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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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Der VII. internationale kunsthistorische Kongress in Innsbruck
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Der VII. internationale kunsthistorische Kongress in Innsbruck

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Jan Wynants zugeschriebene Bild der Schlacht bei Nieuw-
poort sieht er nicht für eine Arbeit dieser beiden Künstler
an. v. Goyen ist mit zwei Landschaften gut vertreten.
Gcrard Don ist bei seinem kleinen flötenspielenden Jüngling
noch ziemlich breit in der Malweise. Jan Blom giebt
auf dem vorhandenen Bilde eine italienische Parkansicht,
wie er sie nach alter Überlieferung oft gemalt hat. Mehrere
der Anwesenden sprechen sich dafür aus, dass hier Villa
d'Este in Tivoli dargestellt sei. Adriaen v. d. Venne hat
vielfach grau in grau als Vorlage für den Kupferstich ge-
malt, aber auch selbständige Bilder in dieser Vortragsweise
von ihm waren beliebt, wie die beiden Innsbrucker Bilder.
Adriaen van Ostade ist durch drei Bilder mit Halbfiguren
vertreten, von denen das eine frühe noch bräunlichen Ge-
samtton hat, während die beiden anderen seiner späteren
farbigen Zeit angehören. Als kunsthistorisches Dokument
von grossem Interesse ist das kleine Bild Landschaft mit
Vieh von Paul Potter. Die Signatur mit der Jahreszahl
1644 sieht echt aus. Potter war damals erst 18 Jahre alt,
und wir haben aus dieser frühen Zeit des Künstlers nur
sehr wenige Belege. Das Bild ist noch etwas hart und
anders im Ton als die späteren. Von Jan Miense Molenaer
besitzt die Galerie ein frühes Bild, das eine Dorfschule
darstellt, und ein späteres mit einem Lautenspieler. Von
Pieter Saenredain giebt es drei Zeichnungen nach dem
Innern der St. Cunerakirche zu Rheenen, aus dem Jahre
1644, nach denen er 1655 ein in Innsbruck befindliches
Bild gemalt hat. Zwei andere Zeichnungen des Künstlers
stellen dieselbe Kirche im Äussern dar. In dem Bilde des
Joost van Craesbeeck mit zechenden und musizierenden
Bauern ist deutlich sein Lehrer Brouwer wieder zu erkennen.
Eine früher dem Jakob v. Ruisdael zugeschriebene Land-
schaft wird jetzt dem Jan van Kessel gegeben, was nach
Hofstede berechtigt ist, sofern nicht später doch noch ein
anderer Künstler darin erkannt werden kann. Von Frans
de Momper ist eins seiner besten Bilder, eine Winter-
landschaft, vorhanden. Ein Bild mit der Schlacht am
Weissen Berge wird unrichtig dein Esaias v. d. Velde zu-
geschrieben, Hofstede kennt zwei Bilder desselben Meisters
in Brüssel, kann ihn aber nicht benennen. Dem Willem
Romeyn wird in Innsbruck eine Landschaft mit Hirten zu
Recht gegeben. Ein hier fälschlich Simon v. d. Does ge-
nanntes Jugendbild desselben Künstlers hängt daneben.
Man hat dieses und ähnliche Bilder eine Zeit lang Mom-
mers genannt, bis man sie dem Romeyn als Jugendwerke
gab, in denen er seinem Lehrer Berchem noch sehr nah
bleibt.

Nach Schluss seines Vortrages berichtet Hofstede de
Groot als Referent über den Antrag Pazaurek, betreffend
Kunstarchive, wozu er vom ständigen Ausschuss bestimmt
worden war. Es wird eine Resolution angenommen, in
welcher der Kongress den Antrag empfiehlt.

Um 12 Uhr hielt der ständige Ausschuss, der sich
täglich zur Durchberatung der in den Verhandlungen an-
geregten Fragen versammelt hatte, seine letzte Sitzung ab
und bei Wiederöffnung der Kongresssitzung um zwei
Uhr teilte der Schriftführer mit, dass der ständige Aus-
schuss beschlossen habe, dem Kongress die Wahl einer
Kommission zur Durchberatung des Antrags Bredt be-
treffend ein kunstgeschichtliches Zeitschriften - Repertorium
vorzuschlagen. Die Kommission sollte bestehen aus den
anwesenden Herren: Dr. Bredt-Nürnberg, Dr. Jellinek-
Wien, Prof. Weber-Jena. Es sollen ferner mehrere Sach-
verständige des Bibliothekwesens, von denen einige be-
sonders in kunstgeschichtlicher Litteratur bewandert sind,
gebeten werden, der Kommission beizutreten und zwar
die Herren Dr. Jessen, Direktor der Bibliothek des Königl.
Kunstgewerbemuseums Berlin, Prof. Wilmanns, Chef der

königl. Bibliothek Berlin, Prof. Dziatzko, Universitäts-
Bibliothekar in Göttingen, Moes,. Subdirektor des Königl.
Kupferstichkabinetts in Amsterdam, ausserdem Prof. Brock-
haus, Direktor des kunstgeschichtlichen Instituts zu Florenz,
der einen Zettelkatalog über die kunstgeschichtliche Litteratur
des letzten Jahrzehnts in Arbeit hat. Der Kongress er-
mächtigt den ständigen Ausschuss, in diesem Sinne vor-
zugehen.

Dann folgen als Fachvorträge nur für Mitglieder des
Kongresses zwei inhaltlich verwände Vorträge von Inama
von Sternegg »Anregung bezüglich der Wichtigkeit der Heral-
dik zur Bestimmung von Kunstwerken», und von Dr. War-
burg-Hamburg >Wappen, Stammbäume und Inventare als
methodische Hilfsmittel der Kunstgeschichte«. Warburg ist
es gelungen, den Florentiner Stifter des Jüngsten Gerichtes
von Memling in Danzig nach dem Wappen seiner Gattin
zu bestimmen. Es ist Angelo Tani, der 1466 Caterina
Tanagli heiratete. Er war Kompagnon der Portinari und
der bei dem Erzengel Michael in der Schale des Gerechten
Sitzende ist wahrscheinlich Bildnis des Tommaso Portinari:
Das Bild ist von 1467 datiert. Warburg empfiehlt als
heraldisches Nachschlagebuch Comte de Renesse: Dictio-
naire des figures heraldiques. Bruxelles 1897. — Prof.
Winter-Innsbruck weist darauf hin, dass bei Palma Vcc-
chio's Bild der Siindenfall in Braunschweig der Adam so
grosse Ähnlichkeit mit Polyklet's Diadumenos oder Dory-
phoros im Gegensinne habe, dass dem Künstler ein Stich
nach einer von jenen Werken abhängigen Antike vor-
gelegen habe müsse. Die Eva entspreche dem von Praxi-
teles geschaffenen Typus der nackten Aphrodite. Bei dem
Adam in der Darstellung des Sündenfalls ist durch Palma
künstlerisch ein ähnlicher Wechsel vollzogen worden, wie
durch Polyklet bei den Gestalten der griechischen Plastik.
Bei beiden stand das Bewegungsmotiv von vornherein
fest, und ihm wurde die Handlung als etwas Neben-
sächliches untergeordnet.

In seinem Schlusswort spricht der Vorsitzende sein Be-
dauern aus, dass der Innsbrucker Kongress nicht, wie doch
alle früheren, in ausreichendem Masse von den Fachgenossen
besucht worden sei. Die kunsthistorischen Kongresse haben
bewiesen, dass sie im stände sind, bedeutende Aufgaben
zu lösen. Aus dem Kongress zu Nürnberg 1893 ist das
kunsthistorische Institut zu Florenz, das jetzt vom Deutschen
Reich subventioniert wird, hervorgegangen. Die durch den
Kongress gegründete kunsthistorische Gesellschaft für
photographische Publikationen blickt auf eine Reihe von
gelungenen Jahrgängen zurück, die ikonographische Ge-
sellschaft gewinnt an Boden. Der Innsbrucker Kongress
hat eine zeitgemässe Statutenrevision beschlossen. Erst
jetzt hat der ständige Ausschuss den Lokalausschüssen
gegenüber bei der Gestaltung des Programms für den
einzelnen Kongress die genügende Vollmacht. Es wird
nicht mehr dem Zufall anheimgegeben sein, welche Vor-
träge angemeldet werden, sondern der ständige Ausschuss
wird zielbewusst vorgehen. Immer mehr müssen die Vor-
träge zurückgeschoben werden zu Gunsten der Verhand-
lungen über allgemeine wissenschaftliche Angelegenheiten
und zu Gunsten der unmittelbar instruktiven Dinge, welche
der Ort der Versammlung bietet. Der ständige Ausschuss ver-
arbeitet ernsthaft die Anregungen, welche aus dem Plenum
gekommen sind und leitet sie an die richtige Stelle und in
die rechten Bahnen. Von dem Lokalausschuss sind die
Mitglieder des Kongresses reich mit Geschenken bedacht
worden. Drei herrliche Publikationen, »Alttirolische Kunst-
werke des 75. und 16. Jahrhunderts«, 16 Blatt in Lichtdruck,
»Die Wandgemälde in der Loggia des Löwenhofes im Castello
del buon consiglio zu Trient von Girolanw Romanino*,
9 Tafeln in Lichtdruck und Reproduktion von Hand-
 
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