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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0164

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311

Wettbewerbe.

312

Jahre alt geworden — sein künstlerisches Schaffen bis zum
Lebensende fortsetzte: Der Porträtmaler und Oemälde-
restaurator William Kemlein. Als Sohn des Stadtkantors
Michael Kemlein in Jena am 31. März 1818 geboren, er-
lebte er eine entbehrungsreiche Kindheit. Die Neigung
zum Zeichnen erwachte in ihm früh. Zuerst lernte er in
Dresden bei dem Maler Arnold, einem Schüler des Por-
trätmalers Anton Graff. Nach einem kurzen Aufenthalt in
Jena, um zu porträtieren, siedelte er, 22 Jahre alt,
nach Weimar über, um bei Friedrich Preller zu lernen.
Sein ganzes Leben hindurch bewahrte er diesem, als seinem
Lehrer und väterlichen Freunde, die grösste Verehrung.
Mit ihm zog er nach Holland und studierte namentlich
die Werke Rubens' und van Deyk's, deren warme Farben-
gebung er sich in vorzüglichem Masse aneignete. Nach-
dem er sich, von Holland zurückgekehrt, längere Zeit in
Dresden aufgehalten hatte, ging er auf die Aufforderung
eines englischen Kunstmäcens nach London und malte
eine Reihe vornehmer Persönlichkeiten. Seine Porträts
fanden wegen ihrer Ähnlichkeit, ihrer seelischen Auffassung,
ihres Farbenschmelzes allgemeine Anerkennung. Fünfviertel
Jahre hielt er sich in England auf und studierte auch in
der Gemäldegalerie des Britischen Museums. Nach einem
kürzeren Aufenthalte in Paris Hess er sich wieder in
Dresden ■ nieder und porträtierte fleissig. Auch Hess er
er sich von dem damaligen Galerieinspektor und Historien-
maler Joh. August Renner in die Kunst, alte Gemälde zu
restaurieren, einweihen. Renner, 1783 in Dresden geboren,
hatte sich diese Kunst von dem italienischen Maler Pietro
Palmaroli (1775 in Rom geboren und hier 1828 gestorben)
angeeignet. Dieser hatte sich schon seit 1808 durch eine
Reihe der gelungensten Restaurationen alter Gemälde in
Rom einen Namen gemacht und war deshalb im Jahre
1826 nach Dresden berufen worden, um auch hier seine
Kunst auszuüben, namentlich an der Madonna di Sisto.
Kemlein lebte nun längere Zeit in Dresden als Porträt-
maler; er fand in seinem Berufe Befriedigung und reichlichen
Unterhalt. Jedoch versiegte diese Quelle im Anfang der
sechziger Jahre, als infolge des Aufschwunges der Photo-
graphie der Geschmack, sich porträtieren zu lassen, ab-
nahm. Auch Kemlein wandte sich dieser Kunst zu und
betrieb sie, obgleich mit Widerstreben, einige Jahre, bis
sich ihm ein seiner künstlerischen Befähigung geeigneteres
Feld eröffnete. Unterdessen hatte nämlich S. K. H. der
Grossherzog Karl Alexander für die bisher zerstreuten
Sammlungeu das Museum erbaut. Da sich die Notwendig-
keit herausstellte, viele Gemälde zu restaurieren, berief er
im Jahre 1865 auf Rat des damaligen Vorstandes der
Kunstsammlungen, Schuchardt, und Friedrich Preller's als
Gemälderestaurator W. Kemlein; er wies ihm dieselbe
Künstlerwerkstätte im Jägerhaus an, wo einst Kemlein bei
Preller gelernt hatte. Nebenbei wirkte er auch in den
ersten zehn Jahren als Lehrer an der von Karl August und
Goethe gegründeten freien Zeichenschule. Kemlein restau-
rierte eine grosse Zahl alter Gemälde aus den hiesigen
Sammlungen, wozu ihn seine angeborene Geschicklichkeit,
seine Kenntnis der Malweise der alten Meister, sein
Hineinleben in das ursprüngliche Bildwerk besonders be-
fähigten. Wie schonend er dabei verfuhr, braucht nicht
besonders hervorgehoben zu werden. Wer, um nur ein
Beispiel anzuführen, das Bild eines englischen Kanzlers
von Hans Holbein dem Jüngeren in so verwahrlostem Zu-
stande gesehen hatte, dass es nicht wiederherstellungsfähig
schien, konnte es nachher wieder wie neu erstanden be-
wundern. Kemleins Ruf als glücklichen Restaurators ver-
breitete sich so, dass ihm von vielen öffentlichen und pri-
vaten Sammlungen Gemälde aller Art zur Restaurierung
übersandt wurden; oder dass er an Ort und Stelle berufen

I wurde, um solche Arbeiten auszuführen. Eine besondere
Erwähnung verdient die Restaurierung einer Nachbildung
der Madonna di Loreto von Raphael, bekannt unter dem
Namen Madonna mit dem Schleier im Besitz des Arztes
Dr. Axel Lamm zu Stockholm. Nicht minder erwarb sich
Kemlein ein grosses Verdienst durch Restauration der
Spinnerin , eines Werkes des holländischen Meisters Dow
aus dem Besitz des Herzogs August von Gotha-Altenburg,
das 187g bei einem Brande durch den Rauch beschädigt
worden war. Ferner machte sich Kemlein durch Restau-
ration einer Anzahl Cranach'scher Gemälde aus der
Gothaer Sammlung bekannt. Er hatte sich so mit den
Bildern dieses Meisters vertraut gemacht, dass er als
Autorität in Beurteilung derselben galt. Als eine hervor-
ragende Leistung muss auch die Restauration des Altar-
bildes in der Klosterkirche zu Gotha erwähnt werden, über
welche Arbeit die Gothaische Zeitung vom 19. Juni 1879
ausführlich berichtet. Ebenso erneuerte Kemlein mit
ausserordentlicher Geschicklichkeit die Bilder der altehr-
würdigen Äbte aus der Cistercienserabtei Heinrichau bei
Münsterberg in Schlesien, die in den Besitz der verewigten
Frau Grossherzogin Sophie übergegangen war. So arbeitete
Kemlein über ein volles Menschenalter als Meister seines
Fachs in ungeschwächter geistiger und körperlicher Frische.
Als ihn zuletzt ein Augenleiden befiel, führte er eine seiner

i Töchter in sein Restaurationsverfahren ein, und wurde von
ihr bei seinen Arbeiten geschickt und erfolgreich unterstützt.
Seine Einfachheit und Bescheidenheit machten ihn allen
Freunden und Bekannten lieb und wert. Am Morgen des
11. Januar entschlief er sanft ohne Kampf, nachdem er noch
am Tage vorher wohl und munter ausgegangen war. Sein

| Name wird in Ehren bleiben. Prof. Dr. H. Meurer.

Wien. Hier starb am 14. März im Alter von 71 Jahren
der Landschaftsmaler Gottfried Seelos. Er gehörte der
älteren Wiener Schule an und wählte zu Vorwürfen mit
Vorliebe Motive aus Tirol und von der Küste Dalmatiens.
Eine grössere Zahl seiner Landschaften ist in einem Saal
des Erdgeschosses des naturhistorischen Hofmuseums ver-
einigt. *.*

WETTBEWERBE

Berlin. Bei der am 13. März stattgehabten Verteilung
der sogenannten Schinkelpreise erhielt den I. Preis (1700 M.
Reisestipendium und Schinkelmedaille) für Hochbau der
Regierungsbauführer Hans Vorbeck für seinen mit dem
Kennwort »Arktur bezeichneten Entwurf. — Für 1901
wurde auf dem Gebiet der Architektur zum Wettbewerb
bestimmt: Entwurf zu einem Prinzlichen Palais in Berlin.
Als Bauplatz sind anzunehmen die Grundstücke des Palais
des Prinzen Georg und das königliche Hausministerium,
Wilhelmstrasse 72/73. -r-

Hamburg. Das Preisausschreiben zur Gewinnung von
Entwürfen für Deckengemälde im Deutschen Schauspielhause,
hier, das am 15. September a. c. unter der Direktion von
Berger's eröffnet werden soll, hat folgendes Ergebnis ge-
habt: Der [. Preis, die Ausführung, wurde unter 45 Be-
werbern Professor Karl Marr-München zugesprochen.
Ausserdem erhielten Preise Joh. Leonhard-München, Georg
Drah-Wien und Hugo Löffler-Wien. Zum Ankauf empfoh-

\ len wurden die Entwürfe von K. Rodeck-Hamburg, Fritz
Rentsch-Dresden und Adolf Closs-Stuttgart. 00

Stuttgart. Der Verein für dekorative Kunst und Kunst-
gewerbe hierselbst erlässt ein Preisausschreiben zur Ge-
winnung eines Entwurfes (ein- oder zweifarbig) für den
Umschlag der Vereinszeitschrift (Vorder- und Rückseite)

, mit der Aufschrift »Verein für dekorative Kunst und Kunst-
gewerbe, Stuttgart, Mitteilungen, Jahrgang, Heft . Das
 
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