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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0228

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433

Bücherschau

434

Verfasser liebt die Renaissance, sie ist ihm ein Stück, ja
wohl der Hauptinhalt seines Lebens. Seine Bücher über
griechische, etruskische, römische Architektur erscheinen
nun, nachdem dieses Werk erschienen, gewissermassen nur
als notwendige Vorbereitungen zur Behandlung des Haupt-
werkes, das er jetzt seinen Freunden vorgelegt hat. Eine
grosse Menge selbständiger Aufzeichnungen giebt ihm
neben der gewaltigen Litteratur die Unterlage für seine
Stoffbehandlung. Mit Dank wird gerade der Kenner der
vielen Bücher über das behandelte Thema anerkennen, von
einer wie grossen Anzahl von Bauwerken wir hier zuerst
zeichnerisch zuverlässige Kunde erhalten. Es ist eben ein-
mal ein das ganze Gebiet genau kennender Architekt, der
den Stoff sichtete und die Lücken planmässig füllte. Der
Text beruht hinsichtlich der Anordnung und des geistigen
Gehaltes auf Jakob Burckhardt und zwar vielleicht mehr,
als erwünscht sein wird. So hoch auch der Meister des
Cicerone steht, so ist doch eine Fortentwickelung seiner
Ansichten möglich. Die Stellung beispielsweise des Palast-
baues der Frührenaissance zu dem der Gotik, das Wertver-
hältnis der Hochrenaissance zum Barock und manches
andere verdienten eine genaue Durchsicht. Dürrn ist den
späteren Renaissancestilen gegenüber sogar ablehnender
als Burckhardt. Will er doch beispielsweise Bernini eine
künstlerische Absicht bei den perspektivisch sich verjüngen-
den Anlagen von St. Peter absprechen! Den Kunsthistoriker
wird es interessieren, dass Dürrn die Cancelleria noch dem
Bramante zuschreibt und sie »das hohe Lied der Renais-
sance« nennt. Es ist das wohl der springende Punkt
zur Charakterisierung von dessen Stilauffassung. Andere
sind der Ansicht, dass die Trockenheit und Kühle der Schau-
seite des berühmten Palastes eben ein Zeichen dafür sind,
dass man ihn schwerlich dem eben aus der Lombardei, aus
einem eigenartig gestaltenreichen Schaffen kommenden
Meister zurechnen darf! Dürrn ist eben als Beurteiler der
Renaissance Klassizist. Das ist sein gutes Recht. Andere
sind es aber nicht und auch sie sind darum nicht zu unter-
schätzen. Dürrn behagt ein Bau — wie Burckhardt — um
so mehr, je stärker er antiken Geistes ist; die anderen
schätzen den eigenen Geist jeder Zeit höher, als die Ent-
lehnung, -t-

G. Ungewitter, Lehrbuch der gotischen Konstruktion.
4. Auflage, neu bearbeitet von K. Mohrmann, Prof.
an der Königl. Technischen Hochschule zu Hannover.
Leipzig, Ch. H. Tauchnitz, 2 Bände. XIV und 690 Seiten,
1507 Abb. Broschiert M. 27. — , gebunden M. 32.—.

Der alte »Ungewitter« erschien 1858 als eines der
ersten Bücher, die eine klare sachliche Darstellung der
Gotik brachten. Zum zweitenmal hat nun Mohrmann die
Überarbeitung dieses Buches übernommen, so dass nun
Ungewitter's Name am Kopfe des Buches nur noch
wie eine Höflichkeit gegen den trefflichen Führer in die
mittelalterliche Kunst erscheint; selbst wenn man die Pietät
anerkennt, mit der das Urwerk behandelt wurde. Die
wiederholten Ergänzungen, Einfügungen, die starke Ver-
mehrung des Abbildungsmaterials lassen die neue Auflage
des Buches thatsächlich mehr als ein Werk Mohrmann's
als Ungewitter's erscheinen. Man könnte es in gewissem
Sinne ein Lehrbuch der deutschen Gotik nennen. Wenigstens
ging die Ungewitter'sche Lehre fast ausschliesslich von der
deutschen Gotik und zwar von der damals »gute Gotik«
genannten des endenden 13. und 14. Jahrhunderts aus.
Aber Mohrmann musste der künstlerischen Überlegenheit
Frankreichs in den Frühzditen der Gotik sowie den Werken
Viollet-le-Duc's Rechnung zollen, so dass jetzt wohl die Hälfte
aller Beispiele im Buche französischen Ursprunges ist.
Ganz fehlen England und Italien. Man sieht daraus, dass

Mohrmann nicht eine nach Vollständigkeit strebende ge-
schichtliche Abhandlung, sondern seinem Programme ge-
mäss für den ausführenden deutschen Architekten ein
Handbuch liefern wollte, aus dem zu ersehen ist, wie das
Mittelalter die grossen Hauptaufgaben, aber auch wie es
jede konstruktive Einzelheit gelöst hat. Die bei aller be-
geisterten Wärme klare, ebenso einfache als sachliche
Sprache des Buches macht es dem Praktiker besonders
wertvoll, wie denn auch eine Fülle praktischer Beobach-
tungen zur Darstellung gebracht werden. -t-

Weber's Lehr- und Handbuch der Weltgeschichte.

XXI. Auflage, Verlag von W. Engelrnann, Leipzig 1902.

Wenn wir von diesem jetzt in 21. Auflage erscheinen-
den, im besten Sinne populären Geschichtswerke hier Notiz
nehmen, so geschieht es wegen der kunstgeschichtlichen
Beiträge aus der Feder des Professors Dr. Ernst Lehmann.
Sie setzen in dem zuletzt erschienenen 2. Bande ein und
umfassen die Hauptereignisse und Erscheinungen von der
altchristlichen Kunst bis zum Ende der Gotik. Was diesem
Abrisse einen besonderen Wert giebt, ist die feinsinnige
Auswahl aller wirklich bedeutsamen Erscheinungen, und
die wundervolle Knappheit, Klarheit und Schärfe im Aus-
druck und allen Definitionen. Wer in der Praxis kunst-
geschichtlichen Unterrichts erfahren hat, wie schwer es ist,
die Kunstentwickelung irgend einer Periode in allen ihren
markanten Erscheinungen und Trägern kurz und schlagend
zu charakterisieren und nebenbei alle notwendigen Defi-
nitionen und Erklärungen zu geben, ohne in eine trockene,
lehrhafte und abgerissene Diktion zu verfallen, der wird
die Lehmann'sche »Präzisionsarbeit« zu schätzen wissen.
Wenn die nächsten 2 Bände diesen Abriss vollendet dar-
bieten, werden wir damit eine neue Einführung in die
Kunstgeschichte haben, die sich in den Rahmen des ganzen
grossangelegten Werkes vortrefflich einfügt und ihm durch
seine Klarheit und Gediegenheit zur Ehre gereicht, f. b.

Der neue Katalog der Stuttgarter Galerie. Mit
wahrer Freude wird jeder Kunstfreund den vor kurzem im
Verlag von W. Spemann erschienenen neuen Katalog der
Königlich Württembergischen Staatsgalerie, oder wie der
Titel bescheiden sich ausdrückt: Das Verzeichnis der
Gemäldesammlung im Königlichen Museum der bildenden
Künste in Stuttgart, begrüssen. Wie schon früher erwähnt,
ist im Laufe des vorigen Sommers der ganze Gemälde-
schatz der Sammlung durchweg neu geordnet und in teil-
weise verbesserten Lokalitäten neu aufgestellt worden.
Als Abschluss dieser Arbeit erscheint jetzt der Katalog,
welcher von dem dermaligen Inspektor der Sammlung Herrn
Professor Dr. von Lange mit grossem Fleiss und sicht-
lichem Interesse für die Sache bearbeitet worden ist.
Damit ist unsere Galerie endlich in die Reihe derjenigen
Sammlungen eingetreten, welche sich eines wissenschaft-
lichen Führers erfreuen und für kunstwissenschaftliche
Studien erschlossen sind.

In einer 56 Seiten starken Einleitung giebt der Ver-
fasser eine Geschichte der Sammlung, die zurückreicht bis
in die allerersten Anfänge herzoglich württembergischen
Gemäldebesitzes zu Anfang des 17. Jahrhunderts. An der
Hand der alten Inventare konnte manches Stück zwei Jahr-
hunderte zurück verfolgt werden, und es ist hochinteressant,
den Verfasser auf seinen archivalischen Forschungen zu
begleiten. Schon im Jahre 1650 errichtete Eberhard III.
eine Pinakothek im neuen Lusthaus und 1724 finden sich
nahezu 1000 Bilder in der Ludwigsburger Galerie, die von
den folgenden Herzogen stets vermehrt wurde und über
welche ein besonderer »Directeur de galerie« gesetzt war.
Zur Zeit des Herzogs Karl Eugen's und seiner Nachfolger
bekleideten diese Stelle: der Kammermaler Grooth, dann
 
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