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Kunst der Nation — 3.1935

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Der Kunstverein im Jahre 1935: Frankfurt
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Paul, F.: Der Wert des Gegenständlichen in der deutschen Kunst
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Mutter und Kind
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Paul, F.: Jahre der Kämpfe: Emil Nolde
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6

Kunst der Nation


gestaltung für solche enthalten wird, die eine Familie grün-
den wollen. Außerdem soll nach Möglichkeit in diesem oder
im nächsten Monat eine kn n st handwerkliche Schau
des Bundes deutscher Kunsthandwerker im Gau Hessen-Nassau
veranstaltet werden. Anter dem Leitmort „Bildhauer
der Gegenwart" werden im Mai Werke der deutschen
Bildhauer Herbert Garbe, Georg Kolbe, Gerhart Marcks
und Richard Scheibe gezeigt, während im Juni zwei Maler,
Reinhold Ewald (Hanau) und Hans Peters
(Frankfurt) ausstellen werden. In der Hauptzcit des Frem-
denverkehrs in Frankfurt, während der Ferienmonate Juli
und August, stellt sich der Kunstvcrein in den Dienst der
Römerbergspiele und wird für sie durch eine in Gemeinschaft
mit den Städtischen Bühnen geplante Ausstellung „D i e
R ö m e r b e r g s p i e I e in ihrer bildlichen Ge-
st a l t u n g" werben. Die für den September und Oktober
angezcigtc Ausstellung dient der Erfüllung der zeitgemäßen
Forderung „Schönheit der Arbei t"; in Verbindung
mit der N. S. Gemeinschaft „Kraft durch Freude" der
Deutschen Arbeitsfront des Gaues Hessen-Nassau soll die Be-
deutung des Kunstwerks für die Verschönerung der Arbeits-
stätte sowohl im Beruf (Werkstatt, Büro, Erholungsraum)
als auch in der Wohnung (Arbeitszimmer) demonstriert wer-
den, um so praktische Hinweise für Betriebssichrer, Angestellte
und Privatpersonen zu geben, wie jeder an seiner Stelle
zur Arbeitsbeschaffung für die bildende Kunst beitragen kann.
Im November wird die traditionelle Herb st aus st el-
lung der Frankfurter Künstlergesell-
schaft veranstaltet, die einen überblick über das von den
Mitgliedern dieser ältesten Frankfurter Künstlervereinigung
im Jahr 1935 Geschaffene vermitteln wird. Das Aus-
stellungsjahr des Kunstvereins schließt im Dezember mit
einer W e i h n a ch t s m e s s e, deren Thema später be-
kanntgegcben wird.
Neben diesen Hauptausstellungen werden gleichzeitig stän-
dig wechselnde Sonderaus st ell ungen veranstaltet,

welche den Besuchern noch weitere Anregungen geben. Die
im abgclaufencn Jahr neu eingeführten Ausstellungen
Frankfurter Künstler im Frankfurter
K ü n st l e r z i m m e r werden unseren einheimischen Künst-
lern Gelegenheit geben, in kleinerem Nahmen ihre Werke zu
zeigen, ihr Ansehen in Frankfurt zu festigen und ihnen neue
Absatzmöglichkeiten zu schaffen. Die Ausstellungen
deutschen Kunsthandwerks in der Kunst-
stube Junghof dienen wie seit Jahren so auch weiter-
hin der Förderung der einzelnen Zweige kunsthandwcrk-
licher Werkstattarbeiten und ihrer Verbreitung im Leben des
alltäglichen Gebrauchs; sie beginnen im Januar mit einer
Sonderschau „Handwerkliches Zinngerä t", die
von verschiedenen deutschen Zinnwcrkstättcn beschickt werden
wird.
Die Vortragsreihen Dr. Gravenkamps in den
Monaten Februar und März führen das im Spätjahr be-
handelte Thema der deutschen Kunst im ersten Reich weiter
in das hohe und ausgehende Mittelalter, in die Zeit euro-
päischen Gotik, und zwar unter dem Leitwort „D i c
nationalen Formen der gotischen Kun st".
Die zweite Vortragsreihe des Jahres 1935 (Oktober und
November) wird mit dem Thema „Das deutsche Ge-
sicht in der K u n st des M i t t e l a l t e r s" die Vor-
träge über mittelalterliche Kunst im Kunstvcrein zum Ab-
schluß bringen.
Im Anschluß an diese Vortragsreihen sind für den Som-
mer Führungen in Gestalt von Sonntagsfahrten geplant,
und zwar nach Speyer, Maulbronn, Gelnhausen und Mar-
burg. In den Wintermonaten finden drei Führungen durch
Einzelabtcilungeit der Frankfurter Kunstsammlungen statt,
und zwar mit folgenden Themen: „Die altdeutschen und
die altniederländischen Meister" (Städelinstitut), „Bildwerke
des Mittelalters" (Liebighaus), „Zeichnungen der deut-
schen Romantik" (Kupferstichkabinett). Er.

Der Wert des Gegenständlichen
in der deutschen Kunst
Von
F. Pani

Fortsetzung
Die Erhebung des Menschen zum Bewußtsein
persönlicher Würde in der aristokratischen Kultur
der Stauferzeit findet ihren Niederschlag nicht so
sehr in der Malerei als in der Skulptur Deutsch-
lands. Den Reliefs disputierender Propheten und
Apostel an den Chorschranken des Bamberger
Doms läßt sich nichts aus französischer oder
italienischer Kunst bis zur Renaissance zur Seite
stellen. Die Anregung dazu stammt ans christ-
lichen Vorstellungskreisen, die Idee einer höchst
persönlichen und mit leidenschaftlicher Hingabe
geführten Disputation und vor allem die außer-
ordentliche Drcistik, mit der sie in Einzelpaaren
plastisch variiert wird, ist ganz und gar Eigentum
dieses großen anonymen Bildhauers. Sie konnte
in dieser Zuspitzung, als Thema an hochheiligen
Chorschranken, überhaupt nur einem Deutschen
einfallen, und nur von einem deutschen Bauherrn
und Njscheü eionobmigt werden.
Noch stärker empfindet man dies bei den
Stifterfiguren des Naumburger Doms,
die ein wenig später fallen (um 1260) und einen
Höhepunkt dieser großen Zeit bedeuten. Nur das
hochgestiegene Selbstbewusstsein der Stauferzeit
konnte überhaupt eine solche Profanierung des
Domchores, wie sie hier einmalig vorliegt, ermög-
lichen: die Vorfahren des Bischofs Dietrich von
Wettin, als Repräsentanten fürstlichen Laientums
in höchster Monumentalität und Lebendigkeit den
Chorwänden einzugliedern; ja schon diesen West-
chor selber, frühes und wundervolles Beispiel
deutscher Gotik, im Grunde nur als Gehäuse für
die Aufstellung der „Stifter" zu errichten. Der
kirchlich so vorurteilsfreie Bischof hat uns das
herrlichste Geschenk deutscher Kunst ermöglicht.
Auch die Hoheit und der persönkche Ausdruck
der herrlichen Skulpturen im Bamberger, Straß-
burger, Magdeburger Dom aus jenem glücklichen
13. Jahrhundert ist nur durch intensivste Ver-
senkung der Künstler in den Sinn ihrer Aufgaben
zu erklären. Man braucht nur diese deutschen
mit den vorangehenden französischen Arbeiten zu
vergleichen, um den grundlegenden Unterschied
zu erkennen zwischen der westlichen Sinnenschön-
heit und Ausdrucksleere und der Intensität, mit
der die Deutschen das Darzustellende, dramatische
Situation, persönliche Charakterisierung, Aus-
druck menschlicher Leidenschaft, zur Anschauung
gebracht haben, auf Kosten vor allem der aus-
gewogenen Vollendung des Körperlichen. Höhe-
punkt von absoluter Einseitigkeit sind die vielleicht
am spätesten entstandenen Klugen und Törichten
Jungfrauen am Dom zu Magdeburg. Was
der Meister ihnen an hemmungsloser Leidenschaft,
sagen wir ruhig, von Heulen und Grinsen zu-
gebilligt hat, übersteigt jede Grenze des bei Ro-
manen Möglichen. Wer könnte übersehen, daß
hier das tiefste Gefühl für den Gegenstand, die
Lust am Uberdeutlichwerden, den Magdeburger
Künstler zur Maßlosigkeit verführt hat. — Der
Schauplatz deutscher Kunst verschiebt sich in der
Spätgotik vom hohen Pathos aristokratischen
Selbstbewußtsein zum bürgerlich Eingeschränkten
hinüber. Das Thema wechselt, aber die Freude
am Thematischen bleibt, ja, sie wird um so stärker,
als der Gegenstand sich in die Breite entwickelt.
Wir sprechen vom Realismus der deutschen Son-
dergotik oder nordischen Frührenaissance des
15. Jahrhunderts: die Benennung dürfte gleich-
gültig sein, wenn man die Neuheit der künst-
lerischen Gesinnung und Weltauffassung im Auge
behält, das engere Verhältnis der Menschen zur
Natur und zur Persönlichkeit. Der Gegenstand
geht jetzt eine andere, intimere Verbindung mit
dem Stil ein. Das naturalistische Wollen
schweißt unzählige neue Dinge in eine Raum-
vorstellung zusammen, Porträthafte Menschen,
Bäume, Tiere, Häuser, Geräte, Jnnenräume usw.,
und dieser Kleinkosmos drückt sich nun in einer
mehr aufzählenden als zusammenfassenden Form
im Bilde aus, das Räumliche und sein überreicher
Inhalt schießt zum Kristall zusammen, indem
erzählt wi^rd.

Als Beispiel dieser addierenden Vorstellungs-
welt und ihrer mehr im Geistigen liegenden Ein-
heit diene ein Bild des großen Konrad Witz
von 1440, der Fischzug Petri. Über der uner-
hörten Entdeckung der Landschaft im Porträt-
zustand, als Gefäß des Fischerwnnders von sach-
licher Bedeutsamkeit, darf man insbesondere nicht
das Eigenleben von indifferenten, aber nirgends
und niemals bis zum 19. Jahrhundert so wahr-
haft erschauten Dingen übersehen, wie es das
Wasser des Genfersees auf diesem außerordent-
lichen Gemälde ist. Vom Geheimsten seiner Exi-
stenz erzählt hier der Maler, von seiner Durch-
sichtigkeit und Spicgelungskraft zugleich, von den
Merkwürdigkeiten des Seegrundes und von jener,
nur moderner Empfindung zugänglichen Anmut
des leisen Strömens vom See in die Rhone-
mündung hinein. Ein solches Märchen vom
Wasser konnte nnr ein Deutscher dichten; man
denke sich Raffael oder selbst Manet derartigen
Zumutungen gegenüber, die über alle Möglichkeit
romanischer Bildformnlierung hinansgehen: und


Oop^rixlw Le^skone Viecv (2o.
Ein neuer Schiller von Professor vr. ü. e.
Hugo Lederer, Vorsteher a. Meisterateliers für
Bildhauer an der staatl. Hochschule für bild. Künste
Berlin, Mitgl. d. A. Berlin und Dresden; Ehren-
mitglied d. A. München und Wien.

man hat den tiefgründigen Unterschied deutscher
von romanischer Kunst in einem Musterbeispiel.
Die Fortsetzung solcher N a t n r r o m a n t i k
war erst in der allem Genialen aufgeschlossenen
Dürerzeit möglich, fast ein Jahrhundert später.
Neben Grünewald sehen wir Altdorfer und Bal-
dung, Cranach, Wolf Huber und Urs Graf die
Grenzen des Darstellbaren ins Phantastische aus-
weiten, Landschaft, Menschenschicksal, philosophische
und religiöse Probleme aus dem Tiefsten herauf-
holen und in ebenso großartiger wie leichtfertiger
Weise formulieren; ein Schauspiel, dessen Sen-
sationsgebalt fast unerschöpflich ist, und das gerade
durch den unermeßlichen Kontrast, in dem es zur
Formversteinerung der italienischen Hochrenais-
sance der gleichen Zeit steht, einen Beigeschmack
von monumentaler Pikanterie bekommt.
Einstweilen letzte Erfüllung dieser romanti-
schen Thematik ist uns dann, viel später und nicht
ganz ohne Einbuße von Form, in Böcklins
Natnrmythologie erschienen. Die Maßlosigkeit
deutscher Vorstellungsweise hat in ihm eine betont
thematische Prägung erfahren; mancherlei von
Konrad Witz und Baldung ist darin zur letztcu
Möglichkeit herangereift.
Die beiden großen Formkomplcxe, in denen
sich der Naturalismus im 15. Jahrhundert nns-

Die Würde der Kunst erscheint bei der Musik
vielleicht am eminentesten, weil sie keinen Stoff
hat, der abgerechnet werden müßte. Sie ist ganz
Form und Gehalt und erhöht und veredelt alles,
was sie ausdrückt. Ooatlia

bilden konnte, waren: der Wandelaltar und der
Bilddrnck. Im spätgotischen F lü g e l a l t a r
erreicht die Gestaltung kirchlicher Gegenstands-
reihen ihre symphonische Gesamtform. Zumal
in den fränkischen und Tiroler Riesenwerken (Veit
Stoß und Pacher), in denen der große Mittel-
schrein eine geschnitzte Szenerie an Stelle der sonst
meist üblichen Einzelfignren enthält, vollendet sich
die Einheit des mittelalterlichen Lehrsystems in
einer hohen Vereinigung geistiger und Plastisch-
sinnlicher Elemente. Die Verteilung der inhaltlich
streng durchkomponierten Themen auf Mittel-
schrein, Flügel (die oft bis zu 16 Bildeinheiten
tragen), Predella und Aufbau ergibt eiu Gesamt-
werk, von Architektur, Plastik und Malerei feier-
lich getragen, das wir zwar auch ohne Beziehung
auf die mitunter recht schwierigen Themen aus
der Heiligenlegende als machtvollen Sinnen-
eindruck ausnehmen können, dessen Ursprung aber
durchaus vom komplizierten Inhalt ausgeht und
sein stärkstes Feuer ans den geistlichen Kombina-
tionen zieht. Den Höhepunkt auch in dieser Hin-
sicht bildet der Jsenheimer Altar Mathias Grüne-
walds.
Fast noch umfassenderen Anlaß zu deutscher
Erfinderlust bildete der im 15. Jahrhundert her-
anfkommende Bild druck. Im Holzschnitt vor
allem (der schon um 1400 einsetzte), und zwar im
Einblattdrnck wie in den vielgestaltigen Beigaben
gedruckter Bücher, deren Vorläufer die fort-
laufenden Bilderfolgen der Blockbücher waren,
sorgte die ausgezeichnete Illustration für die
Schaulust des Volkes und gab den Künstlern
überreiche Gelegenheit, auszusprechen, was das
Herz sie drängte. Hier war ganz unbestritten der
Inhalt das allein Maßgebende, die Übermittlung
von erstaunlichen Neuigkeiten, die als solche wie-
derum gar nicht neu, sondern nnr neu empfunden
und formuliert zu sein brauchten. Gegen das Ende
des Jahrhunderts drängt sich die bedeutsamste
Manifestation einer Aufregung der Geister zu-
sammen, die ans die Reformation hinzielt; des
jungen Dürer Apokalypse von 1497 ist ein Zeichen,
wessen der aufgewühlte Geist des Deutschen fähig
war, und in Dürers Werk überhaupt ist ja auch,
wie in denen seiner großen Zeitgenossen, Holz-
schnitt und Kupferstich das wichtigste und wir-
knngskräftigste Ausdrucksmittel geworden, sich
über alle erdenklichen Ideen und Vorstellungen
auszusprechen. In der Reformationsepoche ist
tatsächlich einmal zwischen dem Vorstellungsleben
des deutschen Volkes und der Mitteilungsform
seiner Künstler eine restlose Übereinstimmung
erreicht worden.
Gänzlich versagte das deutsche Gefühl iu dem
Kouflikt, den der K l a s s i z i s m u s des 18. Jahr-
hunderts heraufführte, weil hier sowohl Gegen-
stand wie Form ganz einseitig und in verhängnis-
vollster Weise von außen her übernommen und
nicht blntmäßig verarbeitet wurden. Der Pseudo-
klassizismus der Mengs, Füger, Tischbein usw.
ist nur ein Zeichen vollkommener Schwäche und
Unfruchtbarkeit, ein Tiefpunkt deutscher Art wegen
seiner hoffnungslosen Abhängigkeit von inter-
nationalen Schwindelmaximen; und er hat dadurch
den Grund gelegt zu der Entzweiung von Form
und Inhalt, die im 19. Jahrhundert einen so
wesentlichen Anteil am Niedergang deutscher Art
hat. Denn die Nazarener, die sich anfangs in
einen: wütenden Protest gegen das Artfremde des
Klassizismus auflehnten, sind in der Folge nichts
anderes geworden als seine Fortsetzer im Namen
Raffaels und haben das ganze Unglück des aka-
demischen Leerlaufs von Historien- und Genre-
malerei auf dem Gewissen.
Diese Pseudokunst des 19. Jahrhunderts besitzt
zwar einen sehr betonten und bunten Inhalt,
aber nicht die Form, die ihn decken könnte. Man
nennt darum diese ganze Halbkunst lite-
rarisch, weil ausschließlich das Dargestellte, der
aus philologischer Belesenheit oder der Geistes-
welt des Spießbürgers stammende Inhalt wichtig
war, die Form aber ein Bastard aus Naturalis-
mus und gipserner Akademie. Ja, der Gefahr,
daß Inhalt und Form sich vollständig ausein-
anderlebten, entgingen selbst die großen Geister
in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nicht
immer, und je länger, desto weniger. Maraes
erkannte sie und konnte ihr Vorbeugen durch Be-
schränkung des Gegenstands auf die einfachsten
menschlichen Existenzformen, die er mit Monu-
mentalwirkung erfüllte. Aber schon bei Feuerbach

stört oftmals das starre Festhalten am Modell,
dessen Atelierpose das dramatische Geschehen auf-
hebt: der Fluch des Klassizismus und seiner
Schönheitsdoktrin. Aber mit voller Wucht fällt
die Wirkung nationaler Zweispältigkeit auf das
Schaffen Max Klingers und der ihm Nach-
strebenden. Ans dem klassizistischen Nachahmungs-
schema ist hier ein gründlich mißleiteter Natura-
lismus der Pleinairzeit geworden, der seine
banalen Seherlebnisse unverdaut ans Darstellung
geistiger Ideen überträgt und sie damit zur Tri-
vialität herabwürdigt und künstlerisch vernichtet.
In den Hauptwerken Klingers, wie Christus im
Olymp, Homer, Beethoven im Marmorsessel usw.,
sagt uns nur noch die Unterschrift, daß es sich
nm höchste menschliche Werte handelt; der An-
schauung dargeboten wird lediglich ein znfallhaft
zusammengewürfeltes Beieinander von Akten,
Stoffen, Naturgegenständen und obendrein un-
verständlichen Allegorien, das als Darstellung '
frostig und gequält, als Abglanz ewiger Ideen
aber unmöglich, schlimmer noch: lächerlich wirkt.
blutter uncl Xincl
Ein Buch mit dem Untertitel „vom kostbarsten
Lebensgut" Band II, ans der Buchreihe „Bücher
des Lebens" die der Propyläen-Verlag in Berlin
herausbringt (Preis 3 M.), ist in der Tat auch ein
selten kostbares Buch, das jeder Mensch und vor
allem kein Künstler nnr einmal andächtig zur
Hand nimmt, sondern es wird ihm immer ein An-
dachtsbuch bleiben. Dr. Karl With, der hervor-
ragende Kunstforscher, hat mehr als 150 Bilder
aus Natur und Kunst, aus dem Tierreiche und
von fremden Völkern znsammengetragen und sa
anschaulich gegenübergestellt, daß man zuerst ver-
gißt, sich in den meisterlichen Text zu vertiefen,
der zu jedem Bilde in schönster Sprache kurze Er-
läuterung gibt. Herrliche Worte über das Er-
leben zwischen Mutter und Kind. IV. L.
Lmil jXoläe:
Jahre der Kämpfe
Berlin. Rembrandt-Verlag. 1934.
Mit der gleichen Kraft und Einfachheit seiner
Sprache wie in seinem ersten Lebensbuch gibt
Emil Nolde hier Rechenschaft über ein Dutzend
Jahre, die für ihn wie für die deutsche Kunst die
entscheidenden waren. Wirkliche „Jahre der
Kämpfe", von seiner Heirat 1902 bis zur Reise in
die Südsee 1914: innerliches Ringen um seine
Form und seine neuen gewaltigen deutschen In-
halte, um das Emporwachsen zu dem großen Maler
deutscher Seele, der er geworden ist, einzigartig
und noch heute oft mißverstanden in seiner Tiefe
und Herrlichkeit -- die erschütternde Schilderung
des Durchbruchs 1909 mit der Entstehung von
„Abendmahl" und „Pfingsten" als Höhepunkt;
und Kämpfe mit der Außenwelt, die für Nolde
besonders bitter waren, zuerst mit dem blanken
Unverständnis der Menge, dann mit den sich seiner
Bedeutung verschließenden Künstlern und Kunst-
gemeinden, gipfelnd in dem abscheulichen Aus-
schluß ans der Berliner Sezession als Folge seines
Kampfes gegen Impressionismus und Vorherr-
schaft des undeutschen Geistes in Kunst, Kunst-
handel und Kunstbetrieb. Immer wird die Iso-
lierung, in die Nolde damals, 1910, hinein-
gedrängt wurde, ein schwerer Vorwurf für die
deutschen Kulturverhältnisse der Vorkriegszeit
bleiben. Und niemals können wir ihm genug Ver-
ehrung bezeugen für sein einsames und männliches
Eintreten für die Ideale deutscher Kunst, denen
er in diesem Buch die schlichtesten und ergreifend-
sten Worte widmet, wenn er von der Größe der
Naumburger und Bamberger Skulpturen spricht
und von unserer instinktiven Ablehnung Raffaels
und allzu sormenschöner Klassizität.
„Seien wir stolz und selbstbewußt. Seit einem
oder zwei Jahrtausenden haben wir unsere
eigenste, innerlich schöne, herbe deutsche Kunst!"
Ein herrliches Buch; jeder, dem es ernst ist um
deutsches Wesen und deutsche Kunst, sollte es be-
sitzen und lesen. kV vanl


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stancksrakes.
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lung kür clie 8at2ungsänclerung beseblust-
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lung biermik einberuken, clie obne Rüelcsiebk
auk clie 2abl cler anwesenclen Vlitgliecler be-
sebluLkäbig ist.
k'ür clen vräsiclenten:
v. R. IV i 1 m.

Herausgeber und Schriftleiter: A. William König, Berlin. — Erscheint im Verlag Kunst der Nation G. m. b. H., Berlin W 62, Kurfürstenstraße 118. — Zuschriften sind an die Redaktion der Kunst der Nation zu richten. Für An-
zeigen: Hedwig Garbe. Annahme beim Verlag. Jnseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte
Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung abgelehnt. D.-A. IV. V. 34 5000. Druck von H. S. Hermann - Büxenstein E. m. b. H., Berlin 8^V 19
 
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