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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Der Kronenleuchter für die Paulus-Kirche zu Magdeburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0015

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DER KRONENLEUCHTER FÜR DIE PAULUSKIRCHE ZU MAGDEBURG

WELTAUS-
STELLUNG
ST. LOUIS

DER JAPA-
NISCHE
GARTEN

der Zwickel und Durchbrechungen mit dem farbigen
Kathedralglase als Hintergrund zu verdanken ist. In
dem Aufbau ist der Konflikt des Hängens im freien
Räume gegenüber dem lastenden Gewicht des den
oberen Abschluß bildenden Tempelchens überall zum
treffenden Ausdruck gebracht. Der innere Raum der
durchbrochenen Kuppel, deren Blättergerank von acht
aus je sechs glatten Quadratstäben gebildeten Grat-
bögen gestützt wird, ist von den elektrischen Zu-
leitungsdrähten ausgefüllt, die also nicht versteckt,
vielmehr frei sichtbar zu einem aus 80 goldfarbenen
Litzen geflochtenen, zarten und frei schwebenden
Maschennetz vereint und damit also besonders reiz-
voll dekorativ verwertet sind. Selbstverständlich sind
auch im übrigen alle technisch notwendigen Ver-
bindungen wie Schrauben, Niete, Bänder überall
unverhüllt gezeigt. An den Knotenpunkten des unteren
Schlußringes mit durchbrochenem Fries und dem zu
acht Armen vereinten Lampenkranz von je acht
hängenden Bommeln, sind zur Vermittelung des
Herauswachsens der schon erwähnten Hauptgratbögen,
den Trägern des ganzen konstruktiven Aufbaues,
kleinodienartige Einlagen aus glitzerndem Bruchglas
verwandt, um damit diesen Stellen eine besondere
Betonung zuteil werden zu lassen. So hat jede
Einzelheit ihre Bedeutung und trägt zu der künst-
lerischen Gesamterscheinung trefflich bei, die, wie man
zugeben muß, durchaus selbständig ist und sich nicht
im geringsten an ein etwa vorhandenes Vorbild an-
lehnt. Die Formengebung darf überall als eigenartig,
dem Zweck des Ganzen entsprechend, mit einem
Worte »neuzeitlich« anerkannt werden, ohne daß man
an irgend einer Stelle von einer störenden Linie des

»Jugendstils« wird reden dürfen, den man sich in
dieser dezenten Behandlung wohl gefallen lassen mag.
Nach Fertigstellung des Riesenleuchters, der so-
wohl dem Künstler Bernardelli wie dem ausführenden
Kunsthandwerker Laubisch alle Ehre macht, fand die
Aufhängung in der Pauluskirche statt, um der Ge-
meinde Gelegenheit zu geben, sich an dem wohl-
gelungenen, von einem ihrer Mitglieder gestifteten
Kunstwerk zu erfreuen. Bei einer Besichtigung seitens
eines Kreises geladener Gäste wurde dem inzwischen
schon hervorgetretenen Wunsche einer Ausstellung in
St. Louis Ausdruck verliehen, und der mit anwesende
Reichskommissar für die Weltausstellung 1904 erklärte
seine Bereitwilligkeit, durch einen Beitrag aus Reichs-
mitteln das Unternehmen zu unterstützen. Auf An-
regung Sr. Exzellenz des Herrn Oberpräsidenten der
Provinz Sachsen wurde sofort eine namhafte Summe
von privater Seite gezeichnet, um die natürlich nicht
unerheblichen Kosten der Hinüberbeförderung, Ver-
sicherung, seetüchtiger Verpackung u. s. w. so be-
deutender und dabei vorsichtig zu behandelnder Eisen-
und Glasteile zusammenzubringen. Wenn nicht seitens
des Reichskommissars auf dringliches Ersuchen des
»Ausstellungskomitees« in Magdeburg noch nach-
träglich in entgegenkommender Weise die Mittel zur
Aufhängung an Ort und Stelle, außer einem von der
Stadt Magdeburg bewilligten Zuschuß, zur Verfügung
gestellt worden wären, so wäre doch noch im letzten
Augenblick möglicherweise die Angelegenheit ge-
scheitert, — denn die Gesamtkosten der Ausstellung
in St. Louis, einschließlich des Hin- und Rücktrans-
portes, bis zur ordnungsmäßigen Wiederaufhängung
des Kronenleuchters in der Pauluskirche zu Magde-
 
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