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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Eduard Dobbert
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0026

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Eduard Dobbert.

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archäologischen Institut und zwei russischen gelehrten
Gesellschaften gehörte er als erwähltes Mitglied an.
1884 85 und 1893 - 94 war er Vorsteher der Archi-
tekturabteilung, 1885- 86 Rektor und 1886 87 Pro-
rektor, seit 1889 Senator der Technischen Hochschule.
Die Ferien benutzte er häufig zu Studienreisen, je
einmal war er in Italien, England und Frankreich, öftere
Reisen machte er durch Deutschland und Russland.

Das Hauptforschungsgebiet 'Dobbert's war das
frühere Mittelalter, und zwar hat er da, beeinflusst
durch seine anfängliche staatliche Zugehörigkeit zu
Russland und seine eingehende Kenntnis der dortigen
Kunstdenkmäler, sich besonders der byzantinischen
Kunst und der sogenannten byzantinischen Frage,
d. h. der Frage nach der Entstehung der byzantini-
schen Kunst und nach der Beeinflussung des Abend-
landes durch sie, zugewendet. Sehr zu statten kam
ihm seine völlige Beherrschung der russischen Sprache.
Seinefrüheste kunstgeschichtliche Abhandlung betraf »die
Darstellung des Abendmahls durch die byzantinische
Kunst« und wurde in A. von Jahn's Jahrbüchern für
Kunstwissenschaft 1871 veröffentlicht. Die Forschungen
über die Ikonographie des Abendmahls hat er dann
später erweitert und während des letzten Jahrzehnts seines
Lebens eine leider nicht zum Abschluss gediehene
Folge von Aufsätzen über »Das Abendmahl Christi in
der bildenden Kunst bis gegen den Schluss des ^.Jahr-
hunderts« im Repertorium für Kunstwissenschaft«
erscheinen lassen. Es ist dieses vielleicht die gründ-
lichste und umfassendste Ikonographie, welche wir
besitzen. Eine ungeheuere Fülle von Material ist
hier in knapper Form verarbeitet worden. Von den
versteckten Hindeutungen der altchristlichen Künstler
bis tief ins 5. Jahrhundert geht er aus, verfolgt dann
einerseits die historische, andererseits die rituelle
Darstellung des Abendmahls, wobei für die byzan-
tinische Kunst mit dem Bilderstreit des 8. Jahrhunderts
ein grösserer Abschnitt gemacht wird. Die Darstel-
lung in Miniaturen an Kirchen-Gerät und -Kleidung,
in Wandmalereien und Mosaiken, an Ikonostasen
und auf Tafelbildern werden in Betracht gezogen.
Die Verfolgung der Abendmahlsdarstellungen in der
abendländischen Kunst ist bedauerlicherweise nur
Fragment geblieben. Gewöhnlich werden dergleichen
ikonographische Studien nur von Anfängern betrieben,
Dobbert's Arbeit aber zeigt, wie viele wichtige Fragen
ein reifer Gelehrter damit streifen kann. — Nachdem
Dobbert im Jahre 1871 Stockbauer's »Kunstgeschichte
des Kreuzes« in der vorliegenden Zeitschrift be-
sprochen hatte, wies er in einem Aufsatz »Zur Ent-
stehungsgeschichte des Kruzifixes- im ersten Jahrgang
des »Jahrbuches der Kgl. preussischen Kunstsamm-
lungen < (1880) auf die seitdem ihrer Inkunabelstellung
nicht entsetzten beiden ältesten Kreuzigungsbilder an
der Holzthür von Santa Sabina zu Rom und auf einer
Elfenbeintafel des britischen Museums hin. Dobbert
liebte es, seine Bücherbesprechungen zu selbständigen
Aufsätzen auszuspinnen, so hat er seine Ansichten
über frühe Miniaturen und frühe Elfenbeinskulpturen
in Besprechungen im »Repertorium für Kunstwissen-
schaft« 1882, 85 und 97 und in den Göttingischen

i Gelehrten-Anzeigen« 1890 niedergelegt. — Zur Er-
i örterung der byzantinischen Frage an einem beson-
deren Beispiel gab ihm der Aufsatz von F. X. Kraus im
Jahrbuch der Kgl. preussischen Kunstsammlungen 1893
über Die Wandgemälde in Sant' Angelo in Formis
Anlass. Er erwiderte darauf mit einem gleichbetitelten
; Aufsatz im nächsten Jahrgang derselben Zeitschrift.
Während Kraus nur bei dem Weltgericht an der West-
wand und bei dem Rex gloriae in der Hauptapsis
starke byzantinische Einflüsse zugegeben hatte, die
| historischen Darstellungen aber für fast gänzlich abend-
ländisch erklärt hatte, behauptete Dobbert, dass wir
es auch bei den letzteren ikonographisch mit wesent-
lich byzantinischen Kompositionen zu thun haben,
und dass auch für die Kopftypen, Geberden, Stel-
lungen und Bewegungen, die Kleidung, die Bauwerke
und die malerische Technik zahlreiche Analogien in
der byzantinischen Kunst vorhanden wären. — Die
Lösung der byzantinischen Frage hat nach Dobbert
damit zu beginnen, dass man den Abweichungen
der oströmischen von der weströmischen Kunst in
ihren frühesten Anfängen beizukommen sucht und
das allmähliche Zunehmen dieser Bewegung bis zu
dem Zeitpunkt verfolgt, wo in derfertigen byzantinischen
Kunst etwas von der abendländischen ganz verschie-
denes dasteht. Die früheren ravennatischen Mosaiken
bis zum Anfang des 6. Jahrhunderts und die dem
letzereren angehörenden, von Smirnoff auf Cypern
S neu entdeckten Mosaiken zeigen die oströmische Kunst
noch im Werden. Er sieht also in der ravennatischen
] Kunst eine Vorstufe der byzantinischen, eine Ansicht,
; welche hoffentlich durch neue Entdeckungen wie jene
j cyprischen noch mehr bestätigt werden wird. Für
I die spätere abendländische Kunst deutet Dobbert dann
an, dass der byzantinische Einfluss lokal, zeitlich und
in Betreff der einzelnen Kunstzweige verschieden ge-
wesen ist, was der Verfasser dieses Aufsatzes für die
itelienische Monumentalmalerei ausführlich als richtig
erweisen konnte. Über die Beziehungen des Nordens
zur byzantinischen Kunst während des 13. Jahrhunderts
hat Dobbert noch im vorigen Jahre wichtige Auf-
schlüsse gegeben in seinem im Jahrbuch der Kgl.
preussischen Kunstsammlungen veröffentlichten Auf-
satz über »Das Evangeliar im Rathause zu Goslar«;
und in einem Aufsatze des Repertoriums von dem-
selben Jahre bei der Besprechung der letzten Publika-
tionen von F. X. Kraus und Redin hat er noch ein-
mal die wichtigsten Fragen in der Kunstgeschichte
des früheren Mittelalters erörtert.

Auf dem Gebiete des späteren italienischen Mittel-
alters hat Dobbert das entscheidende Wort gesprochen
in der Frage nach der künstlerischen Herkunft des
Niccolö Pisano und zwar schon in seiner Habilitations-
schrift vom Jahre 1873 »Über den Stil Niccolö
Pisano's und dessen Ursprung«. Er trat der süd-
italienischen Hypothese entgegen und wies nach, dass
Niccolo's Kunst lediglich aus den in Toskana gege-
benen Prämissen zu erklären ist. Mit dem »Triumph
des Todes im Camposanto zu Pisa« hat er sich in
einem Artikel des »Repertoriums« vom Jahre 1881,
mit Duccio's Bild: Die Geburt Christi in der Kgl.
 
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