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Kunst der Nation — 3.1935

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Plenk, Joseph: Über den Standort der modernen Kunst in der deutschen Revolution
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Paul, F.: Berliner Sezession: "Zusammenschluß 1934"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66551#0013

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Nr. Z Sriller Jahrgang

Erscheint am 1. und 15. jeden Monats und kostet vierteljährlich nur Mk. 1,80, jährlich Mk. 7,20. Zu beziehen durch
den Verlag „Kunst der Nation G. m. b. H.", Berlin W 62, Kurfürstenstr. 118, durch die Post oder den Buchhändler.
Der Einzelversand erfolgt durch das Postzeitungsamt. Wir bitten daher bei unregelmäßiger Zustellung zuerst beim
zuständigen Postamt oder Briefträger zu reklamieren und nur, wenn das erfolglos ist, wende man sich an den Verlag.
Zahlungen aufPostscheckkonto Berlin 55241. Auslieferung für den Buchhandel Otto Klemm in Leipzig.

erste Februar-llr., 19Z5

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und leider Gottes das
richtig, daß die moderne
Kunst nicht volkstümlich
ist, d. h., daß sie nicht für
das Volk da ist und das
Volk nicht für sie, weil sie
dem Volk „unverständlich"
ist. Wir Künstler spüren
das ja selbst am aller-
meisten,und wirleidendar-
unter, daß wir mit unserer
Kunst nicht nur materiell,
sondern auch seelisch in
der Luft hängen, und zwar
beinahe jeder wiederum
für sich allein. Aber trotz-
dem ist diese Kunst durchaus
volkhaft, d. h. sie wurzelt
tief und stark im Leben
der Rasse und ist ein echter
Ausdruck dieses Lebens.
Trotzdem? Nein! Gerade
weil sie so „verindividuali-
siert" ist, weil sie oft kraß
und krampfhaft, selten
schön und erhebend, aber
sehr oft erschütternd ist,stellt
sie ein echtes Bild unseres
Rassenlebens dar, der le-
!n ndigen Volksseele in ihrer

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äuroii IImäi8poniorunsson ontstanäon 8inck, ontsolliiläisson ru ivoüon.
vor Vorlass.

^n zahlreichen Reoen und Aufsätzen, lvenhe sich
mit der völkischen Erneuerung befassen, ist viel die
Rede von den „Verirrungen" der letzten Genera-
tionen unseres Volkes, die zu dem Individualismus,
Materialismus, Liberalismus usw. geführt haben.
Das hört sich so an und wird von vielen Hörern
oder Lesern auch stets so aufgefaßt, als ob unser
Volk diese „Irrwege" mit mehr Vernunft und guten:
Willen grundsätzlich hätte vermeiden können; als
ob es möglich gewesen wäre, daß etwa — um
gleich auf die Kunst überzugehen — aus die fern-
vergangene, volkhafte und volkstümliche hohe Kunst
des Mittelalters eine ebenso ganz und gar volks-
verbundene Kunst unmittelbar folgte, wie wir sie
heute erst von der Zukunft des dritten Reiches wieder
erhoffen. Auf die gewaltige Zusammengesaßtheit
nordischen Wesens, die sich künstlerisch in den Stilen
der Romanik und Gotik geoffenbart hat, folgte aber
in Wirklichkeit eine nicht minder gewaltige Ent-
faltung desselben Wesens: es folgten viereinhalb
Jahrhunderte, deren Malerei für die Kunstgeschichte
aller Zeiten ebenso „klassisch", d. h. erstklassig sein
wird wie für uns die hellenische Skulptur die,
„klassisch" ist. Es waren das für unsere Rasse
zugleich viereinhalb Jahrhunderte einer seelischen
Entfaltung im buchstäblichen Sinn, einer fort-
schreitenden Individuation, einer wachsenden Be-
wußtheit von der Bedeutung persönlicher Eigenart
und ihres „einseitigen" Standpunktes — wie beim
Malen — für Weltanschauung und Lebensaufgabe.
Dieser ganze ruhmreiche und notwendige Weg der
abendländischen und so auch der deutschen Mensch-
heit zum „Individualismus" — ein Ausatmen, eine
Zusammenziehung dieses lebendigen überindivi-
duellen Organismus — wird aber verdächtigt, wenn
man in diesem Individualismus bzw. in seiner
Überspitzung nichts anderes zu sehen vermag als
Irrtum und Entartung.
Ferner überlege man sich einmal, was in Bezeich-
nungen wie „Irrweg" an materialistischer — also
sehr oberflächlicher — Auffassung historischer — also
vitaler — Vorgänge enthalten ist! Das führt
nicht nur zu Ungerechtigkeiten gegen eine lange
und stattliche Reihe unserer Vorfahren, namentlich
gegen die späteren Generationen des „liberalisti-
schen" 19. Jahrhunderts, sondern, was viel gefähr-
licher ist, zu leichtfertigen Auffassungen unserer
eigenen Aufgaben und Pflichten. Die Überschätzung
der „Einflüsse" und so auch der „artfremden Ein-
flüsse" ist ost noch sehr materialistisch. Sofern solche
nicht mit Blutmischungen einhergehen, folgen je-
doch aus ihnen nur „erworbene Eigenschaften",
nicht aber echte, vererbliche Veränderungen der
„Art" eines Volkes oder einer Nation. Und ein
Volk wird auf Einflüsse stets nur nach seiner „Art"
reagieren, nach den Möglichkeiten, die in der ge-
prägten Form seines rassenmäßigen Leitbildes
liegen. Es ist aber nicht alles zu jeder Zeit möglich.
Das Rassenhafte ist „geprägte Form, die lebend sich
entwickelt", und nur, wenn die arteigene Ent-
wicklungsphase ihnen gleichgerichtet ist, greifen Ein-
flüsse wirklich an. Sie gelten dann für die — ober-
flächliche — materialistische und psychologische Ge-

^mywaren Zerwuyttyeit.
inmitten des ungeheuren -
Umbruches und vor dem <
erneuernden Aufbruch.
Diese moderne Kunst war
und ist ebenso notwendig
nicht nur als Abreaktion,
sondern viel mehr noch als
Aktion wie der ebensalls
notwendige arteigene Weg
unseres Volkes — und
des Abendlandes — durch Adolf Menzel, Postillon (Aus dem Armeewerk)
Individualismus, Libera-
lismus, Materialismus und Marxismus hindurch zu
neuer national sozialer Gestalt.
Sinn und Ziel unserer deutschen Wiedergeburt
— politisch dargestellt im Nationalsozialismus — ist
eben nicht die Vernichtung des Individualismus,
wie bei den Bolschewiken, sondern seine Über-
windung, d. h. seine Eingliederung in eine höhere
Ganzheit und Ordnung.
Tragisch war bei der modernen Kunst, daß
sie das individualistische Spezialistentum des Im-
pressionismus überwinden wollte; man denke hier
ml Briefstellen bei van Gogh, an die „Programme"
der frühen Expressionisten! Sie wollten Gemein-
schaft, wollten Aufgaben erfüllen im Dienst eines
höheren Ganzen. Aber die Zeit war noch nicht reif
dafür. Das trat z. B. an den vielen ernsten und
doch nicht recht geglückten Bestrebungen zu echter
bauverbundener Kunst zutage. Wie sollten sie
glücken, wo eine lebendige Baukunst fehlte, bzw. erst
ganz allmählich entstand? Aber der tiefere Grund
für die trotz des entgegengesetzten Wunsches noch
weiter fortschreitende Verindividualisierung der
Kunst zwischen 1900 und 1930 ist dieses: Die Analyse
der Probleme war mit dem Impressionismus noch
nicht zu Ende; sie mußten noch weiterhin erst
„spezialistisch" erforscht werden. Beinahe jeder
einzelne mußte eines nach dem anderen hernehmen,
und nur wenigen Künstlern konnte es bisher ge-
lingen, über solche oft außerordentlich interessante
und tiefe Problematik zu einigermaßen geschlossenen,
vollendeten Gestaltungen vorzudringen, ohne einem
Romantismus zu verfallen, der letzten Endes Müdig-
keit, ja sogar Fahnenflucht bedeutet. Daher kommt
Fortsetzung auf Seite 3

Berliner Sezession
„Zusammenschluß 1934"
Von der Vereinigung unserer besten Künstler
um den Stamm der Berliner Sezession durfte
man schon etwas erwarten; vielleicht gar eine
Antwort auf die vor einigen Wochen in unserer
Zeitschrift erfolgte Aufforderung „Künstler
heraus!" Eine wenig befriedigende Antwort ist
die am 24. Januar eröffnete erste Ausstellung des
„Zusammenschlusses 1934" in der Budapester
Straße 9. Der Empfangsraum erweckt lebhafte
Erinnerungen an die großen Zeiten der Berliner
Sezession vor 30 Jahren: man hat mit Glück den
Anschluß an eine große Vergangenheit gesucht
und schöne Stücke von Thoma, Corinth, Hodler,
Leibl, Trübner, Böcklin zur Aufweisung einer ver-
antwortungsbewußten Gesinnung ausgestellt.
Einer Künstlervereinigung steht es zu, so ein
Stück historischer Repräsentation wie ein ange-
nehmes Fragment zu improvisieren, nach dem
Prinzip: Ihr wißt's ja ohnedies, wir wollen nur
beiläufig an unfern Zusammenhang mit den
Alten erinnern. Dann aber sollte um so mächtiger
das Fortissimo eigenen Bekenntnisses zur Gegen-
wart einsetzen und jeder zeigen, was er mit
äußerster Anspannung zu leisten fähig ist. So sah
es vor einem Menschenalter in den unvergeßlichen
Sälen am Kurfürstendamm auch wirklich aus.
Wir hätten keinen Grund, diese Vergangenheit
zum Vergleich heranzuziehen, wenn die Veran-
stalter uns nicht sozusagen mit der Nase darauf ge-
stoßen Hütten. Die allgemeine Situation zwischen
Umwelt und Sezessionskünstlern war auch damals
nicht sehr gemütlich, aber man verstand es, sich
glänzend durchzusetzen.
Im Januar 1935 glänzt niemand sehr. Wie
auf Verabredung hat man gerade die Bilder und
die Plastiken eingesandt (und ausjuriert), die wir
bereits kennen oder zu kennen glauben und die,
das ist der springende Punkt, den Künstler von
seiner mildesten Seite zeigen. Hatten sie Angst,
sich selber zu bekennen? Oder war es nur jene
unglückselige Neigung unserer Künstler, just für
dec: Fall, wo es darauf ankommt, -mit einem oder
zwei Werken sich repräsentativ zu kennzeichnen, die
gleichgültigsten herauszuholen? Und was ebenso

Llber den Standort
der modernen Kunst
in der deutschen Revolution
Von Joseph Plenk
schichtvaufsassung als „die Ursachen von Erscheinun-
gen, die irr Wirklichkeit aus dem geheimnisvollen
Gesetz des arteigenen Lebens folgen. Einige Bei-
spiele: Wie außerordentlich verschieden wurde die
annähernd gleiche Überlieferung der frühchristlich-
byzantinischen Kunst im abendländischen und im
russischen Kulturkreis verarbeitet! Einflüsse sind
eben gleichsam Nahrungsmittel, aus denen der
Organismus nur diejenigen Stosse sich einverlcibt,
die er „verdauen" kann, d. h. die er — verändert! —
zum Aufbau der eigenen Gestalt braucht, und zwar
gerade jetzt braucht. Materiell war das Erbe der
Antike durch all die Jahrhunderte vorhanden, seit
sie eben „Antike", p. h. alte, vergangene Kultur ist.
Aber wie verschieden und stoßweise waren ihre Ein-
flüsse! Das rinascimento im 15. Jahrhundert
wirkte auf unsere abendländische Kunst wie ein
kurzer, starker Impuls, nach welchen: sie erst recht
ihren Weg beschritt, der in einer ganz anderen
Richtung lief, als die antike Kunst sie wies: nämlich
zum „Malerischen". So ist ein Einfluß oft mehr
Katalysator wie Nahrungsmittel. Auch die jüdischen
Einflüsse, angefangen von der Emanzipation, sind
wesentlich bedingt aus der Konvergenz unserer
eigenen und deshalb notwendigen „intellektuellen"
Lebensphase mit der jüdischen Weltläufigkeit.
Diese Einflüsse werden allerdings nicht so ganz
„von selbst" wieder zurücktreten, wie etwa der un-
mittelbare Einfluß der Antike auf unsere Kunst bald
nach dem Anfang des 16. Jahrhunderts von selbst
wieder zurückgetreten ist; man wird da auch stets
noch nachhelfen und auch den „Symptomen" auf
den Leib rücken müssen. Aber man verwechsle diese
nicht nut „Ursachen"!
Hier will ich versuchen, meine bewußt nicht-
materialistische, sondern biotische, ein deutsches
Wort dafür: lebensgläubige Anschauungs-
weise durch eine ganz kurze Deutung und Wertung
der „modernen" Kunst zu umreißen. Diese moderne
Kunst —- also die nachimpressionistische, vielfach
aber auch schon der Impressionismus —, sind für
viele gut völkisch und sozial Gesinnte Ärgernis, Ent-
artungserscheinungen und zu „bekämpfen". Diese
moderne Kunst sei nicht volkstümlich; sie sei nicht im
Blut der Rasse verwurzelt, nicht art-echt, sondern
art-fremd, Produkt zersetzender „Einflüsse" von
außen usw. An all diesen Borwürfen ist zweifellos
 
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