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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Warncke, Paul: Michael Munkacsy
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0204

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391

Nekrologe. — Wettbewerbe. Sammlungen und Ausstellungen,

392

lieh als Dichter gewaltiger Tragödien höchsten Stils
zeigt.

Unter den Werken, die der Meister in Paris noch
geschaffen, sind »Milton, seinen Töchtern ,das verlorene
Paradies' diktierend«, und verschiedene andere Genre-
bilder, unter ihnen »Mozart's letzte Augenblicke«, sehr
bekannt geworden. Den höchsten Gipfel seines
Ruhmes aber erklomm er mit jener grossen Christus-
trilogie, dem »Christus vor Pilatus«, dem »Ecce
homo« und der »Kreuzigung«.

In der That sind diese Werke von einem grossen
Zug durchweht. Der Meister offenbart in ihnen eine
seltene Kraft, bewegte Massen künstlerisch zu bewäl-
tigen und zur Einheitlichkeit zusammenzufügen; zu-
gleich zeigt er einen grossen Blick für das Malerische.
Aber es ist doch nicht zu leugnen, dass auch diese
Schöpfungen zeitweilig überschätzt worden sind. Der
Maler komponiert manchmal zu viel, und dadurch
erhalten seine Gestalten etwas Theaterhaftes, künstlich
Gestelltes. Das Genrehafte seiner Kunst, das so oft
an Knaus erinnert, ist auch hier nicht ganz zu über-
sehen. Künstlerisch am höchsten steht »Christus vor
Pilatus«, schon wegen der erhabenen und doch rein
menschlichen Gestalt des Erlösers, ja schon wegen
des wirklich gross geschilderten Hauptes!

Auf die oben erwähnteMonographie, der die äusseren
Daten dieses Lebensabrisses entstammen, soll hier
noch einmal hingewiesen werden. Sie ist mit Liebe
und Begeisterung für den Künstler geschrieben, offen-
bar auch mit genauer Kenntnis seines Lebens, Wollens
und Vollbringens.

Das Büchlein bietet viel Interessantes und gewiss
glaubt der Verfasser mit Recht, dass »jetzt eine feste
Grundlage geschaffen ist, auf der die Kritik weiter-
bauen kann«. Aber man vermisst jene schöne Ruhe,
Einheitlichkeit und Abrundung, die selbst noch eine
mehr oder minder trockene wissenschaftliche Arbeit
zu einem Kunstwerk erheben. Auch manches Urteil
fordert zum Widerspruch heraus; so ist es nicht zu
verkennen, dass jene Begeisterung für seinen Helden
den Verfasser manchmal zu weit führt. — Ihn mit
Rembrandt zu vergleichen, ist doch etwas stark über-
trieben. Der Verfasser redet zwar am Schluss von
Munkacsy's nationaler Kunst, aber gerade im Sinne
Rembrandt's erscheint sie, wie schon oben angedeutet,
eigentlich nur selten national. Gerne indess wird man
den letzten Worten des Buches zustimmen: »Mun-
kacsy war ein ganzer Mann und ein hochbegnadeter
Künstler; wie und was man auch im einzelnen an
seinen Bildern tadeln mag, es bleibt wahr, was ein
Kritiker vor dem ,Milton' sagte: Munkacsy's Wollen
ist gross und ehrlich gewesen.« paul warncke.

NEKROLOGE

St. Petersburg. Der am 7. Juli 1817 in Feodosia (Krim)
geborene russische Marinemaler /. Kpnstantinowitsch Ajwa-
sowski ist auf seinem bei Feodosia gelegenen Landgute
am 2. Mai gestorben. Von seinen Bildern sind am be-
rühmtesten die beiden in der Ermitage befindlichen »Sonnen-
aufgang über dem Meere« und »Schöpfung und Sintfluth«.

OD

Wien. Hier starb am 27. April der Historienmaler
Ernst Pessler. Er war 1838 zu Verona geboren. %•

Neustrelitz. Hier starb am 27. April der Historien-
maler Professor O. Kannengiesser im 87. Lebensjahre.

-r-

WETTBEWERBE

Berlin. Der diesjährige Preis der Eggersstiftung ist
durch Beschluss des Kuratoriums vom 27. April dem Archi-
tekten Professor P. Walle zuerkannt worden. Dieser Ent-
scheidung liegt die Absicht zu Grunde, die Studien über
Andreas Schlüter, insbesondere solche über seinen Aufent-
halt in Warschau und Petersburg praktisch zu fördern.
In Russland war bisher so gut wie nichts über den grossen
Bildhauer und Baumeister bekannt, so dass selbst die
Nachrichten im Journal der Akademie zu Petersburg (1862)
vorwiegend Klöden entstammten, während in Deutschland
Fr. Nicolai vor mehr als hundert Jahren schon die Angaben
eines Zeitgenossen Schlüters, des Obersten Bruce, mit Vor-
teil verwertet hat. Vor etwa zwei Jahren gelangte eine
Notiz des verstorbenen Historiographen Petroff hierher,
i wonach Schlüter bereits auf der Reise nach Petersburg
zu Narwa der Pest erlegen, so dass er gar nicht am Orte
seiner Bestimmung angekommen sei. Diese Darstellung
ist seitdem durch neue Nachweise erledigt, die auf Spuren
der Thätigkeit Schlüter's auch ausserhalb Petersburgs hin-
weisen. Diese Spuren sollen jetzt genauer verfolgt werden,
wofür die Vorarbeiten bereits im Gange sind. -r-

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Florenz. Über die hiesigen Museen sind mehrere
interessante Nachrichten mitzuteilen. Der Ankauf der
Sammlung des Hospitals S. Maria Nuova durch den Staat,
seit Jahren beabsichtigt, ist soeben vollzogen worden. Das
kleine Museum gegenüber dem Hospital an der Stelle, die
Ghiberti gegen Ende seines Lebens als Atelier gedient hat,
wird hiermit aufgelöst, seine Kunstwerke werden den
grossen Museen eingefügt werden, und zwar die meisten
Gemälde den Uffizien, die wenigen Handschriften mit Mi-
niaturen und Cassoni, sowie die Skulpturen dem Museo
j Nazionale (Bargello). Dieses hat ausserdem soeben noch
einen andern wichtigen Zuwachs erhalten in der auser-
lesenen Waffen - Sammlung, die der frühere italienische
Botschafter in Paris, Herr Ressmann, der Stadt vermacht
hat. Sie ist in dem an die Sammlung Carrand anstossen-
den Saal aufgestellt. Das Museo di S. Marco ist, wie be-
reits bei anderer Gelegenheit erwähnt wurde, vergrössert
worden, indem der zweite Klosterhof und die anstossen-
den Räume viele Wappen und andere künstlerisch ausge-
führte Bauteile aufgenommen haben, die vor Jahren bei
Erneuerung des Centrums der Stadt zum Vorschein ge-
kommen sind. Auch das Museo diS. Maria del Fiore hat eine
Bereicherung erfahren, die dem eiligen Besucher entgehen
wird, aber von nicht geringer Bedeutung ist. Dort haben
soeben neben der Sängerkanzel des Luca della Robbia die
jüngst gefundenen zugehörigen Architekturteile Aufstellung
gefunden. Sie zeigen, dass nicht breite ionische Pilaster
die Bildfelder trennten, sondern zierliche korinthische Pi-
lasterpaare, die der architektonischen Fassung eine unge-
ahnte Leichtigkeit geben und die singenden Kinder zu
stärkerer, Geltung kommen lassen. Die Kanzel gewinnt
hierdurch noch an künstlerischer Vollkommenheit.

h. b.

Berlin. Die Ausstellung Paul Meyerheirn's in der
Kunstakademie bereitet uns eine angenehme Enttäuschung.
Man ist nachgerade, durch Erfahrung belehrt, gewohnt wor-
 
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