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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1923 (April-Septembert)

DOI issue:
Nr. 37/38
DOI article:
Kuhn, Alfred: Was leistet die staatliche preussische Porzellanmanufaktur?
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.39788#0171

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KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
VERANTWORTLICHE REDAKTION
ALFRED KUHN
NR. 37/38 15./22. JUNI 1923

Ein fendungsftelle für all e Manufkripte, außer Österreich und München: Dr.Alfred Kuhn,
Berlin-Friedenau,Fregeftr. 26, Tel.: Rheingau 170 - FürÖIterreich:Wiener Redaktion,Prof.
Dr. H. Tietze,WienXIX, ArmbruItergaffe20‘FürMünchen:Mün<henerRedaktion, Dr. Hans
Rupe, München, Widenmayerltr. 39III • Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hofpitalltr. 11a

WAS LEISTET DIE STAATLICHE PREUSSISCHE
PORZELLANMANUFAKTLIR?
PREUSSEN befitzt in feiner Porzellanmanufaktur eine Anftalt von be-
deutender Vergangenheit. Aus den Zeiten Friedrichs des Großen her
datiert ihr Ruhm, insbefondere für ihre Service. Aber es find damals auch
fchon wefentliche Figurengruppen gefchaffen worden, fo von der Hand der
Modellmeifter Friedrich Elias Meyer, Wilhelm Chriftian Meyer, Johann Georg
Müller und fpäter nach deren Tode von den Klaffiziften Hans Chriftian Genelli,
Gottfried Schadow und Riefe, die fich ganz wohl mit den Produkten der
anderen großen fürftlichen Manufakturen vergleichen lalfen. Diefe Vergangen^
heit und die Tatfache, ein Staatsinftitut zu fein, fchafft Verpflichtungen. Der
Vergleich zwifchen früheren Produkten und jetzigen liegt nahe, nahe liegt auch
die Frage: Ift die Staatliche Porzellanmanufaktur noch heute vorbildlich für
die Privatinduftrie, ift fie noch heute gefchmaddich führend und gefchmacks-
bildend? Denn dies find Forderungen, die an ein ftaatlidhes Kunftinftitut ge^
ftellt werden muffen, nicht nur die feiner Rentabilität. Solche ift nur dann
garantiert, wenn in der Produktion ein dauernder künftlerifcher wie technifcher
Fortlchritt vorhanden ift. Läßt es Pich ein Inftitut damit genügen, dem Ge-
fchmack des Tagespublikums einfach gerecht zu werden, fo muß es in abfeh-
barer Zeit ins Hintertreffen kommen, denn felbft ein fchlechter Gefchmadc bleibt
nicht dauernd ftehen, fondern, indem er fich an Befferem, das ihm da und
dort geboten wird, unbewußt bildet, (teilt er automatifch dauernd höhere
Forderungen.
Ein Gang durch den Ausftellungsraum der Berliner Porzellanmanufaktur
belehrt darüber, daß die Höhe der ehemaligen Zeit in keiner Weife mehr
vorhanden ift. Dies drüdct fich nach mehreren Richtungen aus. Erftens findet
eine methodifche Pflege der fchönen alten Modelle des 18. Jahrhunderts nur
in fehr geringem Maße ftatt. Die z. T. hervorragenden Modelle der klaffi-
ziftifchen Zeit find völlig von der Bildfläche verfchwunden und - was viel-
leicht nicht das geringfte ift — eine gefunde Weiterentwicklung in den Stil
unferer Tage hat fo gut wie gar nicht ftattgefunden. Was wir fehen, find
teils ftümperhaft, teils barbarifch bemalte Teller mit kitfchigen Anfichten im
 
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