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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Amelung, Walther: Ausgrabungen auf dem Forum Romanum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0130

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243

Ausgrabungen auf dem Forum Romanum.

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Ferner erkennt man, dass in die Ruinen dieses
Gebäudes etwa zur Zeit Theodorichs oder noch später
ein anderes eingebaut worden ist, von dem sich eben-
falls einige Wände erhalten haben, Säulen und ein
Fussboden in regelmässig geometrischen Mustern aus
weissem, rotem und grünem Marmor ausgeführt, wie
wir es ähnlich in den ältesten Kirchen Roms finden.
Als Thürschwelle verwendet fand sich in diesem Ge-
bäude ein Marmorblock mit einem Teil der Fasti
consulareo aus den Jahren 380 und 381 v. Chr.

Unter den Trümmern der Basilica ist auch der
Torso einer weiblichen Qewandstatue gefunden
worden und dort verblieben; über seine angebliche
Vortrefflichkeit entstand in den italienischen Zeitungen
viel Geschrei, das kritiklos in deutschen Blättern
wiederholt wurde. Man vermutete eine Copie der
sog. barberinischen Hera des Vatican, ausgeführt von
einem griechischen Meister; thatsächlich handelt es
sich um eine wertlose römische Kopie einer ähnlichen
Figur, von der ein gutes Exemplar in der Galleria
della statue des Vatican steht. Auf dem Forum ist
- abgesehen von den Funden im Haus der Vesta-
linnen und dekorativen Reliefs, wie den Schranken
der Rostra — noch kein bedeutendes Skulptur-Werk
zu Tage gekommen. Dagegen hat man kürzlich als
Deckplatten über einer Kloake dicht bei der Basilica
zwei prächtige architektonische Ornamentplatten
gefunden; sie lagen, in mehrere Stücke zerbrochen,
mit der bearbeiteten Seite nach unten. Dadurch
haben sie sich fast unversehrt erhalten; jetzt sind sie
mittels Klammern an einer Mauerecke, dicht bei ihrem
Fundort, angebracht worden. Es sind Gegenstücke,
beide rechteckig, mit ornamentiertem Rahmen um-
geben; aus einem vollen Akanthuskelch spriessen nach
beiden Seiten üppige Ranken; aus ihren Windungen
springt jederseits ein Tier hervor, bis zur Mitte des
Leibes sichtbar. Auf der einen Platte sind es zwei
Löwen, auf der andern links ein Leoparde, rechts ein
Reh oder Hirsch. Die Arbeit ist hervorragend schön;
Tiere und Ranken sind ganz rund ausgearbeitet und
bis in die Einzelheiten vorzüglich durchgeführt. Motive
und Arbeitsweise findet ihre nächsten Parallelen an
Arbeiten der trajanischen Zeit.

Ehe wir uns nun dem interessantesten und um-
strittensten Teil der Ausgrabungen zuwenden, bemerken
wir in Mitten des Forum eine Veränderung; dort sind
auf zwei von den hohen viereckigen Basamenten aus
Ziegelwerk, die zu diesem Zweck erheblich restauriert
werden mussten, zwei riesenhafte Säulenstiimpfe
aufgerichtet worden. Sie haben, was man aus ihrer
Lage erkennen konnte, ehemals auf denselben Basen
gestanden, die man im einzelnen nach dem Muster
der Basis der Phokas-Säule ergänzt hat. Beide Säulen
stammen aus der Zeit des Diocletian. Zur Zierde
gereichen dem Forum diese trümmerhaften Riesen-
spargel nicht.

Vorbei an ihnen gelangen wir in den rückwärtigen
Teil der Basilica Julia, wo sich ehemals eine Kirche
S. Maria in Foro eingenistet hatte. Von ihr haben
sich zahlreiche Ornamentplatten erhalten, die jetzt an
dieser Stelle mit Sorgfalt zusammengestellt werden.

Sie zeigen alle die eigenartigen Bandmuster der lango-
bardischen Epoche; derselbe Stil ist jetzt in Rom
glänzend vertreten durch die reichen Gräberfunde aus
Castel Trosino, die im Museo nazionale romano ver-
einigt sind; dass wir in ihm speziell eine Schöpfung
langobardischen Kunstsinns zu erkennen haben, hat
der Herausgeber dieser Zeitschrift in seinem Buch
über »Oberitalische Plastik« nachgewiesen.

Auch am Fundament des benachbarten Saturn-
tempels hat der Spaten angesetzt. Man hat in dem
Fundament selbst Spuren mittelalterlicher Minierarbeit
gefunden, die der Gewinnung verwendbarer Stein-
quadern galt. Die gefährdeten Säulen sind durch
; mächtige Klammern und Eisenstäbe gesichert worden.
Vor der Front des Tempels und weiterhin nach dem
Concordia-Tempel zu haben sich zahlreiche, zum Teil
sich kreuzende Basament-Mauern aus Tuff- und
Reticulat gefunden, die von einer lebhaften, wechsel-
vollen Baugeschichte an dieser Stelle zeugen. Zu-
nächst dem Saturntempel bemerkt man einen in nord-
westlicher Richtung verlaufenden, überwölbten Ab-
zugskanal aus Tuff und daranstossend das Basa-
ment eines Gebäudes aus demselben Material mit
hocharchaischem Ablauf. Man ist versucht zu glauben,
dass diese Reste zu dem älteren Saturn-Tempel in
Beziehung stehen.

Von dem Concordia-Tempel sind einige neue Frag-
mente gefunden worden. Reste eines spätem über-
ladenen Epistyls, die in der Nähe der Rostra zu
Tage kamen, könnten zu der Schola Xantha gehört
haben, jenem schon vorerwähnten Bureau von Schreibern
und Notaren, das in der Nähe der Rostra stand.
Inbetreff der Rednerbühne selbst sei hier nur daran
erinnert, dass die berühmten Anaglypha Trajani wahr-
scheinlich ursprünglich zu ihrer Ausstattung gehörten
als seitliche Balustraden und — worauf erst kürzlich von
E. Petersen hingewiesen ist — dass sie so aufgestellt
waren, dass der von ihnen Flankierte auf dem Forum
nach rechts und links sehend dieselbe Reihe von Ge-
bäuden erblickte wie die, die er jederseits auf dem
Relief dargestellt sah. Auch von der vorderen Balu-
strade der Rostra mit Gittermuster, wie man sie z. B.
auf den Reliefs des Constantins-Bogens wiedergegeben
findet, sind jetzt Reste zu Tage gekommen. In der
Nähe sind Blöcke mit einer Inschrift zusammengelegt,
die wichtig ist für die Geschichte der Rednerbühne;
es handelt sich darin um ihre Wiederherstellung im
Jahre 470 n. Chr. durch den Stadtpräfekten Junius
Valentinus.

Durch den Bogen des Septimius Severus führte
bislang eine Strasse mit antiken Pflastersteinen —
anders kann man sie nicht bezeichnen, denn, dass
es nichts war, als eine Schöpfung dieses Jahrhunderts,
ausgeführt mit antikem Material, haben unzweideutige
Funde von Münzen und Pfeifenköpfen päpstlicher
Fabrik unter dem »antiken« Pflaster bewiesen. Die
»Durchfahrt« des Bogens ist jetzt freigelegt; man er-
kennt, dass der Mittelbogen für gewöhnlich nur für
Fussgänger zugänglich war; bei Triumphen wird man
eine veritable Durchfahrt durch Aufschüttung ermög-
licht haben. Zu Constantin's Zeit muss spätestens der
 
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