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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Warncke, Paul: Hans von Bartels
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0017

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAfeR^JEBER:

Professor Dr. MAX Gg. ZIMMERMANN

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 2. 19. Oktober.

Die Kunstclironik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der 'Zeitschrift für bildende
Kunst erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion undVerlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasen-
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

HANS VON BARTELS

Berlin, Oktober.
Der Name Hans von Bartels ist allen Kunstfreunden
seit Jahren wohlbekannt. In Berlin machte der Künstler
schon 1886 und dann besonders 1891, wo er durch die
kleine goldene Medaille ausgezeichnet wurde, von sich
reden. Er trat von Anfang an als Schilderer des
deutschen Nordens, des Meeres und des seine Küsten
bewohnenden Menschenschlages auf und bewies eine
bedeutende Meisterschaft in der Bewältigung dieser
Motive. Die Vorliebe für sie mag ihm, dem Sohne
der alten, schiffahrtstolzen Hansestadt Hamburg, wo
er am 25. Dezember 1856 zur Welt kam, angeboren
sein, nicht minder freilich das feine Verständnis für
das Malerische, das ihnen innewohnt, ein Verständnis,
das sich seither immer mehr vertieft hat. Der Künstler,
der, nachdem er in Hamburg die ersten Grundlagen
seiner Ausbildung gelegt, diese von 1876—1877 unter
Schweitzers Leitung in Düsseldorf und dann wieder
in Hamburg unter Osterley fortgesetzt und darauf eine
längere Studienreise nach Italien unternommen hatte,
lebt seit etwa 15 Jahren in München.

Von seinem rastlosen Fleiss und seinem unermüd-
lichen Streben nach Vervollkommnung legt von neuem
die grosse Sammelausstellung seiner Werke Zeugnis
ab, die augenblicklich in den Räumen der Schulte'schen
Kunsthandlung zu Berlin geboten wird und trotz mancher
Mängel — oder eher trotz manchem Zuviel — doch
im grossen und ganzen sehr erfreut. Er hat sein
Gebiet, dem er übrigens treu geblieben ist, insofern
seit einigen Jahren erweitert, als er die holländische
Nordseeküste mit hineingezogen hat, ja diesmal zeigt
er uns sogar überwiegend Bilder, zu denen er dort
Anregung und Modelle gefunden.

In der Behandlung der Aquarelltechnik zeigt sich
der Maler unbedingt weitaus am grössten, zuweilen
111 dem Maasse, dass er zur Zeit darin kaum von
irgend jemand übertroffen werden dürfte. Einzelne
Stücke sind geradezu als meisterhaft zu bezeichnen.
Vor allem die, in denen uns Interieurs vorgeführt
werden; ganz besonders bei diesen Vorwürfen be-

weist der Künstler jenen Blick für das Malerische,
sowie eine ausserordentliche Fertigkeit in der Wieder-
gabe desselben und der undefinierbaren traulichen
Stimmung, die so oft diesen engen Behausungen der
Seefahrer eigen ist. Und da muss man nun als eine
der besten Leistungen doch den Blick in ein Fischer-
haus der Insel Bornholm bezeichnen, eine Schiffer-
familie in ihrem Heim, an das ein ähnliches Interieur
aus Holland, aus Neeve, nicht heranreicht. Jenes ist
überaus treffend in der Schilderung der Ortlichkeit,
wie der Personen, und es fällt im einzelnen besonders
auf, wie gut die Blumen am Fenster gegen das Glas
und gegen Licht und Luft stehen. Sehr anheimelnd
wirkt auch das Bild »de twee goode frindineejes«,
auf dem eine alte Frau in ihrem Stübchen dargestellt
ist, die dem Beschauer den Rücken zukehrt.

Mit besonderer Freude hat Bartels sich in Be-
leuchtungseffekte vertieft, so sehr freilich, dass der
Wunsch rege wird, er möchte in dieser Leidenschaft
Maass halten und in ihrer Wiedergabe nicht zu weit
gehen. So wirkungsvoll der Schein, ja wir möchten
sagen, die Wärme des Herd- oder Kaminfeuers manch-
mal zum Ausdruck gebracht ist, so giebt sich doch
die Vorliebe für derartiges zuweilen allzu aufdringlich
und übertrieben. Die alte Frau am Kamin und der
»Herbstabend in Holland«, ein Bild, bei dem die
Hauptwirkung ebenfalls auf dem Schimmer des Herd-
feuers beruht, sind sehr erfreuliche Arbeiten, nicht
minder die geradezu als »am Herde« und »am Feuer«
bezeichneten Darstellungen. Aber es sind dies -
und das bestätigt unsere oben aufgestellte Behaup-
tung — eben auch Schilderungen aus dem Innern
der Fischerwohnungen, und es kommt vor, dass sich
jene Übertreibung in unangenehmer Weise bemerkbar
macht, sobald der Maler in dieser Art mit dem Sonnen-
licht operiert, so z. B. in »Mon vis-ä-vis«. Da wirkt
das Licht auf dein hübschen Gesicht, bei dem übrigens
tiefere Auffasung und tieferer Reiz fehlt, wirkt über-
haupt die leuchtende Farbe, wie noch bei einigen
anderen Bildern, etwas zu grell, als dass man von
malerischer Wirkung, auf die es doch wohl abgesehen
1 ist, reden könnte. Man hat den störenden Eindruck
 
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