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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Plehn, Anna L.: Vom gebogenen Holz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0052

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WELTAUSSTELLUNG ST. LOUIS 1904, GLASFENSTER IM MUSIKRAUM VON PROFESSOR
H. BILLING, KARLSRUHE, ENTWURF VON KUNSTMALER KARL WALTER, AUSFÜHRUNG

VON GLASMALER H. DRINNEBERG

VOM GEBOGENEN HOLZ

PRIMITIVES Bilden schafft am liebsten jedes Ding
aus einem einzigen Materialblock. Hauptgrund
dieser Gepflogenheit ist natürlich der Umstand,
daß die technische Geschicklichkeit fehlt, verschiedene
Teile dauerhaft genug miteinander zu verbinden. Der
Sessel des Negers von Ostafrika wird mit Untergestell,
Sitzbrett und Rückenlehne aus dem vollen Rundholz
geschnitten. Oft kommen auch nachgeahmte Stab-
verschränkungen vor, aber doch bleibt es bei der
Arbeitsmethode des Bildhauers. Die dem Stein zu-
kommende Technik wird also auf das Holz über-
tragen und dabei bleiben die wesentlichsten Eigen-
schaften des verwendeten Materials unausgenutzt. Es
wird weder gespalten, noch geleimt.

Die fortschreitende Tischlerei hat sich die letzt-
genannten Möglichkeiten zunutze gemacht. Die Arbeit
geschah mit Hilfe von Stäben und Bretteilen, deren Zahl
mit der Zeit immer mehr zuzunehmen schien. Nun aber

kommt gerade aus der Entwickelung der Technik
heraus ein Ansporn, einer wachsenden Zersplitterung
der Bestandteile Einhalt zu tun. Das Möbel soll
wieder, wenn auch nicht aus einem einzigen, so doch
aus einer geringen Anzahl von Teilen bestehen. Ich
denke dabei nicht in erster Linie an die Neigung der
modernen Kunsthandwerker, größere Möbelteile, wie
einen Schrankaufsatz, eine Stuhllehne, aus dem vollen
Holz zu gewinnen, indem, ganz wie beim primitiven
Verfahren, alles Überflüssige fortgeschnitten wird.
Vielmehr habe ich die Technik des Holzbiegens im
Sinne, die neuerdings besonders in Wien mit außer-
ordentlicher Virtuosität ausgebildet wurde. Dabei
sind erstaunlich eigenartige Formen herausgekommen:
eine Knappheit des Konturs und eine Elastizität der
Linie, welche man ohne weiteres als Kennzeichen
neuen Stiles ansprechen möchte.

Über solcher Erscheinung könnte nun wieder die
 
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