KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER:
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION
ALFRED KUHN
NR. 26/27 30. MÄRZ/6. APRIL 1923
Einfendungsltelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
Berlin-Friedenau,Fregeltr. 26, Tel.: Rheingau 170 - Für Ölt erreich: Wien er Redaktion, Prof.
Dr. H. Tie tze, Wien XIX, Armbruitergaffe 20* Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans
Rupe, München, Widenmayerltr. 39III • Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalltr. Ha_
DIE VAL O RI PLAS TI CI
UND DER FASCISMUS
VON CONSTANTIN I, DAVID
VOR zwei Jahren zeigte Julti im Kronprinzenpalais die Werke
italienilchen Gruppe »valori plastici«. Weldie kulturpolitifche Bedeutung
diefe befaß, wird heute klar, nachdem der Fascismus den völligen Umlchwung
auf der apenninifchen Halbinfel gebracht hat.
Das gegenwärtige Italien wird von einer Itarken künltlerifchen Tradition
getragen, die eins ilt mit dem Begriff der architektonifchen Kultur diefes Lan*
des. In und aus diefer haben fich die Künlte dort entwickelt. Für das Volk
ilt das große künltlerifche Erbe der Ausdruck und die Stärke jener Macht*
habet, unter deren Schutz der Name Italiens Klang erhalten und die Künlte
zu der Höhe der Renailfance gelangen konnten. Die Kunlt bildete die Mög*
lichkeit für den regierenden Fürlten, feiner Macht auch äußerlich das Gepräge
zu geben. Gewaltige Bauwerke find die fichtbaren Zeugen ihrer Erbauer.
Von der künltlerifchen Höhe und Schönheit der Bauwerke fchließt der Italiener
auch auf die politifche Größe und Macht feiner Vorfahren.
Es ilt um fo bemerkenswerter, daß gerade ein Italiener, E. E. Marinetti,
der Gründer des Futurismus fein konnte, der Kunlt, die den völligen Bruch
mit der Tradition bedeutet, auf Befreiung vom Übernommenen hinzielt und
die Revolution der Kunlt hervorgerufen hat. Diefe geiltige Auflehnung gegen
die Tradition hat der Futurismus dem Sozialismus entnommen, der den Ge*
danken der Weltverbeflerung in fich birgt, nationale Grenzen überfchreitet
und die Internationale des Geiltes und der Arbeit fordert. Der Sozialismus
aber hat in Italien Schiffbruch erlitten. Der Fascismus hat ihn hinweggefegt.
Und das gelang dem Fascismus nur durch die Idee der Regeneration des
nationalen Gedankens, der alten Tradition.
Diefe Idee der nationalen Wiedergeburt aber ilt in Italien zum erlten
Male bei einer Reihe von Künltlern aufgetaucht, die die »valori plastici«
gründeten. Der Name ihrer Gruppe deutet denn auch den Charakter ihrer
Beltrebungen an.
HERAUSGEBER:
CURT GLASER • GUSTAV KIRSTEIN • HANS TIETZE
VERANTWORTLICHE REDAKTION
ALFRED KUHN
NR. 26/27 30. MÄRZ/6. APRIL 1923
Einfendungsltelle für alle Manufkripte, außer Österreich und München: Dr. Alfred Kuhn,
Berlin-Friedenau,Fregeltr. 26, Tel.: Rheingau 170 - Für Ölt erreich: Wien er Redaktion, Prof.
Dr. H. Tie tze, Wien XIX, Armbruitergaffe 20* Für München: Münchener Redaktion, Dr. Hans
Rupe, München, Widenmayerltr. 39III • Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalltr. Ha_
DIE VAL O RI PLAS TI CI
UND DER FASCISMUS
VON CONSTANTIN I, DAVID
VOR zwei Jahren zeigte Julti im Kronprinzenpalais die Werke
italienilchen Gruppe »valori plastici«. Weldie kulturpolitifche Bedeutung
diefe befaß, wird heute klar, nachdem der Fascismus den völligen Umlchwung
auf der apenninifchen Halbinfel gebracht hat.
Das gegenwärtige Italien wird von einer Itarken künltlerifchen Tradition
getragen, die eins ilt mit dem Begriff der architektonifchen Kultur diefes Lan*
des. In und aus diefer haben fich die Künlte dort entwickelt. Für das Volk
ilt das große künltlerifche Erbe der Ausdruck und die Stärke jener Macht*
habet, unter deren Schutz der Name Italiens Klang erhalten und die Künlte
zu der Höhe der Renailfance gelangen konnten. Die Kunlt bildete die Mög*
lichkeit für den regierenden Fürlten, feiner Macht auch äußerlich das Gepräge
zu geben. Gewaltige Bauwerke find die fichtbaren Zeugen ihrer Erbauer.
Von der künltlerifchen Höhe und Schönheit der Bauwerke fchließt der Italiener
auch auf die politifche Größe und Macht feiner Vorfahren.
Es ilt um fo bemerkenswerter, daß gerade ein Italiener, E. E. Marinetti,
der Gründer des Futurismus fein konnte, der Kunlt, die den völligen Bruch
mit der Tradition bedeutet, auf Befreiung vom Übernommenen hinzielt und
die Revolution der Kunlt hervorgerufen hat. Diefe geiltige Auflehnung gegen
die Tradition hat der Futurismus dem Sozialismus entnommen, der den Ge*
danken der Weltverbeflerung in fich birgt, nationale Grenzen überfchreitet
und die Internationale des Geiltes und der Arbeit fordert. Der Sozialismus
aber hat in Italien Schiffbruch erlitten. Der Fascismus hat ihn hinweggefegt.
Und das gelang dem Fascismus nur durch die Idee der Regeneration des
nationalen Gedankens, der alten Tradition.
Diefe Idee der nationalen Wiedergeburt aber ilt in Italien zum erlten
Male bei einer Reihe von Künltlern aufgetaucht, die die »valori plastici«
gründeten. Der Name ihrer Gruppe deutet denn auch den Charakter ihrer
Beltrebungen an.