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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0043

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Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen.

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die „Stimmung" schon mitbringen und sich nun weiter nichts
wünschen als einen diskreten und zuverlässigen Führer durch
das Labyrinth der Trümmerwelt Roms. Gewiss ein ganz
besonderer Vorzug, der, hoffen wir es, auf die Gestaltung
aller folgenden Hefte vorbildlich wirken wird, der sofort den
Charakter dieser ganzen Sammlung auf ein höheres Niveau er-
hebt, wie die grosse illustrierte Kunstlitteratur, welche heute an
der Tagesordnung ist. Die ersten Kapitel behandeln die Sage
der Stadt, die ältesten Gräber, älteste Befestigung und
Wasserbauten, und es fragt sich, ob hier der ungelehrte
Leser immer willig sein wird, dem Verfasser in die Keller,
Gräber und Kloaken zu folgen, in denen die Anfänge Roms
verborgen liegen. Jedenfalls wird er froh sein, endlich aufs
Kapital hinaufgeführt zu werden, an der Burg vorbei zum
Tempel des Jupiter Capitolinus, über dessen Trümmern sich
heute der deutsche Botschaftspalast erhebt. Hier oben be-
grüsst uns auch die capitolinische Wölfin im Conservatoren-
palast, welche Petersen das ehrwürdigste aller römischen
Denkmäler nennt. Die sinnvolle und wohlbegründete Be-
hauptung, dass dies Erzbild, ein Werk altrömischer Kunst
des 6. Jahrhunderts v. Chr., ein Votivbild sei, das die
römische Republik nach der Vertreibung der Könige er-
richtete, dürfte allgemeinen Beifall finden. Vom Capital
führt uns der Weg natürlich hinab zum Forum, durch dessen
Basiliken und Tempel und Hallen uns der Verfasser mit
kundiger Hand den Weg zeigt, auch hier in der Deutung
und Neuaufstellung der berühmten Forumschranken den
alten Ergebnissen der Forschung unvermerkt die eigenen
neuen anreihend. Aus dem Rom der Republik, dessen
Spuren im Forum wenigstens noch nicht ganz begraben
sind, führen uns die nächsten Kapitel in das kaiserliche
Rom. Kaiserfora, Triumphbögen, die Säulen Trajans und
Marc-Aurels, alles wird mit derselben ruhigen Sicherheit des
Meisters behandelt, der seinen Stoff vollständig beherrscht.
Als ein Porträt Constantins des Grossen wird zum ersten-
mal vor aller Welt jener Riesenkopf im Conservatorenpalast
bezeichnet, und Commodus, Domitian und Augustus werden
ihre Ansprüche aufgeben müssen. Wenn der Verfasser
seinen Lesern alle die oft wiederholten Legenden und Gräuel
vorenthält, die sich an das Colosseum knüpfen, so bietet er
ihnen dafür eine tief eindringende Studie über die Ent-
stehungsgeschichte der gewaltigen Mauermassen und ihrer
Benutzung durch das kaiserliche Rom. Ist auch dem Palatin
gegenüber seine gedrängte, auf jeden bestechenden Schein ver-
zichtende Art, die Dinge darzustellen, gerechtfertigt? Dieser
Hügel war einst die Achse der Welt, hier standen neben-
einander der Palast des Tiberius, der Flavierpalast, das Haus
des Augustus und der gigantische Bau des Septimius Severus.
Heute hat die Natur wieder ihre alten ewigen Rechte an-
getreten, und Immergrün und Epheu deckt erbarmungsvoll
die starre Blosse der Ruinen. Welche Empfindungen, welche
Gedanken, welche Phantasien rufen die Trümmer der Cäsaren-
paläste in uns wach! Doch auch hier werden wir den
Standpunkt unseres Führers ehren, der sich in strenger
Selbstzucht darauf beschränkt, dem Palatinbesucher die Wege
zu weisen vom Cybeletempel durch Kaiserpaläste und Sta-
dium bis zum Septizonium des Severus. Die Geschichte
des Pantheon wird im folgenden Kapitel ausgeführt, und
hier überrascht uns Petersen mit der anmutigen und ein-
leuchtenden Bemerkung, dass der vieldiskutierte Pinien-
apfel des Vatikans das Kuppeldach des älteren Pantheon des
Agrippa krönte. Die grossen Thermen, die Stadtmauer und
die Grabmonumente bilden den Schluss des ungeheuer klar
und umsichtig organisierten Ganzen. Ein Schlusskapitel
über die Bildwerke Roms ist nur als Anhang zu fassen,

| und man hätte ihn auch äusseriich als solchen charakte-
risieren können. Hier wiederum verdienen die feinsinnigen
Beobachtungen das ungeteilteste Interesse, die Petersen an
drei Reliefdarstellungen knüpft, die er zum erstenmal in
engsten inneren Zusammenhang bringt. Das berühmte
Relief von Orpheus und Eurydike, das mit dem Medea-Relief
des Lateran und dem Herakles-Relief der Villa Albani eine
eng geschlossene Gruppe bildet, ist noch niemals so schön
und tief aufgefasst und erklärt worden. Es kann in der That
heute den Italienreisenden kein besserer Führer durch das alte
Rom geboten werden, denn ebenso gediegen und zuverlässig
wie der Text, ebenso trefflich sind die Abbildungen ange-
ordnet und ausgewählt. Wäre nur auch der Einband des
Buches ebenso geschmackvoll wie sein Inhalt! ST-

G Die Gedächtnisrede auf Friedrich Geselschap, die
Professor Dr. von Oedingen, der erste ständige Sekretär der
Kgl. Akademie der Künste in Berlin, bei der von dieser
veranstalteten Feier am 29. Oktober gehalten hat, ist im
Verlage von E. S, Mittler & Sohn erschienen. Obwohl der
Anlass eine Kritik verbot, hat der Redner sich keineswegs
zu einem Panegyrikus auf den Künstler verstanden, sondern
auch, unter warmer Anerkennung seines hochstrebenden
Idealismus, auf dessen Einseitigkeit hingewiesen, die ihm das
höchste Ziel eines Künstlers, die Gewissheit, in seinem
Volke auch nach dem Tode fortzuleben, zu erreichen ver-
sagt hat.

DENKMÄLER.
v.T. Budapest. — Kaiserin-Königin Elisabeth-Denk-
mal. Gleich nach dem Tode der auf so tragische Weise aus
dem Leben geschiedenen Herrscherin erwachte der Gedanke,
für sie ein grossartiges Denkmal zu errichten, und in wenigen
Wochen sind dafür Hunderttausende von Gulden gesammelt
worden. Die zu diesem Zwecke gebildete Landeskommission,
der auch die Künstler J. Benczur, A. Haussmann, K. Lötz
und E. Steindl angehören, hat beschlossen, das Denkmal
auf ausdrücklichen Wunsch Sr. Majestät auf dem St. Georgs-
platze in der Ofener Festung zu errichten, auf dem Platze,
wo gegenwärtig das Hentzi-Monument steht. Auf diese
Weise ist die vielumstrittene Platzfrage endgültig erledigt
worden. Mit der Ausarbeitung der Pläne wird sofort be-
gonnen werden.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Dresden. — Die am Schlüsse des Oktobers eröffnete Aus-
stellung der Schiilerarbciten der Kgl. Akademie der bildenden
Künste, die diesmal für alle diejenigen gratis geöffnet ist,
die sich für den Studiengang an der Akademie interessieren,
und zu der zum erstenmal ein hübsch illustrierter Katalog
angefertigt worden ist, bildet eines der erfreulichsten Er-
eignisse, die wir aus dem Dresdner Kunstleben der letzten
Jahre verzeichnen können. Der entschiedene Wandel, den
die künstlerischen Anschauungen in Dresden zu Gunsten
einer modernen Kunstauffassung durchgemacht haben, ist
bisher wohl noch niemals so deutlich zu Tage getreten, als
es bei dieser Ausstellung der Fall ist. Fast alles, was man
früher als akademisch zu tadeln und zu bekämpfen hatte,
ist aus ihr verschwunden. Dafür begegnet man durchweg
Arbeiten, die von ehrlichem Naturstudium zeugen, und
ausserdem solchen, die bereits als beachtenswerte Kunst-
werke anerkannt werden dürfen. In erster Linie hat sich
das Durchschnittsmass der Leistungen auf dem Gebiete der
Malerei wesentlich gehoben. Die Berufung der Professoren
 
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