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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Sammlungen und Ausstellungen.

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oder acht — zu veranstalten. Gegen diesen Beschluss hat
nunmehr die Vereinigung Berliner Bildhauer in einer unter
dem Vorsitz von C. von Uechtritz abgehaltenen Versammlung
Stellung genommen. Es wurde geltend gemacht, dass es
bei einem Denkmal dieser Art, das eine ungeahnte Fülle
von Ideen erwecken kann, der deutschen Kunst zum
Schaden gereichen würde, wenn nur eine beschränkte An-
zahl von Künstlern zum Wettbewerb aufgefordert würde.
Zur Erlangung eines wirklich hervorragenden Kunstwerkes
wäre es unbedingt nötig, dass alle deutschen Bildhauer zu
einer Vorkonkurrenz in Form von Skizzen eingeladen würden.
Aus dieser Konkurrenz könnten leicht diejenigen Künstler zu
einem engeren Wettbewerb ausgewählt werden, welche die
besten Gedanken verkörpert hätten. In diesem Sinne wurde
eine Resolution gefasst und der Vorsitzende beauftragt, sie
dem Denkmalcomite zu unterbreiten.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Berlin. — Die Erwerbungen der Berliner Gemäldegalerie
aus der Clinton-Hope-Sammlung. Seit der Zeit, da die Ge-
mäldesammlung des Lord Francis Pelham Clinton-Hope im
South Kensington-Museum zu London ausgestellt war, wur-
den diese Schätze von Seiten der kaufkräftigsten und ver-
wöhntesten Privatsammler umworben. Man hörte von
fabelhaften Geboten auf einzelne Gemälde. Dass der Be-
sitzer, ein jüngerer Bruder des Duke of Newcastle, der
die Gemälde von seiner aus der schottischen Bankierfamilie
Hope stammenden Mutter ererbt hatte, den Bilderbesitz zu
verwerten wünschte, war gewiss. Doch standen der Ver-
äusserung gesetzliche Bestimmungen entgegen. Endlich, im
Sommer 1898, gab ein Gerichtsbeschluss das Erbe frei und
acceptierte zugleich für den Besitzer das Angebot auf
die 83 Bilder das von einem englischen Kunsthändler
eingereicht worden war. Die Hope waren im 17. Jahr-
hundert nach Holland gegangen und hatten dort, wie
man angegeben findet, zum Teil aus den Werkstätten
der holländischen Meister selbst Gemälde gekauft. Die
wichtigsten Erwerbungen wurden doch wohl im 18. Jahr-
hundert gemacht. Als die Hope gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts sich zurück nach England wandten, war die
namentlich an Werken der Feinmaler, der Genremaler un-
vergleichlich reiche Kollektion wohl im wesentlichen abge-
schlossen. Waagen sah die Bilder in London, rühmte die
Schätze nach Gebühr, machte aber ungünstige Bemerkungen
über ihren Zustand, die in fast allen Fällen ganz unzutref-
fend sind. Längere Zeit wurde die Sammlung in Dep-
deene aufbewahrt. In wenigen Monaten sind jetzt die Ge-
mälde in alle Winde zerstreut worden, und England ist
wieder in aller Stille ohne das Geräusch einer öffentlichen
Versteigerung um eine seiner „historischen" Sammlungen
ärmer geworden. Ein Pariser Rothschild hat sich den schönen
„Pieter de Hoogh" der Sammlung gesichert, verschiedene
hervorragende Stücke, wie die beiden „Metsu", die nicht ihres-
gleichen haben, sind in England geblieben, einiges ist nach
Amerika gegangen. Durch energisches Eingreifen des Kaiser
Friedrich-Museums-Vereins in einem frühen Zeitpunkte
konnte für Deutschland, für die Berliner Galerie ein nicht
unwesentlicher Teil der Sammlung — sieben Gemälde — er-
worben werden. Noch sind die sieben Bilder im Besitze
des Vereines, sollen aber — mit einer Ausnahme — nach
und nach in den Besitz der Kgl. Museen übergehen, in deren
Räumen — im letzten holländischen Kabinete — sie nun-
mehr ausgestellt sind. Die Auswahl wurde nach den Be-
dürfnissen der Berliner Gemäldegalerie getroffen, die ja nicht

gerade reich an Werken der holländischen Kleinmeister des
17- Jahrhunderts ist. War Frans Hals durch einen glück-
lichen Zufall glänzend vertreten im älteren Bestände der
Berliner Galerie, haben neuere Bemühungen namentlich da-
für gesorgt, dass die beiden stärksten Individualitäten der
Schule, dass Rembrandt und Ruisdael hier wohl verstanden
und gewürdigt werden können, so war die Sammlung
Suermondt nicht stark genug, um die Kunst der Hobbema,
Cuijp, Terborch, Metsu und all der anderen so zu zeigen,
wie es erwünscht wäre. Einige schmerzliche Lücken werden
durch den Ankauf aus der Hope-Sammlung gefüllt. Er-
worben wurden: ein liebenswürdiges Bild des besten hollän-
dischen Malers der Aussenarchitektur, des Jan van der
Heijde — von ihm war nichts in Berlin —, dann ein „Nicolaes
Maes", wie er sein soll, eines seiner frühen Bilder, ein altes
Mütterchen beim Äpfelschälen, das schönste Bild vielleicht
des Adriaen v. d. Velde, der freilich schon vertreten war,
aber nicht so reich, so auf der Höhe seines Vermögens,
dann ein besonders importantes Gemälde des Jan Steen,
schliesslich der „Delft'sche Vermeer" der Sammlung. Da-
zu nahm man um so lieber zwei Landschaften des Rubens,
als der vlämische Meister als Landschafter in Berlin gar
nicht kennen gelernt werden konnte, und Gelegenheiten,
diese Lücke zu füllen, bei der Seltenheit Rubens'scher Land-
schaften kaum noch erwartet werden durften. Die grössere
der beiden Landschaften von Rubens ist dem Kaiser Friedrich-
Museums-Verein von einem Londoner Herrn zum Geschenk
gemacht worden. Das Bild des Jan van der Heijde zeigt
auf kleiner Fläche ein harmonisches Beieinander von Bau-
lichkeiten, die von einer Kirche beherrscht werden, land-
schaftlichen Motiven, Menschen und Tieren. Mit malerischer
Silhouette, in einem kühlen, überaus durchsichtigen Tone
stehen die Erdendinge gegen den hell leuchtenden Himmel.
Die zierliche Durchführung, die jeden Backstein in der
Mauer zur Geltung bringt, das sanfte Email der Farbe und
die friedliche Stimmung teilt das Bild mit den besten Ar-
beiten des in seiner beschränkten Sphäre unbedingt herrschen-
den Meisters. Die reizenden Figuren werden (ob mit Recht?)
dem Adriaen v. d. Velde zugeschrieben, der mit v. d. Heijden
offenbar in nahen und engen Beziehungen stand. Das herr-
liche Bild des v. d. Velde, die „Farm" der Hope-Sammlung,
die unter den Berliner Erwerbungen ist, lässt den Meister
freilich -um einen Grad kräftiger und männlicher erscheinen
als der ihm wahlverwandte Architekturmaler. Die schöne
„Hirschjagd" im Stf.del'schen Institut in Frankfurt a. M. ist
aus dem Jahre 1666 datiert wie dieses „Gehöft", hat an-
scheinend ganz dieselben Masse und vielleicht waren die
beiden Gemälde Gegenstücke. Die alte Frau von Maes
schliesst sich in der Auffassung und in der koloristischen
Behandlung eng an die bekannten Schöpfungen des Meisters
in Brüssel und in Amsterdam an und ist wohl vor 1660 ent-
standen. Die Berliner Galerie besass kein unbezweifeltes
Bild des Maes. Der ,,Delft'sche Vermeer" stammt aus der
Sammlung Jan v. Loon und kam 1736 in Delft zum Verkauf.
Das Gemälde gehört mit zwei ganzen Figuren und seinem
köstlichen Stillleben schon zu den reichsten Kompositionen
des Meisters. Das Braunschweiger, nicht ebenso gut er-
haltene, nahe verwandte Gemälde ist freilich noch reicher,
auch wohl interessanter in dem hübschen Genremotiv. In
dem Fenster zur Linken prangt dieselbe bunte Wappen-
scheibe, die das Braunschweiger Bild schmückt. Das Fenster
ist nach innen geöffnet, und ein reiner Lichtstrom dringt
herein. An Farbenpracht, strahlender Helligkeit und Raum-
illusion hat das Gemälde kaum seinesgleichen. Der „Steen"
ist auffallend bürgerlich sittsam. Eine kinderreiche Familie
 
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