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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Schuchhardt, Carl: Eine Anmerkung zu Hermann Lüer's Aufsatz: "Fälschungen mittelalterlicher Kunstarbeiten" (No. 24, 3. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0212

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407

Bücherschau. — Nekrologe. — Personalnachrichten.

408

Im Juli 1898 ersuchte mich Herr Liier um Beschäftigung
im Kestner-Museum, da er zwischen einer voraufgegangenen
Thätigkeit in Hamburg und einer voraussichtlich folgenden
in Berlin einige Monate Zeit haben werde. Ich bereitete
eben die 2. Auflage des »Führers« vor und hätte dafür
gern die längst ventilierten Echtheitsfragen bezüglich
mancher Kirchengeräte der Culemann'schen Sammlung
weiter geklärt gesehen. So übertrug ich Herrn Lüer als
Hauptaufgabe eine Durchsicht der Culemann'schen Samm-
lung; vorausgehen sollte die Einordnung der seit Er-
scheinen der 1. Auflage gemachten Neuerwerbungen in
allen Abteilungen.

Ich reiste bis Weihnachten nach Pergamon. Herr
Lüer brauchte die für den Dienst als besoldeter Hülfs-
arbeiter verabredeten 3 Monate für die Nebenaufgabe und
bat dann, als Volontär weiter arbeiten zu dürfen, um doch
noch zu der Hauptaufgabe zu gelangen. In einigen weiteren
Wochen hat er dann die Beobachtungen gemacht, auf die
es mir hauptsächlich ankam und die er nachher in Scheden
mir überlieferte. Dass er selbst diese Arbeit als in seinen
Museumsauftrag eingeschlossen betrachtete, geht auch dar-
aus hervor, dass er bald darauf, als es sich um seine Be-
rufung nach Berlin handelte, mich ersuchte, ihm die ganze
hiesige Thätigkeit als für das Museum ausgeführt zu be-
scheinigen, was ich natürlich auch gethan habe.

Seine Beobachtungen an den mittelalterlichen Geräten
interessierten mich ausserordentlich, aber ich war der An-
sicht, dass man bei Fortsetzung der Arbeit noch zu einem
festeren und runderen Ergebnis werde gelangen können.
Bei manchen Stücken schien das Verdikt zu sehr auf eine
einzelne kleine Beobachtung gestellt, bei anderen die Frage,
ob ganze Fälschung oder nicht vielmehr Zusammensetzung
aus alten und neuen Teilen, noch nicht gelöst, im ganzen
die bei der anscheinenden Einheitlichkeit doch zu er-
strebende Feststellung von Zeit, Ort und Vorbildern der
modernen Mache kaum versucht.

Als daher Herr Lüer von Berlin aus verlauten Hess,
dass er seine Beobachtungen zu veröffentlichen beabsichtige,
schrieb ich ihm (Juli i8gg), dass das Verdienst seiner Ar-
beit ihm niemals geschmälert werden solle, dass aber die
Verwaltungskommission eine Veröffentlichung nicht wünsche,
bevor die von Herrn Dr. Hans Graeven bereits begonnene
Fortsetzung klarere Ergebnisse herbeigeführt habe. Dass
solche zu erwarten sind und dass sie der Öffentlichkeit
keineswegs vorenthalten werden sollen, hat Dr. Graeven
in einem dem Jahrbuch der Kgl. Preuss. Kunstsammlungen
eingereichten ersten Aufsatze bereits gezeigt.

Carl Schuchhardt.

BÜCHERSCHAU
Adriaen de Vries von Conrad Buchwald. Mit 8 Tafeln.

Beiträge zur Kunstgeschichte. Neue Folge XXV. Leipzig,

E. A. Seemann 1899. Preis 4 M.
Trotz des Eifers, den in den letzten zwanzig Jahren
die kunstgeschichtliche Spezialforschung entwickelt hat,
haben doch noch immer viele ansehnliche Meister, beson-
ders der deutschen Kunst, nicht ihren Biographen ge-
funden. Mit Freuden ist deshalb jede Arbeit zu begrüssen,
die uns wie das vorliegende Buch das abgerundete Bild
einer Künstlerpersönlichkeit bietet. Die italienisierenden
Niederländer sind ja freilich im deutschen Kunstleben keine
erfreuliche Erscheinung, aber immerhin wurden sie doch
am besten den Aufgaben gerecht, welche die Spätrenaissance
der deutschen Kunst gestellt hat, und von allen Schöpfun-
gen dieser Manieristen ist ohne Zweifel die erfreulichste
und anziehendste Leistung der Augsburger Herkulesbrunnen,
das Hauptwerk des Adriaen de Vries. Der Anblick dieses

Werkes mit seiner kraftvollen Hauptgruppe und den durch
natürliche Anmut ausgezeichneten bezaubernden Najaden
j macht unwillkürlich den Wunsch rege, etwas Näheres über
seinen Meister, den Schüler und Geistesverwandten seines
berühmten Landsmannes Giovanni da Bologna zu erfahren.
! Diesem Wunsche wird durch die mitfleissigster und gewissen-
haftester Benutzung zahlreicher und vielfach zerstreuter No-
tizen durchgeführte und mit sicherem künstlerischen Ge-
fühl geschriebene Arbeit Buchwald's Rechnung getragen.
Trotzdem verschiedene Angaben auf eine malerische Thätig-
keit des Meisters hinzudeuten scheinen, nimmt Verfasser
— und wie mir scheint mit Recht — an, dass er aus-
schliesslich Bildhauer war. Abgesehen von einigen nicht
erhaltenen Wachsbossierungen sind alle seine Arbeiten
Erzgüsse. Sie entstanden in der Zeit von 1588—1627. Das
Verzeichnis weist deren 44 auf. Von diesen sind jedoch
zur Zeit nur 39 nachweisbar. Die zum grössten Teil in
Diensten Rudolfs II. und im Auftrage Wallensteins ent-
standenen Arbeiten sind heute vielfach zerstreut, doch ge-
lang es glücklich, die in Rechnungen und sonst verzeich-
neten Stücke nachzuweisen, einzelnes freilich nur in Ab-
bildungen, so einen mit Ganymed und dem Adler ge-
schmückten Tischfuss, den Verfasser auf fünf der »ge-
malten Galerien« des Teniers wiedererkennt. Ein Reiter-
monument Rudolfs IL, das bisher auf der Liste der Vries-
schen Werke stand, muss gestrichen werden. Gelegentlich
[ der Erwähnung der über die Augsburger Brunnen des
J Meisters gefällten falschen und schiefen Urteile hätte das
wunderliche Gutachten angeführt werden können, welches
die Meister des 1660 vollendeten Nürnberger Peuntbrunnens,
j der Goldschmied Christoph Ritter und der Erzgiesser Georg
! Schweigger abgaben. »Alle Bilder auf den Brunnen zu
Augsburg und Salzburg,« so lesen wir bei Gulden, dem
| Fortsetzer Neudörfels, »haben Schweicker und Ritter auf
'• ihrer zuvor beschehenen Umreise falsch befunden.« Bei
i der Besprechung der für Wallenstein geschaffenen Werke
wäre es am Platze gewesen, nicht nur des Wurzelbauer
zu gedenken, sondern auch die gleichfalls aus Wallenstein's
Besitz stammenden Statuetten der Venus, Juno und Mi-
nerva Georg Labenwolfs zu erwähnen, die 1894 in Stock-
holm versteigert wurden, sowie den Venus- und Amor-
brunnen, den dieser Meister im Jahre 1600 für ein Schloss
in Prag ausführte. Wie Vries so war dieser Meister ja
auch für den dänischen Hof thätig gewesen. Sollten gar
keine Beziehungen zwischen beiden zu finden sein? Auch
Labenwolf und Wurzelbauer stehen unter dem Einflüsse
Giovanni da Bologna's. Acht autotypische Abbildungen
schmücken die Schrift und geben eine gute Vorstellung
von der künstlerischen Art des Meisters, der bei allem
Manierismus sich doch ein kräftiges Naturgefühl bewahrt
hat, das besonders in seinen Bildnissen zutage tritt. Nur
ungern vermissen wir unter den Abbildungen die Najaden
des Herkulesbrunnens, die am meisten dazu angethan sind
Einen unmittelbar für den Meister zu gewinnen.

P. /. Ree.

NEKROLOGE

Brüssel. Im Alter von 64 Jahren starb hier am 11. Mai
der bekannte Landschaftsmaler Franz Brinje an einem Ge-
hirnschlag. Er hat sich besonders als Aquarellist einen
Namen gemacht. □

PERSONALNACHRICHTEN

Braunschweig. Dem zweiten Inspektor am Herzogl.
Museum, Dr. Christian Scherer, wurde der Titel Professor
1 verliehen.
 
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