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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0197

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371

Nekrologe — Sammlungen und Ausstellungen

372

als orientalische, aber nicht gerade als glückliche Schöpfung
anerkannt. Dieser Abschnitt erfreut einzig und allein durch
das reichliche und vorzügliche Anschauungsmaterial, woran
dem Verfasser das Verdienst der geschickten Auswahl
bleibt. Im einzelnen sind noch Einwände zu erheben
gegen die Datierung der Sfuckreliefs im Baptisterium ins

12. Jahrhundert, gegen die Deutung des hl. Laurentius im
Mausoleum der Galla Placidia als Christus, gegen die
Bezeichnung des langobardischen Ornaments am Ciborium
des Eleucadius in S. Apollinare in Classe als byzantinisch
u. a. m. Dass die Gestalt des hl. Apollinaris ebenda im
Apsismosaik erst später eingesetzt ist, bleibt unerwähnt.
Solche Versehen, vor allem aber die irrige Beurteilung
der Entwickelung der Ravennatischen Kunst, hätte der
Verfasser wohl vermieden, wenn er die Arbeiten der
Byzantinisten, wie Strzygowski, Dobbert und Diehl ge-
nügend berücksichtigt hätte. Nur durch die enge Verbin-
dung mit dem Osten, nicht durch eigne oder römische
Kräfte hat die Völkerwanderungszeit dort eine »Kunststätte«
geschaffen, deren wahre Bedeutung gerade darin liegt,
dass sie uns für den nahezu völligen Verlust der altbyzan-
tinischen Monumentalmalerei und Marmorplastik Ersatz
bietet. Dass die Aufgabe nicht in diesem Sinne erfüllt worden,
ist zu bedauern, dem Verfasser als Nichtfachmann aber ein
Vorwurf kaum daraus zu machen, so lange sich sogar noch
viele Kunsthistoriker einer solchen Erkenntnis verschliessen.
Sichtlich erleichtert wendet er sich dem Mittelalter zu und
schildert die Stellungnahme Ravennas auf Seiten des Kaiser-
tums im Kampfe gegen das die Oberhoheit über die Stadt
beanspruchende und immer wieder behauptende Papsttum.
Ob sich daneben eine regere Kunstthätigkeit entfaltete, darf
man bezweifeln. Man war im zusammengeschrumpften Ra-
venna mit Kirchen gut versorgt. Das Erwachen einer neuen
Kunst im Trecento war für die Stadt nur ein kurzer Traum
während des glücklichen Jahrzehnts, das Guido Polenta II.,
der beste dieser Ravenna bis ins 15. Jahrhundert be-
herrschenden Dynastie, heraufführte und das durch Dante's
Aufenthalt daselbst, in den die Entstehung der Divina
Comedia fällt, seine Bedeutung gewinnt. Giotto's
Schaffen, von dem die völlig übermalten Fresken in
S. Giovanni Evangelista nur eine blasse Erinnerung be-
wahren, hatte immerhin eine nicht uninteressante Nach-
wirkung in den Malereien eines seiner Schüler in S.
Maria in porto fuori, die der Verfasser wohl etwas ein-
gehender hätte behandeln können. Die Darstellung der
inneren Kämpfe während der eigentlichen Renaissance, in
denen das gewaltthätige Geschlecht der Rasponi die Stadt
nicht zur Ruhe kommen Hess, war eine undankbare Auf-
gabe. Der Verfasser hat sich ihrer durch das Hervor-
tretenlassen der bedeutsameren Wendungen gut entledigt.
Seine Urteile über die wenigen Denkmäler und Künstler
dieser und der nachfolgenden Periode des Barock kann
man fast alle unterschreiben (auch den Zweifel an der
Urheberschaft des Pietro Lombardi am Grabmal Guidarelli).
Er führt in lebendigem geschichtlichen Überblick die Ent-
wickelung der Stadt bis zur modernen Zeit herab, o.w.

NEKROLOGE
Der Bildhauer Professor Syrius Eberle, Mitglied
der Münchner Akademie der bildenden Künste, ist am

13. April in Bozen gestorben.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Die Organisation der deutschen Kunstabteilung
auf der Weltausstellung in St. Louis 1904. Zu dem

Berichte in der letzten Nummer ist noch zu bemerken,
dass die Dresdner Künstlerschaft die Ausschmückung der
deutschen Kunstabteilung in St. Louis für sich in Anspruch

nimmt. Sie hat ein gutes Recht dazu, nachdem die Berliner
und die Münchner in Chicago und Paris ihr Können ge-
zeigt haben und nachdem die Dresdner durch ihre epoche-
machenden Ausstellungen 1897, 189g und 1901 ihr Können
in der Ausstellungskunst gezeigt haben. Wir nennen nur
die Künstlernamen Wallot (1897), Julius Gräbner (1899),
Wilhelm Kreis (1901), Fritz Schumacher (1903) und dazu
Otto Gussmann, Karl Gross und Max Hans Kühne. Man
sagt, Olbrich sei schon für die Ausschmückung der deutschen
Kunstabteilung in St. Louis in Aussicht genommen. Das
würde eine grosse Ungerechtigkeit sein, da er ohnehin
durch eine ganze Reihe von Innenräumen vertreten sein
wird, die Beteiligung der Dresdner Künstler aber noch
durchaus zweifelhaft ist. m

Die Pläne für das deutsche Haus in St. Louis sind
vom Kaiser nunmehr genehmigt worden. Auf kaiserlichen
Wunsch ist eine ziemlich getreue Nachahmung des Char-
lottenburger Schlosses zu Grunde gelegt worden.

Venedig. V. Internationale Kunstausstellung. Die
Jury hat ihr hartes Wort gesprochen. Von den Nichtein-
geladenen eingeschickt wurden 963 Werke: 628 Gemälde,
131 Skulpturwerke, 139 Radierungen und Zeichnungen,
67 Kleinreliefs. — Von all dieser Masse wurden 85 Pro-
zent zurückgewiesen. Danach nur angenommen 140 Kunst-
werke, das heisst 91 Gemälde, 23 plastische Arbeiten,
17 Radierungen und Zeichnungen, 9 Kleinreliefs. — Unter
den Zurückgewiesenen sind einige unserer hiesigen her-
vorragendsten Künstler. Allüberall natürlich grösste Auf-
regung, besonders in Florenz. — Aus dem Venetianischen
Gebiete und Venedig selbst figurieren in der Ausstellung nur
16 Künstler, sofern sie nicht dem Ausschusse angehören.

Die Jury war zusammengesetzt aus den Herren Baert-
son, Maler; Calandra, Bildhauer; Trentacoste, Bildhauer;
den Malern Sartorio und Cottet.

Noch selten dürfte es vorgekommen sein, dass eine
Jury so streng gewaltet hat. — Die Zurückgewiesenen
sind nun ganz besonders begierig, die als Wunderwerke
gepriesenen Arbeiten der Herren Eingeladenen zu sehen,
unter denen jedesmal eine ganze Menge des fraglichsten
mit unterläuft. — Gleichzeitig mit der Eröffnung der Aus-
stellung am 25. April soll der erste Stein des Markus-
glockenturms feierlich gelegt werden. August Wolf.

Die moderne Galerie in Wien. Die immer dring-
licher gewordene Frage der Einrichtung einer modernen
Galerie aus den vom Staate längst angekauften oder von
hochherzigen Kunstfreunden gestifteten modernenGemälden
hat nun endlich eine vorläufige Lösung gefunden. Im
Belvederegebäude, wo sich die Ambraser Sammlung
befand, ist nunmehr der Grundstock zur modernen Galerie
in acht Sälen vereinigt, um nach Fertigstellung des
städtischen Museums in circa drei Jahren dorthin übergeführt
zu werden. Auch das dürfte natürlich nur eine weitere
Etappe im provisorischen Zustande der Galerie sein, da sie
nur in einem eigenen Gebäude, was viele wünschen, zur syste-
matischen Entfaltung und selbständigen Geltung kommen
kann. In den gegenwärtig eingeräumten Sälen besteht
zwischen der pomphaften, im Pozzostile gehaltenen Barock-
ausstattung und den modernen Gemälden ein scharfer
Kontrast, der aber von vielen pikant und reizvoll empfunden
wird. Klinger selbst, der die Aufstellung seiner beiden
Gemälde leitete, soll sich befriedigt über die lokalen Um-
stände ausgesprochen haben. Die Höhepunkte der jetzigen
Sammlung sind Segantini's »Böse Mütter«, Böcklin's
»Meeresidylle« und Klinger's »Urteil des Paris« und
»Christus im Olymp«. Diesen beiden Gemälden ist je ein
Saal eingeräumt worden. Über die genannten Hauptstücke
und andere, z. B. die »Fünf Sinne« von Makart, haben
wir unlängst Notizen gebracht und verweisen auf diese.
 
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