch — wo ist das Seelen-
volle der Untermalung? Darum trete Jeder mit würdigender
Achtung zu den Werken einer Kunst, die mit unzähligen Schwierig-
keiten zu kämpfen hat, um den Geist im Stoffe zu fesseln. Wer
das Langwierige der Technik nicht kennt, der kann auch nur
schwer ein Kunstwerk der Malerei mit der verehrenden Liebe
genießen, mit welcher der hinzutritt, welcher weiß, was zu
überwinden war, um dies Werk zu schaffen. Doch der Maler
verlangt, wenn er sie auch wünscht, diese Kenntniß von dem
Beschauer nicht; er verlangt nur, und das mit Recht, daß der
Beschauer ein Mensch sei, d. h. daß er mit natürlichem Ge-
fühle und selbstständigem Urtheile vor das Gemälde trete, —
nicht aber mit hochmüthiger Gleichgültigkeit und abgehorchtem
Vorurtheil. Der Maler ist so bescheiden, daß er es still-
schweigend verschmerzt, wenn eine Kunstausstellung von Vielen
wie eine Menagerie behandelt wird. Neues, aber Ungeheures
muß da zu finden sein. Der Löwe ist schon oft hier gewesen,
den sehen wir gar nicht an; aber dies Krokodill von weit her.
So denken Viele und sprechen auch: „es verlohnt sich nicht,
hier auf die Ausstellung zu gehen, es sind ja nur ein paar
Bilder zu sehen; aber in C." Als ob es sich nicht verlohnte,
die Ferse abzulaufen, um ein, nur ein Werk zu sehen, in
welchem der Menschengeist seine Göttlichkeit bewährt hat! Aber
der Maler verschmerzt dies, wie so manches ihm angethane
Unrecht von ästhetisirenden Vielwissern u. s. w. u. s. w.; allein
es darf nicht immer unberührt bleiben, damit — „wen es
juckt, der kratze sich" — es nicht so weit komme in der Dul-
dung, wie es mit der gegen die arroganten Engländer ge-
kommen ist, die oft thun, als wären sic Herren eines fremden
Reiches. — Zu den Gemälden zurückkehrend bemerke ich, daß
das von Eduard Bary an Herrn Ober-Amtmann Albert
Rabe zu Ermsleben bei Aschersleben, das von Karl Clusen
nach Werden an Herrn Landgerichtsrath Henrici gefallen ist.
Carl Müller aus Darmstadt hat in seinem Werke:
„Charitas", das durch die Verloosung an den Herrn Comptoiristen
Aug. Kühner nach Crefeld gefallen ist, mit vielem Talent die
Klippen zu umgehen gewußt, welche eine allegorische Figur dem
Maler in den Weg legt; doch darf nicht unbemerkt bleiben,
daß dieses Werk für die Reife des Schöpfers zu gewagt ge-
wesen ist und darum bei allen den Merkmalen eines schönen
Talents, welche sich darin klar machen, doch nicht die Gediegen-
heit hat, welche namentlich bei einer Charitas gefordert wird.
Dieses junge Talent hat mit dem Maler Franz Ittenbach
den Direktor der hiesigen Academie nach Rom begleitet, um
dort im Verein mit Andreas Müller (dem älteren Bruder
des Karl) unter Leitung des talentvollen E. De eg er Com-
positionen zu entwerfen kür die durch den Herrn von Fürsten-
berg im Bau begriffene Kirche des heiligen Apollinar auf dem
Berge bei Remagen, welche ul (re8eo von den vier genannten
Malern ausgeführt werden sollen.
Des talentvollen Jakob Lehner's aus Hinter-
weiler „Todtes Wild" reiht sich an den besten Werken dieser
Art in getreuer Nachahmung der Natur. Selbst der wenig für
solche Werke eingenommene Beschauer wird von den herrlichen
Farben dieser geschickten Composition angezogen werden.

Steubel's Farbenskizze „Die drei Männer im feurigen
Ofen" ist dieses bedeutenden Talentes würdig und spricht zu
unserm Geiste durch die großartige Composition. Das Bild
soll in bedeutenden Dimensionen ausgeführt werden, und man
wird es nach seiner Vollendung ohne Zweifel zu den größten
Schöpfungen der Düsseldorfer Schule zählen dürfen. Zu wünschen
wäre es, daß bei dem Gemälde die Ungewißheit überwunden
würde, welche die Farbenskizze in Bezug auf den Ofen und
das daraus hervorbrechende Feuer erweckt. — W. Volkhart's
aus Bochum interessante Farbenskizze erweckt den Wunsch,
recht bald nach dieser das Bild vollendet zu sehen. Diese „Er-
mordung Rizzio's" ist mit vielem Talente für romantische
Gegenstände componirt, und durch glücklichen Lichteffekt in der
Farbe wird das Bild um so weniger seine Wirkung verfehlen,
da diese in der Farbenskizze schon so bedeutend ist. Hoffentlich
werden wir die vollendete Schöpfung auf der nächsten Aus-
stellung genießen. Ein erstes Bild von Anton Schneider
aus Düsseldorf, „Ein Zeitungsleser", beweist die hoffnungs-
volle Anlage des jungen Malers; ebenso spricht in der Idee
M. Artaria's aus Mannheim „Scene aus dem Tproler
Kriege 1809" den Beschauer an. — Ehe ich zu den Land-
schaften übergehe, muß ich, um jedem Mißverständnisse vorzu-
beugen, erklären, daß die Reihenfolge, in welcher ich die Ge-
mälde besprochen habe, keine Rangordnung bedingen und eben
so wenig die gemachten Bemerkungen als Kritik angesehen werden
sollen. Nach dem Schluß der Kunstausstellung wurde ich durch
die Redaktion dieses Blattes um Nachrichten aus Düsseldorf
angegangen, und erst nach dem Schlüsse der Kunst-
ausstellung entstanden diese so, wie der bleibende Eindruck
hoher Werke durch die Schrift zum deutlichem Bewußtsein
wird. Um eine Farbenschöpfung kritisch zu beurtheilen, bedarf
der wahrhaftige Rezensent für das Studium dieser einen
Stunden und Tage; es kann hier also nicht von einer Re-
zension, nur von einer Andeutung zum Besten des Publikums
und der Kunst die Rede sein. Wenn ich deshalb über viele
Gemälde geschwiegen, so ist damit nicht gesagt, daß an diesen
nicht viel Gutes anzuerkennen sei, sondern nur, daß bei der
Menge der ausgestellten Werke nur die genannten meinem Ge-
dächtnisse so deutlich geblieben, daß ich mir einige Bemerkungen
über diese erlauben durfte. Auch soll es kein Hintansetzcn sein,
wenn ich zuletzt von den Landschaften spreche. Die Landschaft-
malerei ist eben so achtungswerth und vielleicht noch schwieriger
als jede andere Richtung ihrer Kunst. Es ist wohl leicht, eine
Landschaft zu malen, die das ungebildete Auge besticht; es ist
aber nur dem Genie möglich, dem gebildeten Auge so zu ge-
nügen, wie durch die Gemälde „Königsee bei Salzburg" von
Pose aus Düsseldorf, „Schweizerlandschaft" von Ru-
dolph v. Hormann aus Stettin, mehrere von dem
genialen Andreas Stehenbalt aus Cassel, von Caspar
Scheuren aus Aachen und dem so lange unermüdlich
strebenden C. Breslauer aus Warschau, der durch seine
letzten Werke: „ Haers Elven Falders in Norwegen" und
„Abendlandschaft (Composition)", ein Talent an den Tag ge-
legt hat, das sich den genannten Landschaftmalern würdig an-
reiht. Auch die bewunderungswürdige „ Portrait-Landschaft in
Aquarell" des berühmten Felir Schirmer, welche er aus
Rom gesandt hat, kann hier nur genannt werden, denn um
diese Werke würdig zu besprechen, ist ein ungestörtes Studium
erforderlich. O. R. Jakobi aus Königsberg in Preußen
zeichnete sich in mehreren Gemälden durch naive Auffassung und
getreue Darstellung einfacher Gegenden eben so aus, wie C.
Dahl aus Berlin durch gemüthliches Portraitiren malerischer
Ortschaften. Amand Pelz aus der Grafschaft Glatz
tritt in „Abendlandschaft, Motiv aus der Gegend von Gerold-
stein in der Eifel" mit Lessingffchem Ernste auf. Die Tiefe
der Idee ist zwar nicht genug von technischer Fertigkeit unter-
stützt, doch vergißt man gern die letztere über die erstere.
Friedrich Heunert aus Loest, Karl Hilgers aus
Düsseldorf, besonders L. Scheins aus Aachen durch
„das einsame Haus im Gebirge", A. Schulten aus Düssel-
dorf, P. H. Stappel aus Arnsberg, Friedr. Aug.
de Lenov aus Gräfroth durch zwei freundliche Winter-
landschaften, W. Klein aus Düsseldorf nehmen mehr
 
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