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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 58.1923 (April-Septembert)

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Nr. 35/36
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Waetzoldt, Wilhelm: Eduard Koloff
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https://doi.org/10.11588/diglit.39788#0150

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Eduard Koloff

zöfifch zu denken und zu fprechen, fdiiitzte ihn als deutfchen Kunltfchriftlteller
vor dem Gelehrtendeutfch. In der Entfernung von den Dichtern und Denkern
der kunftgefdiidhtlidhen Methode bewahrte er fich eine bis zum Zynismus ge-
funde, geiltige Vorurteilslofigkeit. Schließlich: Dem Louvre nah, die Anfänge
des franzöfifchen Kolorismus bei Delacroix und den Seinen miterlebend, konnte
Koloff der Entdecker Rembrandts, des Kolorilten werden.
Das Aufblitzen jedes der großen Kunlfgeltirne im Bewußtfein des deut-
fchen Volkes verbindet fich mit einem Forfchernamen: fo hat Winckelmann
Raffael entdedct, Heinse den Rubens, Wackenroder entfcheidenden Anteil
an der Ruhmesgefcbichte Dürers, Sulpiz Boifferee an der des Jan van Eyck
gehabt, Velasquez haben wir erlt kennen gelernt durch Carl Julti, H. A.
Sdimid ilt der Wiederentdecker des Matthias Grünewald geworden, für
Michelangelo hat Herman Grimm in Deutfchland die Bahn gebrochen. An
Koloffs Rembrandt^Auffatz <1854) wird die Literatur über Rembrandt nie
vorübergehen dürfen, fie darf es auch nicht an dem vierzehn Jahre vorher in
Räumers Hiltorifchem Tafchenbudh erfchienenen Artikel: »Die Entwicklung der
modernen Kunff aus der antiken bis zur Epoche der Renaiffance« <1840).
Was diefen Arbeiten Koloffs eine Bedeutung gibt, die es rechtfertigt, fie
zwifchenfpielartig zwifchen den großen Werken der Kunffhiltoriographie aufzu-
führen, ilt neben der Richtigkeit einiger der Zeit vorauseilender Behauptungen
das Lebendige feiner Ideen. Vom äußeren Leben des Mannes ilt kaum etwas
bekannt, von feiner geilfigen Welt zeugen neben den genannten Auffätzen
folche über die Parifer Mufeen, über Fontainebleau, über Linienfymbolik und
— eine Entdeckung, die Carl Neumanns Spürfinn zu danken ilt — feine
Beiträge zum »Kunßblatt«, die er unter dem Namen »Ed. Collow« in den
Jahren 1834—40 hat erfcheinen lallen. Daß aber Koloff, von deflen perfön-
liehen Verhältniffen wir fo wenig willen, heute noch etwas zu fagen hat, daran
hat feine Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer der großen metho-
difchen Schulen keinen Anteil. Sein Beifpiel beweilf vielmehr, daß bei der
Gefamtabrechnung über die Bedeutung eines Gelehrten das Originale der
geiftigen Perfönlichkeit entfeheidend ins Gewicht fällt.
Die geiltige Lage, von der Koloffs Betrachtungen ausgehen, ilt die wiffen-
fchaftliche und künftlerifche Romantik Frankreichs, der entfeheidende Punkt:
das gewandelte Verhältnis der Künfiler und Hiftoriker zum Mittelalter.
»Vorbei ilt es,« fchreibt Koloff, »in Frankreich mit der Anficht Quatremeres
de Quincy: Wir laßen keine andere Baukunft gelten als die, welche ihren
Urfprung, ihre Fortbildung, ihre Gefetze, ihre Theorien und Praxis den
Griechen verdankt.« Während die Generation der Väter in der Antike den
Inbegriff veredelter Sinnlichkeit, eine Welt der Freude erblickte, war die Gene-
ration der Söhne, z. B. Michelet und Montalembert, gleichermaßen einem
 
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