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Corinth als Graphiker — Literatur
feinem Schaffen voranfetzen. Der Menfcft in feinem Urzultand, von Kain,
dem Brudermörder, und den Geltalten des Paradiefes bis zum Porträt be-
kannter Perfönlidikeiten unferer Tage, die männliche Kraft des Helden und
die gefdhmeidige Zartheit weiblicher Schönheit, der Reigen der Kinder und
das Tummeln der Tiere, das geheimnisvolle Walten der Natur am Strande
des Meeres, am abgefchiedenen Feldrain und in der gewaltigen Gebirgsland-
fdhaft, das Branden des Großftadtlebens und die Lyrik des duftigen Blumen-
Itraußes — all diefe Themen kehren auch in feinen graphifchen Blättern wieder
und zeigen den kraftvollen Meifter, deffen Selbftbildnis wir oftmals in den
verfdhiedenlten Auffaffungen fchonungslofefter Selbftkritik wiederfinden, auch
als feinen Lyriker und zartfühlenden Beobachter, deffen liebevolles, lebens-
trunkenes Auge alles mit gleicher Freude erfaßt, und dem nichts groß oder
klein, fondern alles von gleicher Bedeutung erfcheint, was Gott hat werden
laffen und wozu ihm die Kraft feiner künftlerifchen Sprache ausreicht.
LITERATUR
Jofef Weingartner, Die Kunftdenk-
mäfer Südtirols. I. Band: Oberes
Eifacktal, Puftertal, Ladinien. II. Band:
Das mittlere und untere Eifacktal. Öfter-
reichifche Verlagsgefellfchaft Ed. Holzel
'S) Co., Wien 1923.
Zwei Bände eines auf vier Bände be»
rechneten Inventars der Kunftdenkmäler
Deutfch-Südtirols liegen in handlicher Form
und vortrefflicher Ausfiattung vor. Der
Verfaffer, lange als Denkmalpfleger und
geifflicher Lehrer feiner engeren Heimat
verbunden, jetzt Propit von Innsbruck,
nimmt, mit diefem Buche Abfchied von
feiner denkmalpflegerifchen Betätigung und
von dem geliebten Lande jenfeits des Bren-
ners. Trotz der knappen regiftermäßigen
Anlage merkt man wohl, daß es ein er-
lebtes Buch iftt nicht Stubenweisheit, fon-
dern Erwandertes und Gefchautes wird
hier geboten. Es ift ein Werk über ein
Stück deutfchen Landes, wie es nicht mehr
gefchrieben werden wird und werden kann
und wofür wir dem Verfaffer herzlichen
Dank fchulden.
Er hat für fein Inventar eine Mittel-
form zwilchen der Gedrängtheit des Dehio-
fchen Kunffhandbuches und zwifchen der
Ausführlichkeit der üblichen Denkmäler-
verzeichniffe, namentlich der öfferreichilchen
Kunfitopographie gewählt. In erfter Linie
ift an den Gebrauch vor den Objekten
felbft gedacht, durch deren Analyfe und
Erläuterung dem Befchauer weiter gehol-
fen werden folldaneben wird aber auch
durch gute Regifter, eine Anzahl anftän-
diger Abbildungen und befonders durch
eine einleitende vortreffliche Überficht über
den behandelten Denkmälerbeßand dem
fernen Benützer gedient. Die Überficht be-
handelt in großen Kapiteln die Kunftent-
Wicklung Südtirols/ in allgemein verftänd-
lieber Form und durchaus an Hand der
im Haupttext befchriebenen Denkmäler
wird ein einheitliches und zufammenhängen-
des Bild von der Befonderheit der Kunft
diefes Grenzlandes gewonnen, die aus der
natürlichen Begabung des Stammes und
aus den wetteifernden Einflüßen des Nor-
dens und des Südens ihre eigene Farbe
gewinnt. Befonders ausführlich ift die pro-
fane Baukunft des Mittelalters behandelt
und dem Burgenbau, diefem Stiefkind der
Architekturgefehichte, hier und in den be»
fchreibenden Teilen gründlichfte Beachtung
gefchenkt/ die fpezielle Vorliebe des Ver-
faflers für diefes arg vernachläffigte Ge-
biet hat feine »Überficht« um eine kleine
Monographie bereichert, die zu dem Beften
gehört, was über diefe Dinge gefchrieben
worden ift. — Das Buch wird wohl für
lange die Grundlage für unfere Kenntnis
der füdtiroler Kunftgefchichte bleiben,- wenn
dereinft wieder Tage kommen, in denen
Corinth als Graphiker — Literatur
feinem Schaffen voranfetzen. Der Menfcft in feinem Urzultand, von Kain,
dem Brudermörder, und den Geltalten des Paradiefes bis zum Porträt be-
kannter Perfönlidikeiten unferer Tage, die männliche Kraft des Helden und
die gefdhmeidige Zartheit weiblicher Schönheit, der Reigen der Kinder und
das Tummeln der Tiere, das geheimnisvolle Walten der Natur am Strande
des Meeres, am abgefchiedenen Feldrain und in der gewaltigen Gebirgsland-
fdhaft, das Branden des Großftadtlebens und die Lyrik des duftigen Blumen-
Itraußes — all diefe Themen kehren auch in feinen graphifchen Blättern wieder
und zeigen den kraftvollen Meifter, deffen Selbftbildnis wir oftmals in den
verfdhiedenlten Auffaffungen fchonungslofefter Selbftkritik wiederfinden, auch
als feinen Lyriker und zartfühlenden Beobachter, deffen liebevolles, lebens-
trunkenes Auge alles mit gleicher Freude erfaßt, und dem nichts groß oder
klein, fondern alles von gleicher Bedeutung erfcheint, was Gott hat werden
laffen und wozu ihm die Kraft feiner künftlerifchen Sprache ausreicht.
LITERATUR
Jofef Weingartner, Die Kunftdenk-
mäfer Südtirols. I. Band: Oberes
Eifacktal, Puftertal, Ladinien. II. Band:
Das mittlere und untere Eifacktal. Öfter-
reichifche Verlagsgefellfchaft Ed. Holzel
'S) Co., Wien 1923.
Zwei Bände eines auf vier Bände be»
rechneten Inventars der Kunftdenkmäler
Deutfch-Südtirols liegen in handlicher Form
und vortrefflicher Ausfiattung vor. Der
Verfaffer, lange als Denkmalpfleger und
geifflicher Lehrer feiner engeren Heimat
verbunden, jetzt Propit von Innsbruck,
nimmt, mit diefem Buche Abfchied von
feiner denkmalpflegerifchen Betätigung und
von dem geliebten Lande jenfeits des Bren-
ners. Trotz der knappen regiftermäßigen
Anlage merkt man wohl, daß es ein er-
lebtes Buch iftt nicht Stubenweisheit, fon-
dern Erwandertes und Gefchautes wird
hier geboten. Es ift ein Werk über ein
Stück deutfchen Landes, wie es nicht mehr
gefchrieben werden wird und werden kann
und wofür wir dem Verfaffer herzlichen
Dank fchulden.
Er hat für fein Inventar eine Mittel-
form zwilchen der Gedrängtheit des Dehio-
fchen Kunffhandbuches und zwifchen der
Ausführlichkeit der üblichen Denkmäler-
verzeichniffe, namentlich der öfferreichilchen
Kunfitopographie gewählt. In erfter Linie
ift an den Gebrauch vor den Objekten
felbft gedacht, durch deren Analyfe und
Erläuterung dem Befchauer weiter gehol-
fen werden folldaneben wird aber auch
durch gute Regifter, eine Anzahl anftän-
diger Abbildungen und befonders durch
eine einleitende vortreffliche Überficht über
den behandelten Denkmälerbeßand dem
fernen Benützer gedient. Die Überficht be-
handelt in großen Kapiteln die Kunftent-
Wicklung Südtirols/ in allgemein verftänd-
lieber Form und durchaus an Hand der
im Haupttext befchriebenen Denkmäler
wird ein einheitliches und zufammenhängen-
des Bild von der Befonderheit der Kunft
diefes Grenzlandes gewonnen, die aus der
natürlichen Begabung des Stammes und
aus den wetteifernden Einflüßen des Nor-
dens und des Südens ihre eigene Farbe
gewinnt. Befonders ausführlich ift die pro-
fane Baukunft des Mittelalters behandelt
und dem Burgenbau, diefem Stiefkind der
Architekturgefehichte, hier und in den be»
fchreibenden Teilen gründlichfte Beachtung
gefchenkt/ die fpezielle Vorliebe des Ver-
faflers für diefes arg vernachläffigte Ge-
biet hat feine »Überficht« um eine kleine
Monographie bereichert, die zu dem Beften
gehört, was über diefe Dinge gefchrieben
worden ift. — Das Buch wird wohl für
lange die Grundlage für unfere Kenntnis
der füdtiroler Kunftgefchichte bleiben,- wenn
dereinft wieder Tage kommen, in denen