Neue italienifche Literatur über Barockmalerei
821
terials eine große Reihe jüngerer Forfcher
tätig: Giglioli, Marangoni, Fiocco, Gamba
u. a. Aus all dielen Beffrebungen in den
verfchiedenen Kunftzentren Italiens ent-
fiand die große Barodcfchau des vorigen
Sommers in den Pitti zu Florenz, über
die mehrfach berichtet ilt. Aus der Maße
des vielfach noch Ungeklärten, oft auch
Unzulänglichen hob lieh die große und ernlte
Geltalt Caravaggios, die man hier zum
erffenmal im Zufammenhang ltudieren
konnte. In dankenswerter Weife zieht die
Refultate der auf Grund diefer »Mostra«
möglich gewordenen Studien Matleo Ma-
rangoni in feiner kleinen Caravaggio-
Publikation <Florenz 1922). Befonders
erfreulich ilt hier die Säuberung des Werkes
Caravaggios von fallchen Attributionen,
die fehr überhand genommen hatten. Da-
bei fällt auch eines der beliebteren Werke:
Die Lautenfpielerin der Galerie Liech-
tenfiein, die <nach Vorgang von Carlo
Gamba) Gentileschi zugefchrieben wird.
In manchem, wie in der Streichung des
»amore sacro e profano« antizipiert Ma-
rangoni Voss <der das Berliner Bild über-
zeugend Baglione zuerkennt). Bei anderen
Bildern, wie etwa den Falfchfpielern, geht
Marangoni in der Skepfts wohl etwas zu
weit. Es fehlt mir hier der Raum für
Einzelheiten, doch hoffe ich, an anderer
Stelle darauf zurückkommen zu können.
Unmittelbar bereichert wird das Werk
Caravaggios durch Zufügung einiger bis-
her verfchollener Kompolitionen, darunter
ein »Opfer Ifaaks« <Uffizien> und ein »Un-
gläubiger Thomas« <zu dem Voss ganz
neuerdings das Original in Berliner Schloß-
befitz aufzufmden das Glück hatte). Auch
der fehr merkwürdige »Bacchus« — nach
Baglione eine der erlten Arbeiten Cara-
vaggios — verdient Beachtung. Sehr fym-
pathifch berührt die Begeiferung Maran-
gonis für den großen Lombarden, den er
natürlich von jedem Vorwurf eines »Na-
turalilten« zu befreien fucht. Von Ma-
rangoni ilt auch eine Arbeit über den
höchlt geiftreichen Kalabrefen Mattia Preti
in Vorbereitung (über den eine kleine
Schrift von B. Chimirri, Milano 1914,
fdhon exiltiert). Erwähnen möchte ich auch
die Arbeit des jungen im Kriege gefallenen
Enzo Petraccone über Luca Gior-
dano, die Benedetto Croce in der »Bi-
blioteca Napoletana« herausgegeben und
mit einem Vorwort verfehen hat.
Den großen Raum, den die »Piccola
collezione d'arte« von Alinari der
Barockmalerei gibt, habe ich fchon Kunlt»
chronik Nr. 26 diefes Jahrgangs gebührend
hervorgehoben. Ganz dem Barock ge-
widmet ilt die »Biblioteca d'arte illu-
strata«, von der ebenfalls mehrere Hefte
fihon befprochen find. Von den neueren
hebe ich hervor: O. Grosso, Decora-
tori Genoveri und G, Nicodemi,
Pittori Lombardi. In beiden Heften
ilt abfolut neues Material geboten. Im
Genuefer find es die beiden Carlones, die
Piolas und de Ferrari, deren Wirken
in den Paläffen Genuas, die Rubens fo
bewundert hat, zu einem glänzenden Aus-
druck kommt. Von der farbigen Kraft
des Vlamen zeigen fich die dekorativen
Maler Genuas beeinflußt und ftehen da-
durch in einem größeren Gegenfatz zu
den Itrengeren Fresken Pietro da Cartonas
in Florenz und Rom, wo übrigens auch
ein Genuefe Baciccio durch feine Gesü-
Decke die Ruhmespalme errang. Noch
intereffanter find die Lombarden, weil hier
ganz eigenartigePerfönlichkeitenauftauchen,
die bisher nur wenig Beachtung gefunden
haben. Neben den Procaccinis ift es
vor allen Dingen G. B. Crespi genannt
Cerano, der in feiner herben Großartig-
keit hervorfticht (bei der Aufzählung feines
Werkes ilt die fchöne »Taufe« im Städel,
früher Sammlung Fröhlich, Wien, ver-
gehen), dann der ebenfo interefiante Mo-
razzone und als der jünglte Daniele
Crespi (t 1630), der fchon einen weicheren
Stil zeigt. Die noch ganz ununterfuchte
mailändifche Entwicklung am Beginn des
Seicento ilt eine höchlt interefiante Par-
allele zu der römifchen Stilbildung des
Caravaggio-Kreifes. In dem Büchlein
von Nicodemi ilt zum erffenmal eine
Grundlage gelegt, Berühmteren Namens
find die beiden Genuefen, die in zwei
anderen Bändchen der Serie behandelt
werden. G. Fiocco gibt eine fehr forg»
fähige Zufammenftellung von den Ar-
beiten Bernardo Strozzis und Armando
Ferri (einer der beiden Herausgeber der
Biblioteca) behandelt die feltfame Geltalt
Nr. -19/50. 5./19. X. 23.
821
terials eine große Reihe jüngerer Forfcher
tätig: Giglioli, Marangoni, Fiocco, Gamba
u. a. Aus all dielen Beffrebungen in den
verfchiedenen Kunftzentren Italiens ent-
fiand die große Barodcfchau des vorigen
Sommers in den Pitti zu Florenz, über
die mehrfach berichtet ilt. Aus der Maße
des vielfach noch Ungeklärten, oft auch
Unzulänglichen hob lieh die große und ernlte
Geltalt Caravaggios, die man hier zum
erffenmal im Zufammenhang ltudieren
konnte. In dankenswerter Weife zieht die
Refultate der auf Grund diefer »Mostra«
möglich gewordenen Studien Matleo Ma-
rangoni in feiner kleinen Caravaggio-
Publikation <Florenz 1922). Befonders
erfreulich ilt hier die Säuberung des Werkes
Caravaggios von fallchen Attributionen,
die fehr überhand genommen hatten. Da-
bei fällt auch eines der beliebteren Werke:
Die Lautenfpielerin der Galerie Liech-
tenfiein, die <nach Vorgang von Carlo
Gamba) Gentileschi zugefchrieben wird.
In manchem, wie in der Streichung des
»amore sacro e profano« antizipiert Ma-
rangoni Voss <der das Berliner Bild über-
zeugend Baglione zuerkennt). Bei anderen
Bildern, wie etwa den Falfchfpielern, geht
Marangoni in der Skepfts wohl etwas zu
weit. Es fehlt mir hier der Raum für
Einzelheiten, doch hoffe ich, an anderer
Stelle darauf zurückkommen zu können.
Unmittelbar bereichert wird das Werk
Caravaggios durch Zufügung einiger bis-
her verfchollener Kompolitionen, darunter
ein »Opfer Ifaaks« <Uffizien> und ein »Un-
gläubiger Thomas« <zu dem Voss ganz
neuerdings das Original in Berliner Schloß-
befitz aufzufmden das Glück hatte). Auch
der fehr merkwürdige »Bacchus« — nach
Baglione eine der erlten Arbeiten Cara-
vaggios — verdient Beachtung. Sehr fym-
pathifch berührt die Begeiferung Maran-
gonis für den großen Lombarden, den er
natürlich von jedem Vorwurf eines »Na-
turalilten« zu befreien fucht. Von Ma-
rangoni ilt auch eine Arbeit über den
höchlt geiftreichen Kalabrefen Mattia Preti
in Vorbereitung (über den eine kleine
Schrift von B. Chimirri, Milano 1914,
fdhon exiltiert). Erwähnen möchte ich auch
die Arbeit des jungen im Kriege gefallenen
Enzo Petraccone über Luca Gior-
dano, die Benedetto Croce in der »Bi-
blioteca Napoletana« herausgegeben und
mit einem Vorwort verfehen hat.
Den großen Raum, den die »Piccola
collezione d'arte« von Alinari der
Barockmalerei gibt, habe ich fchon Kunlt»
chronik Nr. 26 diefes Jahrgangs gebührend
hervorgehoben. Ganz dem Barock ge-
widmet ilt die »Biblioteca d'arte illu-
strata«, von der ebenfalls mehrere Hefte
fihon befprochen find. Von den neueren
hebe ich hervor: O. Grosso, Decora-
tori Genoveri und G, Nicodemi,
Pittori Lombardi. In beiden Heften
ilt abfolut neues Material geboten. Im
Genuefer find es die beiden Carlones, die
Piolas und de Ferrari, deren Wirken
in den Paläffen Genuas, die Rubens fo
bewundert hat, zu einem glänzenden Aus-
druck kommt. Von der farbigen Kraft
des Vlamen zeigen fich die dekorativen
Maler Genuas beeinflußt und ftehen da-
durch in einem größeren Gegenfatz zu
den Itrengeren Fresken Pietro da Cartonas
in Florenz und Rom, wo übrigens auch
ein Genuefe Baciccio durch feine Gesü-
Decke die Ruhmespalme errang. Noch
intereffanter find die Lombarden, weil hier
ganz eigenartigePerfönlichkeitenauftauchen,
die bisher nur wenig Beachtung gefunden
haben. Neben den Procaccinis ift es
vor allen Dingen G. B. Crespi genannt
Cerano, der in feiner herben Großartig-
keit hervorfticht (bei der Aufzählung feines
Werkes ilt die fchöne »Taufe« im Städel,
früher Sammlung Fröhlich, Wien, ver-
gehen), dann der ebenfo interefiante Mo-
razzone und als der jünglte Daniele
Crespi (t 1630), der fchon einen weicheren
Stil zeigt. Die noch ganz ununterfuchte
mailändifche Entwicklung am Beginn des
Seicento ilt eine höchlt interefiante Par-
allele zu der römifchen Stilbildung des
Caravaggio-Kreifes. In dem Büchlein
von Nicodemi ilt zum erffenmal eine
Grundlage gelegt, Berühmteren Namens
find die beiden Genuefen, die in zwei
anderen Bändchen der Serie behandelt
werden. G. Fiocco gibt eine fehr forg»
fähige Zufammenftellung von den Ar-
beiten Bernardo Strozzis und Armando
Ferri (einer der beiden Herausgeber der
Biblioteca) behandelt die feltfame Geltalt
Nr. -19/50. 5./19. X. 23.