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einen philosophischen Roman, „Phaethon", schrieb, der so
voll erhaben-schöner Gedanken ist, daß Referent das Bedauern
aussprechen muß, ihn in Vieser Sammlung der Waiblinger'schen
Werke noch nicht vorgefunden zu haben. Vielleicht bringt
ein zehnter Band dieses Kapitalstück von poetischer Philo-
sophie nach.
Der Verleger hat dem gesammelten Waiblinger eine sehr
anständige Ausstattung gegeben. Des Dichters Bildniß, nach
der Wagner'schen Büste, zeigt griechisch-heitere und nebenbei auch
Rom-selige Züge. Es sei beiläufig bemerkt, daß der Maler
Buonaventura Genelli in München, der Waiblinger in Rom
persönlich genau kannte, ein noch charakteristischeres Portrait von
ihm aufbewahrt.
Leipzig, den 1. September. F.. F.

Walter Scott's ausgewählte Romane. Uebersetzt
und herauögegeben von Karl Immer und Henry
Clifford. I. Band: Waverley. II. Band: Ke-
nilworth. Hamburg, Georg Heubel, 1840.
Ueber diese neue Uebertragung der vorzüglichsten Roman-
werke des großen Briten läßt sich nur mit hoher Anerkennung
berichten. Ich kenne die meisten der frühem Verdeutschungen
Scottischcr Romane, und weiß, welche Qual mir ihre ungelenken
SaHfügungcn, ihr gräßliches Deutsch machten. Die Jmmer-
Clifford'sche Verdeutschung, wie ich sie nach diesen zwei Bänden
beurtheilen kann, ist daher eine um so erfreulichere Erscheinung,
da sie das Verdienst der Treue mit dem der stylistischen Reinheit
verbindet. Es zeugt auch von dem richtigen Geschmack der
Uebersetzer, daß sie nur eine Selecte aus dem unbändigen
Scott geben. — Herr Heubel hat für eine ausgezeichnete Aus-
stattung Sorge getragen. F. F.

Vergangenheit und Zukunft. Roman von Re-
gina Frohberg. 2 Theile. Gera, Heinsius.
(Preis: 2 Nthlr. 12 gGr. oder 4 fl. 30 kr.)
Dieser einer hochfürstlichen Person zugeeignete Roman ge-
hört durchaus zu den besseren Erscheinungen auf dem Wucher-
felde deutscher Novellistik. Ich weiß nicht, ob er der Erstling
der Verfasserin ist; aber als Erstling würde er ein viel Hoff-
nung erweckendes Talent verkünden (?). Die Verfasserin nehme dies
als freundlichen, aufmuntcrndcn Zuruf von einem ihrer kritischen
Verehrer. — Die Verlagshandlung hat diesen Roman sehr an-
ständig ausgestattet. F. F

Fabeln- und Mährchen-Buch. Mit 500 Abbil-
dungen von I. P. Lpser. I. u. II. Heft. Berlin,
Ferd. Nubach. (Preis.des Heftes: 8 gGr. oder
36 kr.)
Es ist bemerkenswerth, daß hier gleich die Arabesken des
Titelblattes nicht von Lpser's, sondern von Holbein's Er-
findung und Zeichnung sind. In diesen Titel-Arabesken springen
sehr geistreiche Ideen hervor, und dies Blatt allein ist den
Preis eines ganzen Heftes wcrth. Wären die Bilder zu den
Fabeln eben so gut gezeichnet und gearbeitet, so würde es
kaum ein besser illustrirtes Fabelbuch geben. Aber die Abbil-
dungen nach Lpser's Zeichnungen sind wahrhaftig mehr dazu
da, um das Auge zu beleidigen, als es zu ergötzen. Wer die
vortrefflichen Osterwald'sch en Zeichnungen z. B. zu Gel-
lert's Fabeln kennt und sie hier mit Lpser's Auffassungen
Gellert'scher Fabeln zusammenhält, der wird die gewaltige Höhe
bemerken, von welcher Osterwald auf Lpser hcrabsieht. Man
nehme nur „die beiden Wächter" von Gellert. Wie geistreich
und fein hat Osterwald den Stoff behandelt, und wie plump
und gemein Lpser! Wertster Lpser, das heißt nicht geistreich,—
das heißt frivol sein? Für wen zeichnet hier Herr Lpser?
Für die Jugend. Nun — eine unverdorbene Jugend wird

bei diesem Bilde bis über die Ohren erröthen, und eine ver-
dorbene — wird sprechen: so kann ich auch malen! Das
ist der Ruhm der Lyser'schen Zeichnenkunft!
Die Bilder sind in den Tert eingedruckt, welcher letztere
eine gute Lese aus unfern ältern Fabeldichtern bietet. Wir
begegnen den Fabulisten Weiße, Gellert, v. Nicolay, Gleim,
Pfeffel, Brückner, Lafontaine, Willamov, Langbein, Hagedorn,
Lichtwehr, Richnep, Triller, v. Bandemer, Michaelis, Elias
Schlegel, Bürger, v. Stamfort, Zachariä, Seidel, v. Wulfen,
Stoppe, Burmann, Prömmel und Drollingcr. Auch findet sich
Fabelhaftes von Herder, Schiller und Mahlmann. Die neuesten
Fabulisten — wie Abraham Eman. Fröhlich u. A. — scheinen
nicht berücksichtigt zu werden.
Druck und Papier sind vorzüglich, und das Format sehr
zweckmäßig zu nennen. Zum Kindsgebrauch würden die Hefte
(wenn man ein gerügtes Bild davon abzöge) sehr zu verwen-
den sein, denn es kann keinen lehrreichem Tert für die Jugend
geben, als diese Fabeln, wenn es auch bessere Bilder gibt, als
diese Lyser'schen Verzeichnungen. F. F.

Buch für Töchter gebildeter Stände, von I.
Sartori (Neumann). Mit 3 Kupfern. Berlin,
Ferd. Nubach. 1840. (Preis: 1 Thlr. 6 gGr.
oder 2 fl. 15 kr.)
Die Verfasserin (Stadträthin Neumann in Elbing) hat sehr
Recht, wenn sie in ihrer Vorrede sagt: daß man unter den
vielen Jngendschriften, welche in jeder Messe neu erscheinen,
so wenige finde, die den eigentlichen Zweck erreichen, noch
die Ansprüche befriedigen, die ein guter Erzieher an sie machen
muß. Das liege — sagt die erfahrene und literärisch wohl-
bekannte Sartori weiter — zum Theil daran, weil häufig
diese Bücher von solchen Schriftstellern geschrieben würden, die
selbst keine Kinder besäßen, nichts von der Wichtigkeit der Er-
ziehung wüßten, oder nur ihren eigenen Vortdeil (also nicht
den „sie nichts angehender Kinder") im Auge hätten. Res.
hat allerdings keine Kinder, hat aber auch keine Jugendschriften
verfaßt, obwohl er weiß, was Erziehung bedeuten und Vortheil
im Leben sagen will? Res. muß der Verfasserin zugestehen,
daß cs eine der schwierigsten Aufgaben ist, für die Jugend zu
schreiben. Dies haben immer nur Wenige verstanden, und
wenn ich die Namen Christian Felix Weiße (den Kinder-
freund yui' exesllenee) und Löhr (den wundervoll erzählen-
den Mährchenmann) nenne, so hab' ich wohl die beiden Haupt-
muster für deutsche Jugendschriftsteller genannt. Ernst v. Hou-
wald, mit seinen Kinderstücken, und die Grimm's, mit
ihren Kinder- und Hausmährchen, gehen jenen Häuptern würdig
zur Seite. Nun müßten cs aber nach der Ansicht unsrer Ver-
fasserin ganz besonders schriftstellernde Mütter sein, welche zum
Schreiben für die Jugend sich eigneten. Die Frauen (Lei aller
Verehrung sei es gesagt!) haben nun zwar Zeit, Gelegenheit
und Anlaß genug, aber wohl selten die Gaben dazu, mit
Kindern auch schriftlich kindlich reden zu können. Es ist
ein großer Unterschied, mit Kindern mündlich sich zu verstän-
! digen, und ihnen etwas schriftlich in der rechten Art beizubrin-
gen; so leicht das Erste ist, so schwierig das Letzte. Amalie
Schoppe, geb. Weise z. B., die doch eine sehr häusliche und
sonst gewiß sedergewandte Schriftstellerin ist, hat mit allen ihren
Jugend zeitungs-Jahrgängen bewiesen, daß sie nicht für
die Jugend zu schreiben versteht. Wenn auch die Jugend ihre
Sachen liest, so beweist dieses doch noch lange nicht, daß ihre
Sachen für die Jugend paffen. Doch ich breche ab, um auf
das „Buch für Töchter" zurückzukommen.
Die Verfasserin übergibt hier der Jugend des schönen Ge-
schlechts statt der sonst gebräuchlichen supernaturalistischen
(wie es die Mährchen sind), realistische Erzählungen, die
an die Novelle streifen und nach ihrem Ton und ethischen In-
halt wohl zu billigen sind. Der Verfasserin Versuch mit einem
Lustspiele, das sie in der Jetztzeit auch für ein Bedürfniß der
Jugend hält, ist nicht ganz mißlungen zu nennen, wenn sie auch
den Punkt: nicht zu viel reden zu lassen, wenig beachtet hat.
Das Lustspiel soll nicht lang-, sondern kurzweilen.
 
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