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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Schmid, M.: Kunsthistorischer Kongress zu Amsterdam, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0034

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Kunsthistorischer Kongress zu Amsterdam.

5'-2

das Unternehmen dauernd zu erhalten. Er bat um
Vorschläge für Förderung der' Sache. In der an-
schliessenden Diskussion machte Prof. Neuwirth (Prag) !
den Vorschlag, die Aufgabe der Pflege des Instituts
vom Kongresse zu lösen und dem Verein zur För-
derung des kunsthistorischen Instituts zu übertragen.
Er wies daraufhin, dass vor allem das Institut in der
Lage sein müsse, die Rechte einer juristischen Per-
sönlichkeit und einen wirksamen diplomatischen Schutz
zu erwerben und dass dies nur angängig sein würde,
wenn es unter den Schutz einer speciellen Regierung,
etwa der deutschen, gestellt würde. Es sei ja trotz-
dem in der Lage, seinen internationalen Charakter zu
bewahren und den Kunstforschern aller Nationen Rat
und Hilfe zu gewähren. Der Antrag wird demgemäss
angenommen.

Endlich berichtet Schmarsow über die Thätig-
keit der kunsthistorischen Gesellschaft für photo-
graphische Publikationen, deren Leitung den Herren
Schmarsow, Bayersdorfer und von Lützow übertragen
war. An Stelle von Lützow's wird auf Vorschlag
durch die Versammlung Professor von (Dettingen neu
gewählt. Die beiden ersten Jahrgänge der photo-
graphischen Publikationen waren ausgelegt und wurden
durch Schmarsow kurz erläutert. Von der Publikation
des Jahres 1898 lagen Probe-Abdrücke vor, die ein aus
Stertzing stammendes Altarbild des Ulmer Bildhauers
Hans Mitscher wiedergaben, ein Werk, das für die
Entwicklung der oberschwäbischen Kunst von grosser
Bedeutung, auch in der Zeitschrift des Ferdinandeums
und durch von Reber in den Sitzungsberichten der
Königlich bayerischen Akademie behandelt war, hier
aber zuerst in umfassender bildlicher Wiedergabe vor-
geführt Wird, wobei ein Sonderabdruck der Arbeit
von Reber's als Text beigelegt werden soll. So ergab
sich aus diesem kurzen Überblick, dass die von früheren
kunsthistorischen Kongressen begonnenen Arbeiten
erwünschten Fortgang nehmen und den Kongress über
seine spontane Bedeutung hinaus als einen wichtigen
Faktor in der Gesamtentwicklung unserer Kunst-
wissenschaft erscheinen lassen.

Es folgte ein Vortrag des Direktors Pitt vom
niederländischen Museum zu Amsterdam über Holz-
skulpturen in den Museen zu Utrecht und Amsterdam.
An der Hand ausgestellter Photographien versuchte
Redner nachzuweisen, dass die altholländische Holz-
bildhauerei in wesentlichen Zügen sich von der
deutschen einerseits, der vlämischen anderseits unter-
scheide und eine eigene, nationale Schule ergebe. Der
Zusammenhang derselben mit der burgundischen
Schule wurde erörtert. Zu bedauern war nur, dass der
Vortrag nicht im Museum selbst vor den betreffenden
Bildwerken stattfand, wodurch seine Wirkung wesent-
lich erhöht worden wäre.

Schmid-Aachen berichtete sodann über den kunst-

geschichtlichen Unterricht an Handelshochschulen. Er
wies darauf hin, dass die Kunst weit tiefer, als mancher
anzunehmen geneigt sei, in das alltägliche Leben, in
die Technik, in die Fabrikation u. s. w., und damit in
das kaufmännische Leben hineingreife. Dass somit auch
angehende junge Kaufleute einer gewissen allgemeinen
künstlerischen Bildung heute nicht mehr entbehren
könnten, da ein Urteil über den Geschmackswert von
Mustern aller Art für sie immer unentbehrlicher werde.
Damit liegt fürdie Handelshochschulen die Verpflichtung
vor, ihnen dazu Gelegenheit zu geben. Redner ent-
warf daraufhin ein kurzes Programm dessen, was auf
denselben in kunstgeschichtlicher und ästhetischer Hin-
sicht neben einer Geschichte der Kunststile und der
Technik der Künste zu bieten sei. Zu bemerken wäre
dazu, dass, solange nicht speciell für diesen Unter-
richt vorgebildete Lehrer erzogen sind, wohl an
den kaufmännischen „Hochschulen" dem betreffenden
Vertreter der Kunstgeschichte dieses Lehrfach über-
wiesen werden muss.

Der Nachmittag war für die Mitglieder zum Be-
suche der Oranien-Nassau-Ausstellung freigehalten, die
in den neu eröffneten Anbauten des Reichsmuseums
ihre Unterkunft gefunden hatte. Obwohl das Interesse an
dieser Ausstellung in erster Linie ein mehr geschicht-
liches war, war doch namentlich unter den Porträts
auch eine ganze Reihe, die dem Kunsthistoriker will-
kommenen Anlass zum Studium bot, so von van
Dyck (Doppelporträt des Rijksmuseums von 1641, Prinz
Wilhelm II. aus der Eremitage u. a.), von Sir Peter
Lely (Prinzess Henriette Maria Stuart, Slg. Staats-
Forbes, London), von van der Heist, Honthorst u. a.
Übrigens war anzuerkennen, mit welchem erstaunlichen
Eifer hier zusammengetragen war, was irgend mit
dem Herrscherhause der Oranier in Zusammenhang
stand. Kulturgeschichtlich war die 1295 Nummern um-
fassende Ausstellung sehr interessant. Den Beschluss
des Tages bildete ein musikalischer Abend im Hause des
Generaldirektors des Reichsmuseums, des Herrn van
Riemsdyk, der im Verein mit seiner liebenswürdigen
Gattin und Tochter die Honneurs machte.

Der dritte Kongresstag verlief unter dem Präsi-
dium des Herrn van Riemsdyk. Er wurde durch
einen feindurchdachten und eleganten Vortrag des
Dr. Hofstede de Groot über die Datierung der
Handzeichnungen Rembrandt's eingeleitet. Der so
inhaltsreiche und eine so grosse Zahl von Einzel-
bestimmungen gebende Vortrag lässt sich hier nicht
wohl in einem kurzen Referat wiedergeben. Hofstede
hatte die Wände mit einer Fülle von Nachbildungen
behängt, die zu Gruppen geordnet waren und an
denen er die Entwicklung von Rembrandt's zeich-
nerischer Manier darlegte und im einzelnen nachwies,
wie teils aus der technischen Behandlung, teils aus
dem Zusammenhang mit datierten Werken oder aus
 
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