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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Leisching, Julius: Der gedeckte Tisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0019

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DER GEDECKTE TISCH

TRINKGESCHIRR VON LOBMEYER. OES. GESCH.

man auf der Ausstellung ganz vorzügliche, von
Bakalowits (Wien) ausgeführte Deckenlampen aus Glas-
ketten, die sofort ihre Besteller fanden. Die anspruchs-
lose Verbindung von Metall mit Glas, namentlich von
Silber, der Mangel aller Überladung, die engste An-
passung an die beweglichste der Lichtquellen sind
für diese Wiener Arbeiten bezeichnend. Während
Fräulein Krasnik zu den Silber- oder Bronzegestellen
ihrer Stehlampen gerne farbige Muschelgläser und
Perlschnüre als Augenschutz verwendet, bringt Fräu-
lein Unger sehr geschickt biedermeierliche Über-
lieferungen, wie z. B. hängende Glaskugeln, zur Gel-
tung. Selten fehlen den Stehlampen eine Blumenschale
oder Ampeln für Schlinggewächse, die ihnen eine
anmutvolle Erscheinung verleihen. Der kräftige Fuß
wird jetzt auch gern aus kristallreinem Glas geformt,
selbst für Kerzenleuchter, wie den hier abgebildeten
fünfarmigen von Architekt Leopold Bauer (Wien).
Ein besonderes Prunkstück schönster Wirkung ist
dann der vielflammige Kronleuchter von Lobmeyer,
der an edler Gestaltung und geschmackvoller Licht-
verteilung (27 Glühlampen) seinesgleichen sucht.

Lobmeyer und Bakalowits haben auch in den
Tafelgläsern nur auserlesenes gezeigt. Dem alten
Weltruf entsprechend hat Lobmeyer nie ganz die
Fühlung mit den historischen Stilen, durch die er
groß wurde, verloren. Seine Empire- und Bieder-
meiergläser lassen dies keineswegs bedauern. Doch
ist die Firma weit davon entfernt, sich durch jüngere
ungestümere Konkurrenten in den Hintergrund drängen
zu lassen. Sie hält auch in der neuen Bewegung
Schritt, bedächtig und wohlüberlegt. Außer den im
eigenen Atelier beschäftigten Künstlern begegnet man
auf ihren Arbeiten den Namen von Rudolf Marschall,
der nicht bloß Medaillen schafft, sondern hier z. B.
mit einem Likörservice vertreten ist; dann Albin Lang
(Bierservice auf Spiegeltasse mit lichtpolierter Holzein-
fassung) und Fritz Baum (Wassersatz auf Kupfertasse).

Die ausgedehnten mährischen Glas-
fabriken S. Reich und Schreiber & Neffen
verfügen hauptsächlich über reichhaltige
Exportmusterlager, deren hübscheste Typen
in Schliff, Irisierung und Metallmontie-
rung ebenfalls auf der Ausstellung zu
sehen waren.

Bakalowits hat sich mit einem ganzen
Stab junger und jüngster Künstler um-
geben. Es ist vorwiegend ein Amazonen-
korps, das seine Schlachten gewinnt.
Namentlich ein Glasservice von Baronesse
Gisela Falke muß hier hervorgehoben
werden, dessen ganze Zierde neben der
eigenartigen, doch durchaus nicht bizarren
Form nur in geschliffenen Tupfen besteht,
die in ihrer Tropfenform so gut zur Flüs-
sigkeit des Inhalts passen. Fräulein Krasnik
ist auch in ihren Trinkgläsern mehr auf das
Ungewöhnliche aus. Beide Damen haben
seltsame Likörservice mit aufgeschmolzenen
Farbentupfen entworfen, die besonders
durch gelungene Metallmontierung der
Servierplatte auffallen. Fräulein Hella Unger hat sehr
hübsche große Vasen in Pfeilerform mit ausgeschlif-
fenem Überfang und ohne solchen entworfen. Zahl-
los sind auch die Formen der kleinen Väschen, die
man jetzt vor jedes Gedeck zu stellen liebt.

Denselben Künstlernamen begegnen wir nun auch
unter den keramischen und Silberarbeiten. Da sind
runde getriebene Silberplatten von Fräulein Else Unger,
ein silberner Brotteller und ein Obstkörbchen aus
Silber mit blauem Glaseinsatz nach Entwurf des
Fräulein Krasnik, ausgeführt von Alexander Sturm
(Wien). Dann vor allem ein paar entzückende Ar-
beiten der kürzlich gegründeten Wiener Werkstätte,
die bisher noch auf keiner Ausstellung zu sehen war.
Die Führer des modernen Wiener Kunstgewerbes,
Josef Hoffmann und Koloman Moser, beide bekannt-

TRINKGESCHIRR VON LOBMEYER. GES. GESCH.
 
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