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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Der Kronenleuchter für die Paulus-Kirche zu Magdeburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0014

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WELTAUS-
STELLUNO
ST. LOUIS

DAS

DEUTSCHE

HAUS

DER KRONENLEUCHTER FÜR DIE PAULUS-
KIRCHE ZU MAGDEBURG

EIN bemerkenswertes Kunstschmiedewerk ist vom
Schlossermeister A. Laubisch zu Magdeburg
nach Anleitung und Entwurf des Lehrers an
der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule zu Magde-
burg, Paul Bernardelli, gefertigt worden, das gewürdigt
ist, das deutsche Kunstgewerbe auf der diesjährigen
Weltausstellung zu St. Louis mit zu vertreten. Die
beigefügte Abbildung zeigt die gewaltigen Abmessungen,
die übrigens zum Innern der Kirche in durchaus har-
monischem Verhältnisse stehen. Bei einem äußeren
Durchmesser von 4,80 Metern beträgt die Höhe des
Kronenleuchters bis zum Beginn der Aufhängevor-
richtung 3,90 Meter. Das Gewicht ist zu etwa 60
Zentnern anzunehmen. Der Leuchter ist für elektrische
Beleuchtung eingerichtet und hat 224 elektrische
Birnen von zusammen 4028 Normalkerzenstärke.
Hiervon entfallen 1148 Kerzen auf die farbige Deko-
ration, die unter Verwendung verschiedenfarbigen
Glases dem reichen Schmiedewerk, das sonst einfach
schwarz belassen ist, eine eigenartige prächtige Gesamt-
wirkung verleiht.

In dem Aufbau des Kronenleuchters sollte der
biblische Gedanke des himmlischen Jerusalem in An-
lehnung an das 21. Kapitel der Offenbarung Johannis

zur Veranschaulichung gebracht werden. Oben zur
Krönung des kuppelartigen Baues ist eine symbolische
Tempelarchitektur dargestellt, die durchaus im Rahmen
der Schmiedeeisentechnik behandelt ist. Auf den vier
Seiten der laternenartigen Krönung sind die Namen
von vier um die Entwickelung der evangelisch-christ-
lichen Kirche bedeutungsvollen Glaubenshelden in
ausgeschnittenem Blech mit Glashinterlegung ange-
bracht. Die Abbildung läßt leider den farbigen Reiz,
in welchem die Kuppel und das obere Tabernakel in
der reichen Verglasung erscheinen, nicht erkennen.
Selbstredend steigert sich die Wirkung in der Abend-
beleuchtung von über 4000 Normalkerzen. Aber
auch in der gewöhnlichen Tageserscheinung ohne den
Glanz des elektrischen Lichtes gelangt die Farben-
stimmung noch vollkommen zur Geltung; die Tempel-
architektur erscheint in goldigem Schein, die innere
Kuppelwölbung an den Sternenhimmel erinnernd in
Blau, der untere Schlußring in mildem Grün.

Die Einzelheiten des meisterhaft gearbeiteten Kunst-
werkes lassen sich nur schwer beschreiben. Trotz
aller teilweise etwas wild bewegten Formengebung im
einzelnen gelangt doch die Gesamtwirkung zu wohl-
tuender Ruhe, die in erster Linie der Ausgleichung
 
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