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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Bredt, Ernst Wilhelm: Das Germanische Nationalmuseum und der Bayer. Kunstgewerbe-Verein
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0276

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Das Germanische Nationalmuseum und der Bayer. Uunstgewerbeverein.

welches sowohl den Lammlungen des Germanischen
Museums" als auch der Museums-Zeitschrift, die als
neue Folge des alten Anzeigers f853 zu erscheinen
begann, zur Grundlage und Anordnung des Materials
dienen sollte, läßt diese seine Art durchaus nicht er-
kennen. Wahrscheinlich mußte Aufseß so ein trockenes
System schon deshalb ausstellen, um wenigstens eine
Reihe von zünftigen Historikern für seine durchaus
kunstfreudige Lache zu gewinnen.

War doch sein Anzeiger viel frucht-
barer als sein „System", seine
Lammlerthätigkeit wertvoller als
beides.

Nicht für den Historiker allein
ist dieser Anzeiger noch heute häufig
genug eine Quelle wertvoller Er-
innerungen. Anregend förderte er
die großen und vielseitigen Gebiete
des Museums. Lein Inhalt galt
natürlich nicht der neueren Kunst.

Die Mitte des f7. Jahrhunderts
bezeichnete den damaligen Kunst
und Vaterlandsfreunden die letzte
Grenze des Beachtenswerten.

Das hat sich natürlich im
Wandel der fünf Dezennien ge-
ändert. Wenn etwa immer die
Anschaffungen innerhalb eines
Dezenniums räumlich getrennt be-
wahrt worden wären, so ließe sich
den Lammlungen des Museums
wahrscheinlich ein ähnlicherWandel
in der Bevorzugung bestimmter
Ltile ablesen wie den Ausstellungen
des Kunstgewerbevereins. Jeden-
falls hat damals die Gotik er-
klärlicherweise den Künstlern, un-
berechtigterweise auch den pisto-
rikern anr meisten gegolten. Jeden-
falls hat das spätere Mittelalter
anfangs die größten Mittel des
Museums beansprucht, während gegenwärtig Kunst-
werke und Hausgeräte aus allen vergangenen Zeiten
Deutschlands erworben und — mit Dank und Ver-
ständnis von freundlichen Gönnern angenommen
werden.

Nur die Gegenwart fühlt sich noch nicht heimisch
im Germanischen Nationalmuseum — mit Ausnahme
etwa der Lchwarzweißkunst und einiger Medaillen.

Der Geschmack hat einmal seine eigene Geschichte.
Die Bevorzugung der Gotik seitens des neugegrün-
deten „Vereins zur Ausbildung der Gewerke" bedarf
keiner weiteren Begründung. Das lag in der Zeit.

Aufseß kaufte aber aus noch anderen Gründen, die
vollste Berechtigung haben, vor allen Dingen alte
Urkunden und alte Denkmäler an. Waren auch alle
Zeitverhältuisse uub Zeitbestimmungen der Wert-
schätzung der Denkmäler des {7. und insbesondere
des f8. Jahrhunderts entgegen, so mußte naturgemäß,
nachdem einmal der Linn für Erhaltung der Alter-
tümer erwacht war, der bevorstehende Untergang der
etwa noch erhaltenen ältesten Denk-
mäler anr meisten ins Auge fallen.
Dazu kam, daß die Feingold-
schläger den Haupthandelsplatz für
Pergament, das sie notwendig
brauchten, gerade in Nürnberg
fanden. — Gewiß war es ver-
dienstlich von den Gründern des
Museums, daß sie vieles vorr den
hier denr Gewichte nach feilge-
botenen alten pergamenten auch
denr Gewichte nach ankauften und
den oft großen historischen oder
künstlerischerr Gehalt derselben zu
bewahren und zu würdigen wußten.
Auf diese Weise wurde manche
bedeutsame Urkunde, manche wert-
volle Miniaturmalerei zu einenr
Preise erworben, der billigen Lpott
aus die Verkäufer und jene Zeiterr
werfen läßt.

Wie' sehr im allgemeinen die
Preise für Kunst und Volksalter-
tümer gestiegen sirrd, das könnten
wohl gerade die Direktoren des
Germanischen Museums zahlen-
mäßig Nachweisen.

Glücklicherweise sind auch die
Mittel des Museums ungeahnt in
den 30 Jahren gewachsen. Für
Laminlungszwecke und Neubauten
verfügt das Museum jährlich über
etwa l 00 000 Mark, die fast ganz
allein durch die Mitgliedsbeiträge der Fürsten und
des Volkes aller Ltände aufgebracht werden. Für
Verwaltungs- und Baukosten steht jährlich eine Lumme
von s 05 000 Mark, die zum größten Teile aus dem Zu-
schüsse des Reiches, zum kleineren aus dem bayerischen
und dem Zuschüsse der Ltadt Nürnberg gebildet wird,
dem Museum zur Verfügung. Das sind Summen,
die der begeisterte Gründer des Museums und feine
Anhänger, die anfangs eine Aktiengesellschaft bildeten,
nicht gewagt hätten zu ahnen.

Besonders in dem letzten Dezennium unter Gustav
v. Bezold und Hans Bösch ist das Museum auch nach

-nj. Modell zu einem Grabstein für
Maler Raders von f Emil Dittler.

Kunst und Handwerk 52. Iahrg. Heft 9.

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