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Denkmäler. Sammlungen und Ausstellungen.
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DENKMÄLER
Wien. Das Komitee für die Errichtung eines Anzen-
gruber-Denkmals hat beschlossen, mit der Ausführung des
Denkmals den Bildhauer Hans Scherpe, den Schöpfer auch
des Grabmals Anzengrubers auf dem Zentralfriedhofe, zu
betrauen. "u"
Tilsit. Das Komitee für die Errichtung des Königin
Luise-Denkmals, dem z. Z. 45000 M. zur Verfügung stehen,
hat beschlossen, den von Professor Eberlein abgeänderten
zweiten Denkmalsentwurf ausführen zu lassen. Der Künstler
erhält ein Honorar von 40000 M. -u-
Inowrazlaw. Am 18. Oktober fand die feierliche Ent-
hüllung des Reiterstandbildes Kaiser Wilhelm's I. statt.
-u-
Neustrelitz. Zur Vorfeier des 80. Geburtstages des
Grossherzogs von MecWenburg-Strelitz wurde am 15. Ok-
tober das von dem Bildhauer Martin Wolff geschaffene
Landeskrieger-Denkmal feierlich enthüllt. Das Werk zeigt
die Überlebensgrosse Bronzegruppe einer Siegesgöttin, die
einen gefallenen Krieger emporhebt, um ihn in die Gefilde
der Seligen zu tragen. -u-
Konitz. Am 18. Oktober fand die feierliche Enthüllung
des Kaiser Wilhelm-Denkmals statt. -u-
Wien {im November). Das Anton Bruckner-Denkmal
Tilgner's ist enthüllt worden. Im Wiener Stadtpark steht
es, nicht weit von dem Schindler-Denkmal Hellmer's. Aber
die geistige Entfernung zwischen den beiden ist weit
grösser als die räumliche! Tilgner, der Wiener Allliebling
als Porträtist, war nie stark im Monumentalen. Hier leidet
seine Arbeit noch unter der Mitwirkung eines mittel-
mässigen Schülers, A. Zerritsch. Vor allem ist in den
Verhältnissen der Figuren ein arger Missgriff: die
Büste des Komponisten ist in den Massen kleiner,
als die weibliche Figur, die ihm den Lorbeerzweig hin-
hält. Der in Wirklichkeit sehr pronocierte, scharf um-
rissene und schwere, harte Bauernschädel Bruckners, mit
dem pfiffigen Gesicht, ist hier zu einem schmalwangigen
zarten Gelehrtenkopf zusammengeschrumpft, der so aus-
sieht, als wüsste er nicht recht, was er da oben auf
dem hohen Postamente anfangen sollte. Zu der sich an-
schmiegenden, halbentblössten Gestalt der Frau Musika
mit der Lyra scheint dieser Gelehrte jede, auch die ent-
ferntesten Beziehungen geflissentlich zu ignorieren, so dass
diese Dame einen halb verzweifelten, halb rührenden Aus-
druck annehmen muss. Soll ich noch mehr ins Einzelne
gehn? Nein. Dieses Werk hätte man der Öffentlichkeit
lieber nicht preisgeben sollen. SCH.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Herlin. Zu der Berufung des jungen Düsseldorfer
Malers Arthur Kampf als Lehrer an die Berliner Kunst-
akademie kann man diese Hochschule nur beglückwünschen.
Der Künstler hat schon seit Jahren Beweise nicht gewöhn-
lichen Könnens gegeben; sein grosses Gemälde 1812 ,
das die Trümmer der Grossen Armee ergreifend dar-
stellte, ist von der siebenundneunziger Ausstellung noch
in guter Erinnerung. Bedeutender freilich erschien sein
vorjähriges Bild, in dem eine Scene in einem ländlichen
Trauerhause einfach und sorgfältig beobachtet zur An-
schauung gebracht wurde, und in diesem Jahre erfreute
der mit gutem Humor porträtierte Rheinische Schützen-
könig« ganz besonders. In diesen beiden Werken war der
Maler wohl recht in seinem Element; Schilderungen der
Leiden und Freuden der kleinbürgerlichen Bevölkerung
scheinen ihm besonders zu liegen. — Vor allem bewährte
er sich aber als vortrefflicher Zeichner, und diese Eigen-
schaft zeigte er auch vorwiegend in seiner bei Keller &
Reiner veranstalteten kleinen Sammelausstellung. Das rein
Malerische trat in ihr durchaus zurück, das ganz Individuelle,
was man poetische Stimmung nennt, fehlte. Aber eben
das, was zu lehren allein möglich ist, das bedeutende
Können, das gerade besitzt Kampf offenbar. — Am meisten
beweisen das, wie gesagt, die zahlreichen Zeichnungen,
sowohl die in brauner Ölfarbe, »Walzwerk« und »Abend-
ruhe , wie die in Rot- und Bleistift, Akte und viele gut
I charakterisierte Studienköpfe; nicht weniger aber einzelne
der Gemälde, wie vor allen das Lesende Mädchen .
Über die gleichzeitig gebotene Ausstellung Müller-Schöne-
feld's ist schon in der vorigen Nummer eingehend berichtet
worden. DiedritteSammlung, Werke von Julie Wolff-Thorn,
bot manches recht Interessante, doch kann eine gewisse
Manier, die sich die Malerin angeeignet hat, trotz einzelner
guter Arbeiten nicht über Mängel der Auffassung und ur-
sprünglichen Kraft, noch weniger aber darüber hinweg-
täuschen, dass sie durchaus noch nicht fertig ist. Immer-
hin kann man ihrer weiteren Entwicklung mit Interesse
folgen. - Zur Zeit stellt in den Räumen der genannten
Kunsthandlung eine neue Vereinigung von Malern zum
erstenmal aus, der >Märkische Künstlerbund«. Dieser Name
ist höchst treffend gewählt — die Künstler wurzeln offen-
bar durchaus in dem Boden der märkischen Heimat.
Nicht bloss, was die Motive anbetrifft, die sie wählen -
das wäre ja etwas rein Äusserliches —, sondern auch, und
das ist die Hauptsache, weil das, was sie uns da bieten,
durchweg ihrer eigenen Natur entspricht. Die Leistungen
der einzelnen sind noch nicht gleichwertig, aber sie er-
heben sich doch im grossen und ganzen alle über das
Niveau des Gewöhnlichen. Der Einfluss des Meisters,
Eugen Brachts, ist freilich selten zu verkennen, aber in
den meisten Fällen haben die Maler doch auch Eigenes
gegeben. Zunächst fällt der Erntetag von Felix Krause
als hervorragende Leistung auf. Alles flimmert und glüht
in der heissen Sonne, die weit über das garbenbedeckte,
von fleissigen Arbeitern belebte Stjppelfeld dahinflutet,
weisse Wolken schweben in der blauen zitternden Luft.
Das Bild zeugt von einer ausserordentlichen Beherrschung
der Technik, wie von einer grossen malerischen Kraft. Es
hat in der Stimmung etwas sehr tief Empfundenes, Un-
mittelbares. — Die gleichen Vorzüge findet man in dem
Angler desselben Künstlers. Ein Dorfjunge steht am
Ufer eines tiefblauen, vollbeleuchteten Flüsschens, gespannt
nach der Angel blickend. Wie gut aber auch diese ge-
spannte Aufmerksamkeit in der Bewegung des Knaben
zum Ausdruck kommt, das Beste ist doch auch hier die
in der glühenden Sommersonne daliegende Landschaft.
Es ist eine schöne Ruhe in dem Bilde, das trefflich kom-
poniert ist. Man findet die einschläfernde, nur hin und
wieder durch ein fernes Geräusch unterbrochene Stille,
welche die Gestalt umgiebt und diese selbst erhöht solche
Empfindung in dem Beschauer. — Von den anderen Ge-
mälden Krause's ist noch ein ganz ausgezeichnetes weib-
liches Bildnis und das Porträt des Malers Fritz Geyer zu
erwähnen. Es ist bezeichnend, dass er auch in dieses Bild
landschaftliche Stimmung, Abendstimmung, hineinzubringen
gesucht hat. Aber trotz des Hintergrundes und des rot-
beleuchteten Gesichtes kommt das hier nicht recht zum
Ausdruck. Immerhin hat der Künstler auch als Bildnis-
maler beachtenswerte Eigenschaften. — Viel erfreulicher
indes als das Porträt Geyer's sind des Dargestellten eigene
Arbeiten. Sein Mondaufgang ist beinahe ein Meister-
stück und man scheidet ungern von diesem Bilde. Wie
einfach ist das Motiv, dieses einsame stille Bauerngehöft,
I das noch vom letzten Tageslicht matt beleuchtet ist, wäh-
Denkmäler. Sammlungen und Ausstellungen.
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DENKMÄLER
Wien. Das Komitee für die Errichtung eines Anzen-
gruber-Denkmals hat beschlossen, mit der Ausführung des
Denkmals den Bildhauer Hans Scherpe, den Schöpfer auch
des Grabmals Anzengrubers auf dem Zentralfriedhofe, zu
betrauen. "u"
Tilsit. Das Komitee für die Errichtung des Königin
Luise-Denkmals, dem z. Z. 45000 M. zur Verfügung stehen,
hat beschlossen, den von Professor Eberlein abgeänderten
zweiten Denkmalsentwurf ausführen zu lassen. Der Künstler
erhält ein Honorar von 40000 M. -u-
Inowrazlaw. Am 18. Oktober fand die feierliche Ent-
hüllung des Reiterstandbildes Kaiser Wilhelm's I. statt.
-u-
Neustrelitz. Zur Vorfeier des 80. Geburtstages des
Grossherzogs von MecWenburg-Strelitz wurde am 15. Ok-
tober das von dem Bildhauer Martin Wolff geschaffene
Landeskrieger-Denkmal feierlich enthüllt. Das Werk zeigt
die Überlebensgrosse Bronzegruppe einer Siegesgöttin, die
einen gefallenen Krieger emporhebt, um ihn in die Gefilde
der Seligen zu tragen. -u-
Konitz. Am 18. Oktober fand die feierliche Enthüllung
des Kaiser Wilhelm-Denkmals statt. -u-
Wien {im November). Das Anton Bruckner-Denkmal
Tilgner's ist enthüllt worden. Im Wiener Stadtpark steht
es, nicht weit von dem Schindler-Denkmal Hellmer's. Aber
die geistige Entfernung zwischen den beiden ist weit
grösser als die räumliche! Tilgner, der Wiener Allliebling
als Porträtist, war nie stark im Monumentalen. Hier leidet
seine Arbeit noch unter der Mitwirkung eines mittel-
mässigen Schülers, A. Zerritsch. Vor allem ist in den
Verhältnissen der Figuren ein arger Missgriff: die
Büste des Komponisten ist in den Massen kleiner,
als die weibliche Figur, die ihm den Lorbeerzweig hin-
hält. Der in Wirklichkeit sehr pronocierte, scharf um-
rissene und schwere, harte Bauernschädel Bruckners, mit
dem pfiffigen Gesicht, ist hier zu einem schmalwangigen
zarten Gelehrtenkopf zusammengeschrumpft, der so aus-
sieht, als wüsste er nicht recht, was er da oben auf
dem hohen Postamente anfangen sollte. Zu der sich an-
schmiegenden, halbentblössten Gestalt der Frau Musika
mit der Lyra scheint dieser Gelehrte jede, auch die ent-
ferntesten Beziehungen geflissentlich zu ignorieren, so dass
diese Dame einen halb verzweifelten, halb rührenden Aus-
druck annehmen muss. Soll ich noch mehr ins Einzelne
gehn? Nein. Dieses Werk hätte man der Öffentlichkeit
lieber nicht preisgeben sollen. SCH.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Herlin. Zu der Berufung des jungen Düsseldorfer
Malers Arthur Kampf als Lehrer an die Berliner Kunst-
akademie kann man diese Hochschule nur beglückwünschen.
Der Künstler hat schon seit Jahren Beweise nicht gewöhn-
lichen Könnens gegeben; sein grosses Gemälde 1812 ,
das die Trümmer der Grossen Armee ergreifend dar-
stellte, ist von der siebenundneunziger Ausstellung noch
in guter Erinnerung. Bedeutender freilich erschien sein
vorjähriges Bild, in dem eine Scene in einem ländlichen
Trauerhause einfach und sorgfältig beobachtet zur An-
schauung gebracht wurde, und in diesem Jahre erfreute
der mit gutem Humor porträtierte Rheinische Schützen-
könig« ganz besonders. In diesen beiden Werken war der
Maler wohl recht in seinem Element; Schilderungen der
Leiden und Freuden der kleinbürgerlichen Bevölkerung
scheinen ihm besonders zu liegen. — Vor allem bewährte
er sich aber als vortrefflicher Zeichner, und diese Eigen-
schaft zeigte er auch vorwiegend in seiner bei Keller &
Reiner veranstalteten kleinen Sammelausstellung. Das rein
Malerische trat in ihr durchaus zurück, das ganz Individuelle,
was man poetische Stimmung nennt, fehlte. Aber eben
das, was zu lehren allein möglich ist, das bedeutende
Können, das gerade besitzt Kampf offenbar. — Am meisten
beweisen das, wie gesagt, die zahlreichen Zeichnungen,
sowohl die in brauner Ölfarbe, »Walzwerk« und »Abend-
ruhe , wie die in Rot- und Bleistift, Akte und viele gut
I charakterisierte Studienköpfe; nicht weniger aber einzelne
der Gemälde, wie vor allen das Lesende Mädchen .
Über die gleichzeitig gebotene Ausstellung Müller-Schöne-
feld's ist schon in der vorigen Nummer eingehend berichtet
worden. DiedritteSammlung, Werke von Julie Wolff-Thorn,
bot manches recht Interessante, doch kann eine gewisse
Manier, die sich die Malerin angeeignet hat, trotz einzelner
guter Arbeiten nicht über Mängel der Auffassung und ur-
sprünglichen Kraft, noch weniger aber darüber hinweg-
täuschen, dass sie durchaus noch nicht fertig ist. Immer-
hin kann man ihrer weiteren Entwicklung mit Interesse
folgen. - Zur Zeit stellt in den Räumen der genannten
Kunsthandlung eine neue Vereinigung von Malern zum
erstenmal aus, der >Märkische Künstlerbund«. Dieser Name
ist höchst treffend gewählt — die Künstler wurzeln offen-
bar durchaus in dem Boden der märkischen Heimat.
Nicht bloss, was die Motive anbetrifft, die sie wählen -
das wäre ja etwas rein Äusserliches —, sondern auch, und
das ist die Hauptsache, weil das, was sie uns da bieten,
durchweg ihrer eigenen Natur entspricht. Die Leistungen
der einzelnen sind noch nicht gleichwertig, aber sie er-
heben sich doch im grossen und ganzen alle über das
Niveau des Gewöhnlichen. Der Einfluss des Meisters,
Eugen Brachts, ist freilich selten zu verkennen, aber in
den meisten Fällen haben die Maler doch auch Eigenes
gegeben. Zunächst fällt der Erntetag von Felix Krause
als hervorragende Leistung auf. Alles flimmert und glüht
in der heissen Sonne, die weit über das garbenbedeckte,
von fleissigen Arbeitern belebte Stjppelfeld dahinflutet,
weisse Wolken schweben in der blauen zitternden Luft.
Das Bild zeugt von einer ausserordentlichen Beherrschung
der Technik, wie von einer grossen malerischen Kraft. Es
hat in der Stimmung etwas sehr tief Empfundenes, Un-
mittelbares. — Die gleichen Vorzüge findet man in dem
Angler desselben Künstlers. Ein Dorfjunge steht am
Ufer eines tiefblauen, vollbeleuchteten Flüsschens, gespannt
nach der Angel blickend. Wie gut aber auch diese ge-
spannte Aufmerksamkeit in der Bewegung des Knaben
zum Ausdruck kommt, das Beste ist doch auch hier die
in der glühenden Sommersonne daliegende Landschaft.
Es ist eine schöne Ruhe in dem Bilde, das trefflich kom-
poniert ist. Man findet die einschläfernde, nur hin und
wieder durch ein fernes Geräusch unterbrochene Stille,
welche die Gestalt umgiebt und diese selbst erhöht solche
Empfindung in dem Beschauer. — Von den anderen Ge-
mälden Krause's ist noch ein ganz ausgezeichnetes weib-
liches Bildnis und das Porträt des Malers Fritz Geyer zu
erwähnen. Es ist bezeichnend, dass er auch in dieses Bild
landschaftliche Stimmung, Abendstimmung, hineinzubringen
gesucht hat. Aber trotz des Hintergrundes und des rot-
beleuchteten Gesichtes kommt das hier nicht recht zum
Ausdruck. Immerhin hat der Künstler auch als Bildnis-
maler beachtenswerte Eigenschaften. — Viel erfreulicher
indes als das Porträt Geyer's sind des Dargestellten eigene
Arbeiten. Sein Mondaufgang ist beinahe ein Meister-
stück und man scheidet ungern von diesem Bilde. Wie
einfach ist das Motiv, dieses einsame stille Bauerngehöft,
I das noch vom letzten Tageslicht matt beleuchtet ist, wäh-