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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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279

Sammlungen und Ausstellungen.

280

Die Hauptwand des unteren Saales nimmt die Samm-
lung von Worpswede ein, in der Mitte das grosse Bild
Mackensen's »Die Scholle«. Schade, dass es so gross.
Da die Scholle selbst nicht körperhaft genug ist, hat das
Bild etwas Leeres. Dazu fehlt die markige, souveräne
Durchbildung der drei grossen Figuren. Ich kann die An-
sicht Ihres Berliner Berichterstatters leider nicht teilen.
Vinnen's Birken und Buchen« sind dieselben wie vor
acht Jahren. Leider kann ich nicht die Spur von Weiter-
entwicklung finden in den ganzen Sachen. Vielleicht
stehe ich hiermit allein, kann das aber nicht ändern. Wenn
man die Augen nur halbwegs unbefangen zwischen der
Sammlung Herrmann's und der von Worpswede hin und
her gehen lässt, so thut einem die feine ausgeglichene
Wirkung bei ersterer so wohl, bei letzterer die starke aber
unvermittelte Farbe wehe.

In der Kunsthalle fand ich zwei grosse Bilder von
Macko. Schade, dass sich bei Macko's Sachen langsam
eine grosse Trockenheit der Behandlung einschleicht. Auf
dem Bilde vom Suldenthale ist das wild daherschiessende
Wasser wirklich kein Wasser mehr. Man hat nicht mehr
das Gefühl von Bewegung, auch nicht mehr das Gefühl des
Nassen, Durchsichtigen. Es ist das alles ein wenig spröde,
und mit genau derselben Technik gemall wie die Tannen
und die Felsen. Dazu kommt der Mangel an Vertiefung,
da Macko zu wenig Luft zwischen Vorder- und Hintergrund
legt. Dasselbe gilt von den »sonnigen Höhen«. Es ist das
recht schade, da Macko wohl das Zeug hätte, weiter zu
gehen. Der »grosse Zug« hat ihm niemals gefehlt. Aber er
darf noch nicht zufrieden sein. Diese Trockenheit muss auch
noch überwunden werden, wenn diese grossen Flächen
den Eindruck des Wahren hervorbringen sollen.

Die grossen, rasch sich aufeinander drängenden Aus-
stellungen haben einen Zug ins Dekorative hervorgebracht,
der wohlberechtigt ist. Aber von den Bildern der -alten
Meister« sollen wir lernen, wie sie ihre Riesen-Leinwand
so interessant« zu decken verstehen, dass kein Quadrat-
fuss ohne Reiz bleibt. Dies müssten wir uns immer
vorhalten

Der »Georg« von Horst Schulze ist noch da. Ich sah
ihn das letzte Mal, als schon ein wenig die Dämmerung
einsetzte. Man sieht darin doch, wie die Secessionisten
allerorten es verstehen, ihren Bildern die Wohlthat des
gedämpften Lichtes zukommen zu lassen.

Heute, bei so heller Frühlingsluft, fand ich manches
in den Bildern doch nicht so auf der Höhe. Der Gaul, der
in der Erinnerung vorzüglich war, konnte heute nicht etwas
Ponnyartiges verleugnen, was den Reiz des Bildes nicht
erhöht. Frappieren musste mich auch heute die feine
Stimmung der Landschaft im Hintergründe.

Im kleinen Saal hat te Peerth mehrere kleine Land-
schaften ausgestellt, wovon wohl am besten der »Holzhof«
und die »Altmühl« sind. Besonders letzteres Bild hat sehr
viel Feines, te Peerth hat aus dem anmutigen Altnüihl-
thal keine jener phantastischen Felsbildungen gewählt, die
unsern Lithographen die Steine liefern. Sein Höhenbild
zeigt den ruhig dahingleitenden Fluss, und zeichnet den
Berg hinaufziehende bebaute Felder. Die Holzschindel-
dächer des andern Bildes sind mit Sicherheit gemalt.
Also das Können ist doch noch da. Das erfüllt mit Freude
und Hoffnung.

Die nächsten Tage bringen drei neue Ausstellungen:
erstens die »Freie Vereinigung , dieses Mal nicht bei
Schulte, sondern im Lichthofe des »Kunstgewerbemuseums«,
zweitens die »Vereinigung 1899« in Pohle's Atelier auf
der Elberfelder Strasse, und drittens »der Verein D-
Künstler zu gegens. U. u. H. in der Kunsthalle.

Inzwischen haben der Ausstellungskommission die

umgeänderten Pläne für den neuen Kunstausstellungs-
palast« vorgelegen, welcher an Stelle des »alten Schlacht-
hofes« errichtet werden wird. Nach allem, was man
davon hört, kann es etwas Gutes werden, und man darf
wohl hoffen, dass ein neuer Aufschwung, ein neuer Sporn
hier einsetzen und erhöhte Schaffensfreudigkeit erzeugen
wird.

Düsseldorf ist Jahrzehnte lang das Stiefkind unter den
Kunststädten gewesen, denn es konnte den Schwester-
städten gegenüber sich niemals revangieren. Überall
hingen die Düsseldorfer Arbeiten entweder in recht mässigen

; Sälen, dazu wegen Raummangels bis unter die Decke, oder
überall zerstreut.

Nun — was ein gutes vornehmes Hängen aus einem
Bilde machen kann, weiss jetzt ein jeder. Bei ruhiger
Prüfung wird sich bald ergeben, dass der Prozentsatz
von Talent und Mittelmässigkeit hier im Verhältnis der-
selbe ist, wie anderswo. Deshalb ist auch die Hoffnung
berechtigt, dass Düsseldorf demnächst, wenn es alle Kräfte
zusammenfasst, gut abschneiden und damit den ihm ge-
bührenden Platz im Rate der Kunststände wieder ein-
nehmen wird. A-u-g-e.

Berlin. Das künstlerische Ereignis dieser Tage ist die
Ausstellung von Werken Hubert von Herkomers bei Schulte-
Nach dem, was wir dort in den letzten 6 Wochen sahen,
wirkt sie in der That äusserst erquickend und erfrischend.
Wenn sie auch vieles Ältere, vieles hier schon Bekannte
enthält, man wird doch — und nicht am wenigsten durch
dies Bekannte — lebhaft gefesselt. Miss Grant, die »Dame
in Weiss«, jenes Bild, das des Künstlers Weltruhm be-
gründete, und das Gegenstück »Dame in Schwarz« nehmen
noch heute, wie es scheint, das Hauptinteresse der Be-
sucher in Anspruch; ob dies überwiegende Interesse

! durch rein künstlerische Vorzüge begründet ist, erscheint

I — besonders angesichts einzelner anderer Darbietungen -
allerdings auf den ersten Blick zweifelhaft. Ein Modell
Von so bestrickender hinreissender Schönheit, wie diese
Miss Grant, steht sicher nur sehr selten einem Künstler zur
Verfügung; man wird nicht müde, diese zarte und doch
kraftvolle, liebliche und doch herbe Erscheinung zu be-
trachten, in noch höherem Grade vielleicht gilt das von
der »Dame in Schwarz«, diesem in »selbstgewählter Ein-
samkeit dahinlebenden« Weibe, dessen edles Antlitz, das
ein leiser Hauch träumerischer Schwermut noch ver-
schönt, uns mehr sagt und das darum, trotz geringerer Schön-
heit im eigentlichen Sinne, fast noch anziehender wirkt.
Aber wenn wirklich die Dargestellten an und für sich
»das Beste an diesen Porträts« sind, so ist gerade das
eher ein Lob als ein Tadel für den Maler, denn, wie
solche Modelle nur eines grossen Meisters würdig sind,
so wird auch nur ein solcher imstande sein, ihnen in dem
Grade gerecht zu werden, wie das hier der Fall ist.
Und doch erscheint Herkomer noch grösser in einzelnen
seiner Männerporträts. Da ist vor allen das ebenfalls be-
kannte des Stifters der Heilsarmee, des »General« Booth
zu nennen, das neben sprechendster Lebenswahrheit die
ganze Kraft bedeutender Auffassung zeigt, die Herkomer
eigen ist. Man erkennt diesen ins Innere dringenden Blick
auch in den höchst charakteristischen Bildnissen Stanley's
und Archibald Forbes', sowie in den besonders lebens-
vollen und feinen des Lord Kelvin und Ruskin's, ganz be-
sonders aber in den drei in einen Rahmen gefassten
Porträts seines Vaters und zweier Oheime, die der Maler

; in stolzer Bescheidenheit als -die Erbauer meines Hauses-
bezeichnet. Er hat sie bei ihrer Arbeit dargestellt, zwei
als Tischler, den dritten als Weber. Dies Bild, der ein-
zige Bildschmuck des Ateliers in Bushey bei London,
deutet schon die seltene Laufbahn an, die Herkomer
 
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