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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1923 (April-Septembert)

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Nr. 33/34
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Fischel, Oskar: Pietro Perugino: zur vierhundertsten Wiederkehr seines Todestages im Frühjahr 1523
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https://doi.org/10.11588/diglit.39788#0126

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Pietro Perugino. Zur vierhundertiten Wiederkehr feines Todestages

faltung des Vorgangs, die feit Mafaccio am Arno vergeben fchien: architek-
tonifdi find Gruppen und Ferne geordnet: der triumphierende Bogen der
Halle bringt alle Einzelheiten zur Ruhe,- er faßt gerade im Blickpunkt die
blauende Ferne ein und zieht über der Hauptgruppe die feierliche Wölbung.
Statt »Erde über Himmel« zu malen, wie Vafari es an den alten Fresko-
malern tadelt, fing er den Blick im ganzen Wandfeld für die Welt des Bildes
ein und nahm die Gefetze der Architektur, die er zu fchmücken hatte, des
Kreuzgangs mit feinen Säulenintervallen, zum Gefetz der Kompofition, in-
dem er das Auge zwang, im Rhythmus der Flächengliederung durch die
Pfeiler und Bäume, unverwirrt vom Gewühl, die Klarheit der Handlung zu
erfaffen. Seine Kunlt fchlug fich
fofort zu dem Großziigiglten,
was damals in Florenz ent-
(tand: Brunelleschis Bafilika
von S. Spirito und Verrocchios
Colleonimodell, beide zu An-
fang der achtziger Jahre den
Florentinern vor Augen, gaben
hier pathetifche Akzente für
feine Erzählung her. Und da-
mit gewinnt fein Bild die eigent-
lieh ftarken Züge zurück,- denn
der Umbrer war es, der in FIo-
renz fdion zu Ende der fiebziger
Jahre wieder mit Ernft, Größe
und Klarheit die Hiltorien vorgetragen hat, die künltlerifchen Gedanken wieder
aus der Diaspora in das heilige Land führte, die eigene Weihe, den neuen
erhabenen Ton gefunden, indem er jene Schönheit feiner Heimat, die Weite
der Landfchafi: mit hineinbezog, um den Geltalten die eigene, feierliche Welt
zu fchaffen,- bis unter die Gewölbe des Kreuzgangs ließ er den Himmel in
fchimmerndem Blau klingen, fchön geteilt durch die ernlten Pfeiler, die dunkeln
Bäume und Felfen — und fo zieht das feierlich rhythmifche Wogen der
Gruppen durch den ganzen Bildraum. Dies gab ihm in Florenz und in Rom
unter den Mittelitalienern fein Übergewicht, und es dämmert eine Ahnung
auf, als ob alle klaren, großen und geiftigen Motive vom Ausgang des
Quattrocento, bis Ghirlandajo und bis zu Fra Bartolommeo und Andrea
del Sarto aus diefen Bildern Peruginos Antrieb und Leben bekommen hätten.
Wirkfamer als die in den Ateliers Verrocchios und der Pollajuolo akademilch
kohobierten Menfchen, die anatomifch genau Itudiert, doch kaum fich richtig auf
ihren Füßen halten, waren feine Heiligen mit ihrem zum Jenfeits gewendeten


Perugino: Studie zu einem unifizierenden Engel. Turin
 
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