Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

DOI Artikel:
Schleinitz, Otto von: Londoner Brief, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0122

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
221

Londoner Brief

222

gen Gegenstände ausgestellt wurden, die Mr. Evans in
Knossos auf Kreta entdeckt hatte, so namentlich die Funde
aus dem Palaste des Minos.

Jedenfalls ist es als ein Mangel in der Organisation
zu bezeichnen, dass keine ständige Kommission von Spe-
zialisten vorhanden ist, um sowohl zu prüfen, als auch
erste Meisterwerke zur Ausstellung von Privatpersonen
zu erlangen. Dass ein so weites Feld heute von einem
Einzelnen nicht mehr beherrscht werden kann, liegt auf
der Hand. Sobald die Schwierigkeiten bei derartigen
Schaustellungen sich nur zu sehr häufen, wie es hier der
Fall war, so wird der Einfachheit wegen der Ausweg ge-

ist der Landschafter Richard Wilson, der, obgleich er nicht
als der eigentliche Begründer der modernen englischen
Schule dieses Spezialfaches angesehen werden kann,
dennoch grossen künstlerischen Einfluss auf die jüngere
Generation ausübte, und selbst Turner vermochte sich
letzterem nicht zu entziehen. Ein erstklassiges Bild Wilson's
»Seeenscene« sandte Mr. J. A. Lewy, und wenn man dies
und die anderen ausgezeichneten Werke des genannten
Meisters aufmerksam betrachtet, so kommt man nicht von
der Frage los — die leider immer wieder jede Epoche an
die verflossene zu richten hat — »Wie war es möglich,
dass man einen solchen Maler nahezu verhungern Hess?«

Die Flügel des Paumgartner-Allars vor der Restaurierung

wählt, bereits mehrfach gesehene Bilder wieder zu zeigen
und ausserdem Anleihen bei den öffentlichen Galerien zu
machen. So hat diesmal die »Dulwich- und Diploma-
Galerie<- starke Beiträge für die Akademie geliefert. Ob-
gleich die letztere in demselben Hause wie die Akademie
untergebracht ist, so kennen doch die meisten Londoner
die Diploma-Galerie kaum, und während dies sonst zu
bedauern ist, so kann man doch in dem vorliegenden Falle
sagen »glücklicherweise«. Mr. Pierpont Morgan und Sir
Charles Tennant haben gleichfalls zahlreiche Werke aus
ihren Sammlungen dargeliehen.

Im grossen und ganzen hat die Landschaft diesmal
der Ausstellung ihre Signatur gegeben. Sehr gut vertreten

Nicht so entschieden ausgesprochen wie Turner, immerhin
war auch Wilson ein Verehrer der Sonne und Anbeter
des Lichts. Ersterer starb bekanntlich mit dem Ausspruch
auf den Lippen: »Ich glaube, die Sonne ist Gott!«

Ferner sind in »Burlington-House« gute Beispiele von
Constable, des Vaters der modernen Stimmungslandschaft,
von Crome, Aquarellbilder von P. de Wint und Werke
von Bonington ausgestellt, aber die letzteren sind zu bekannt.

Von ausländischen Landschaftern ist am zahlreichsten
und besten Cuyp vertreten, dessen Kunst ein ganzer Saal
gewidmet ist, und der noch immer ein Liebling bedeutender
englischer Sammler bleibt. Besonders hervorgehoben soll
unter den hier zur Anschauung gebotenen Gemälden
 
Annotationen