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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1923 (April-Septembert)

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Nr. 39/40
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Mackowsky, Hans: Friedrichs des Grossen Kunstpflege
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39788#0200

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698

Friedrichs des Großen Kunftpflege — Literatur

die Gebrüder Jordan, Baudeflon und in fpäteren Jahren die Familie Reclam,
wenn fie auch, wie ihre Namen beweifen, franzöfifcher Herkunft waren, find
in ihren Schöpfungen jedes franzöfifchen Einflußes frei und ledig und erweifen
mit ihnen aufs neue, wie ftark, auch im nationalen Sinne, die Kunftpflege
Friedrichs des Großen gewirkt hat.
Angefichts diefer weit ausgreifenden Kunftpflege erhebt fich fchließlich die
Frage: war Friedrich felbft eine Künftlernatur oder hat er fich, wie einige
feiner Nachfahren, in folch fchmeichelhaftem Wahn gewiegt? Gewiß nicht, fo
weit es die bildenden Künfte betrifft. »J'ai aime des mon enfance«, fchreibt
er 1770 an Grimm, »les arts, les lettres et les Sciences, et lorsque je puis
contribuer ä les propager, je m'y porte avec toute Tardeur dont je suis
capable, parce que, dans ce monde, il ny a pas de vrai bonheur sans eux.«
Aber Philofophie, Dichtkunft und Mufik ftanden feinem Herzen näher als die
bildenden Künfte. In jenen verehrte er den menfchlichen Geilt, in diefen an-
erkannte er nur die Gelchicklichkeit der Hand. Sein Verhältnis zur bildenden
Kunft war das der großen Herren feiner Zeit, die den Ehrennamen der
dilettanti mit einem gewilTen Stolz trugen. Er war ein Rokoko-Cortigiano,
der ebenfo gewandt eine Ode dichtet, ein Flötenkonzert komponiert, wie er
den Grundriß eines Schlofles zeichnet oder Gemälde und Skulpturen fammelt.
Die Kunft war ihm Erholung von dem harten Muß des Berufs, ein Schmuck
des Lebens, ein Spiel des Geiftes, kein Drang innerer Selbftoffenbarung. »Er
weift,« fchreibt Seidel, »der Kunft ungefähr die Aufgabe zu, die wir heute
für das fogenannte Kunftgewerbe, die angewandte Kunft, in Anfpruch nehmen.
Diefe hat er fein ganzes Leben hindurch auch über feine perfönlichen Be-
dürfnifle hinaus zu fördern gefudht.« Aber die Kraft feines Willens, die Macht
feiner Perfönlichkeit, Freiheit und Gebundenheit feines Charakters offenbart
er wie in allen feinen Handlungen fo auch, wenn er feinem Geilt das ent-
fpannende Spiel mit der Kunft geftattet.

LITERATUR
Augult L.Mayer, Jusepe de Ribera.
2. Auflage. Hierfemann, Leipzig 1923.
Diefe Erftlingsarbeit des auf dem Ge-
biete der fpanifchen Kunltgefchichte fo un-
gemein verdienftvollen und fruchtbaren
Forlchers ilt bereits mit erltaunlicher Ma-
terialkenntnis gefchrieben. Trotz der fünf-
zehn Jahre, die zwilchen erfter und zweiter
Auflage liegen, und trotz der großen
Rührigkeit des Verfaflers hat in der neuen
Fällung fehr viel erheblich Wichtiges dem
Oeuvre Riberas nicht zugefügt werden
können. Doch find befonders aus Privat-

befitz mehrere intereflante Stiche in das an
fich fchon reiche Abbildungsmaterial ein-
gereiht worden: Von dem leider zerltorten
großen »Bacchus-Triumph« das Fragment
eines ganz idealifierten jugendlichen Kopfes
<Marques de Casa Torres, Madrid), dann
eine »Kleopatra« (Kunlthandel, England),
Kopf- und Bruftausfchnitt, das fehr impo-
nierende Knieltück eines hl. Paulus Hun-
tington, New York), ein erftaunfich hell
auf hellem Grund gemaltes Madonnenbild
(Schrendc-Notzing, München), der »Zwerg
mit Dogge« (Lederer, Wien), ähnlich dem
bekannten »Klumpfuß des Louvre« und
 
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