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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Wettbewerbe. — Sammlungen und Ausstellungen.

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* , * Der Maler Paul Höcker, Lehrer an der Münchener
Kunstakademie, hat die Entlassung aus seinem Amte erbeten
und erhalten. An seine Stelle ist Prof. Ludwig Herterich,
bisher Lehrer an der Kunstschule in Stuttgart, berufen worden.

WETTBEWERBE.

* , * Von der Berliner Kunstakademie. Aus der Ernst
Reichenheim-Stiftung sind den Malern Max Fabian und
Reinhold Strehmel aus Berlin zwei Stipendien von je 600 M.
für das Jahr 1898/99 verliehen worden.

f Köln. — Der Vorstand des erzbischöflichen Diöcesan-
museums hat einen Wettbewerb zur Erlangung mustergültiger
Altarleuchter ausgeschrieben, der voraussichtlich zahlreiche
Beteiligung finden wird. Vorgeschrieben ist romanische
oder gotische Form, die Höhe darf 50 cm nicht über-
schreiten. Die Ausführung soll in Bronze- oder Messing-
guss oder in getriebenem Metall erfolgen. Zur Informierung
der Beteiligten ist im erzbischöflichen Museum in Köln eine
reichhaltige Ausstellung mittelalterlicher Altarleuchter ver-
anstaltet worden, zu der die Erzdiöcese, der Niederrhein und
die Diöcese Münster aus ihrem Besitz beigesteuert haben.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

f Im Mährischen Gewerbe-Museum in Brünn findet zur
Zeit eine kleine Ausstellung von modernen Original-Stein-
drucken statt, deren Katalog soeben zur Ausgabe gelangt
ist. Die deutschen Kunstcentren, wie München, Dresden,
Karlsruhe und Berlin, sind durch verschiedene Meister ver-
treten, Frankfurt a. M. durch W. Steinhausen und Hans
Thoma. Auch zahlreiche französische und englische Künst-
ler haben ausgestellt.

A. R. Der französische Bildhauer Alfred Boucher, ein
Schüler von Paul Dubois, hat in Friedrich Goldscheider's
kürzlich begründetem „Kunstsalon für Skulpturen" in Berlin,
Leipzigerstrasse 119/120, eine Sammelausstellung seiner Werke
veranstaltet, die einen fesselnden Oberblick über das Schaffen
dieses jetzt 48jährigen, ungemein vielseitigen Künstlers ge-
währt. Es ist das erste Mal, dass ein französischer Bildhauer mit
einer so grossen Sammlung von Marmorwerken — es sind
23, darunter zwei von kolossaler Grösse — in Berlin auf-
tritt, und wenn einige dieser Marmorarbeiten, nackte weib-
liche Figuren von gefälliger Schönheit der Körperformen,
die allegorische Begriffe, wie Unschuld, Traum, den Ge-
danken u. dgl. m., versinnlichen, auch mehr auf die Kauf-
lust des Publikums spekulieren, das seine Salons gern mit
eleganter Kleinplastik schmückt, so zeugen doch die Mehrzahl
der ausgestellten Werke und in höherem Grade noch etwa
70 Photographien von anderen Arbeiten Boucher's dafür,
dass er zu den ernsthaften Künstlern gehört, die einerseits
den alten Ruhm der französischen Plastik, die sorgfältigste
Durchbildung und die höchste Vollendung der Form, das
intimste Studium des menschlichen Körpers hochhalten,
andererseits aber auch mit offenen Augen der modernen
Bewegung folgen. In dieser Beziehung sind besonders zwei
Werke für ihn charakteristisch: die überlebensgrosse Gestalt
einer Feldarbeiterin mit einem Rechen, die mit jener herben
Naturwahrheit gestaltet ist, die wir an den Ackerbauern
Millet's hochschätzen, und die Gestalt eines nackten jungen
Mannes, der, mit Anspannung aller seiner Muskeln, mit den
Händen und dem einen aufgestemmten Fusse einen Spaten
in hartes Erdreich stösst. Das Werk, das unter dem Namen
„Ä Ia terre" im Salon von 1890 erschien und dem Künstler
die höchste Auszeichnung, die Ehrenmedaille, einbrachte, soll
auch ein Hymnus auf die Arbeit sein. Aber im Gegensatz

I zu den Naturalisten, die wie Meunier nur die verheerenden
| Wirkungen harter Arbeit an verbrauchten, schon von der
Natur vernachlässigten Körpern gewissermassen anatomisch
demonstrieren, zeigt Meunier an dem wohlgebildeten Körper
des jungen Mannes, an dem Spiel seiner Muskeln und Sehnen,
an der jeden Widerstand bezwingenden Kraft seiner elasti-
schen Bewegungen die stählende Wirkung der Arbeit, die
Arbeit, die körperlich und dadurch auch geistig erfrischt,
nicht stumpfsinnig macht. Die Virtuosität in der Behand-
lung des nackten Körpers kommt noch stärker in der Gruppe
dreier nackter Wettläufer zum Ausdruck, die dicht hinter-
einander am Ziele angelangt sind. Auch im Relief ent-
faltet Boucher eine nicht geringe Meisterschaft, die sich
aber, weit entfernt von malerischen Freiheiten und Über-
schwänglichkeiten, in Stilformen bewegt, die sich streng in den
Grenzen des Flachreliefs halten. Das Bedeutendste leistet er
aber wohl in Porträtbüsten, die trotz peinlicher Wiedergabe
der Details doch Grösse der Auffassung zeigen und sich an
Energie, an sprühender Lebendigkeit der Charakteristik mit
den besten Arbeiten Rodin's messen können. Es wäre zu
wünschen, dass wir solche Sammelausstellungen öfters zu
sehen bekämen. Sie würden uns dann vor der einseitigen
Überschätzung bewahren, die vereinzelt auf unseren Kunst-
ausstellungen auftauchende, französische Bildwerke in neuerer
Zeit hervorgerufen haben.

A. R. Aus dem Künstlerhause in Berlin. Das neue
Leben, das in die neuen Räume eingezogen ist, hat sich be-
reits in der Ausgabe eines Ausstellungskalenders gezeigt, der
uns bis Ende März acht Sonderausstellungen in Zwischen-
räumen von drei bis vier Wochen verheisst, neben denen
die „permanente Ausstellung" immer neue Werke deutscher
und ausländischer Künstler darbieten wird. Den Reigen
haben am 13. November die „November-Vereinigung" und
die „Vereinigung Berliner Bildhauer" eröffnet. Letztere be-
steht aus einer kleinen Zahl jüngerer Künstler, von denen
sich fast jeder zu einer interessanten Individualität heraus-
gebildet hat, die ernste Beachtung erfordert. Der geistvollste
und selbständigste unter ihnen ist Hermann Hidding, der die
starke Innerlichkeit seiner Begabung am liebsten in Bildwerken
religiösen und idealen Inhalts kundgiebt, obwohl er auch ein
vortrefflicher Porträtbildner ist. Wir sehen hier u. a. die schon
früher ausgestellten fein durchgeistigten Profilköpfe Christi
und der Schmerzensmutter wieder, die im zartesten Flach-
relief nebeneinanderauseinerMarmortafel herausgehoben sind,
und zum ersten Male eine Reliefdarstellung des letzten Abend-
mahls, die sowohl durch die tiefe Charakteristik der Köpfe
wie durch die eigenartige Auffassung fesselt. Der Künstler
hat nämlich den Augenblick dargestellt, wo der Verräter
bereits aus dem Kreise geschieden ist und Christus mit einer
leichten Wendung der Hand, ein Jünger mit energischer
j Armbewegung dem Entwichenen nachdeuten. C. Starck, der
sich besonders in Werken der Kleinplastik im Anschluss an
spätgriechische Vorbilder auszeichnet, C. Bernewitz, A. Lewin
und L. Cauer sind andere hervorragende Mitglieder der
Vereinigung, deren Thätigkeit beredtes Zeugnis von dem
überaus regen, vielgestaltigen Leben innerhalb der Berliner
Bildhauerschule ablegt, die längst ihre alte Einseitigkeit ver-
loren hat. — Die „November-Vereinigung" besteht aus elf
Mitgliedern, von denen nur eines, Wilhelm Trübner, ausser-
halb Berlins wohnt, der sich übrigens nicht an der Ausstellung
beteiligt hat. Die bekanntesten unter ihnen sind Ludwig
Dettmann, Philipp Franck, Curt Herrmann, Dora Hitz und
Reinhold Lepsius, und diese werden auch durch ein gemein-
sames Streben zusammengehalten, das vornehmlich auf die
Lösung schwieriger Beleuchtungsprobleme, auf das Studium
 
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