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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Leisching, Julius: Der gedeckte Tisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0022

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DER GEDECKTE TISCH

15

dann namentlich die Bemdorfer Me-
tallwarenfabrik Artur Krupp (Nieder-
österreich), die auch das vorzügliche
Kochgeschirr in Reinnickel muster-
gültig erzeugt, und die Wiener Argen-
tor-Werke, weiter /. B. Kflyser (Kre-
feld) und die Württembergische Me-
tallwarenfabrik (Geislingen) sind hier
zu nennen. Christofe hat nach Ent-
wurf Professor Olbrichs ein Besteck
ausgeführt, das für die modernen
Anforderungen vornehmer und zu-
gleich zweckmäßigster Formengebung,
geschmackvoller Anspruchslosigkeit
und größter Verwendbarkeit geradezu
mustergültig genannt werden muß.
Der Griff durchaus handlich, das
heißt der Handform angepaßt und
mit ganz großen einfachen Linien ver-
ziert. Der Löffel tief gehöhlt, breit
und aufnahmsfähig, dabei vorn so
zugespitzt, daß auch der kleinste Mund
befriedigt sein muß. Die Gabel mit
kurzen, nicht zu spitzen Zinken.

Am schwierigsten ist es noch
immer, gutes Porzellan in modernem
Stil zu finden. Die großen Fabriken
pflegen fast ausschließlich die histo-
rischen Überlieferungen, mit Vorliebe
das Rokoko, und sind höchstens bis

LIKÖRGESCHIRR VON

LOBMEYER NACH ENTWURF

VON RUDOLF MARSCHALL

GESETZLICH GESCHÜTZT

sehr guten Modellen, oft nur weiß
mit vergoldeten Henkeln oder schma-
len Rändern mit streng stilisierten
Blüten in Rot und Gold.

Am fortgeschrittensten ist freilich
Josef Bock in Wien, dessen unermüd-
licher Eifer, neue Formen einzuführen
und die tüchtigsten künstlerischen
Kräfte dafür zu gewinnen, alles Lob
verdient. Er läßt in böhmischen
Fabriken nach eigenen Modellen for-
men und die fertigen Porzellane dann
in Wien von seinen Hausmalern
schmücken. Damit lebt die schon
in den Anfängen der Porzellanfabri-
kation eingeführte Sitte der Haus-
dekorateure wieder auf. Bock stellte
ein treffliches Dessertgeschirr von
Professor Kploman Moser (Wien)
aus, weiß, in Biedermeierart durch-
brochen und mit fröhlichen goldenen
Tupfen; ein hübsches Teeservice
von Fräulein Trethahn (Wien); mehrere
äußerst eigenartige Kaffegeschirre
von Fräulein Jutta Sika, einer der
hoffnungsvollsten Talente der jungen
Wiener Schule; dann mehrere Speise-
service, teils naturalistisch mit Blumen,
teils mit stilisiertem Goldrand, die
noch besser wirken müßten, wenn

zu dem jetzt vielbegehrten Empirestil vorgedrungen, die Porzellanmasse als solche schöner wäre.
So Haas & Czizek in Schlaggenwald (Böhmen), Auch die Textilkunst des gedeckten Tisches bleibt

dessen Arbeiten freilich durch ein tadelloses Porzellan in der allgemeinen Bewegung nicht zurück. Mähren

gehoben werden. Er pflegt nach englischem Vorbild insbesondere erfreut sich ja bekanntlich einer hoch-

die tiefblauen Ränder mit zarten Goldlinien und
-Blümchen; sie wirken bei nicht sehr hellem Licht
fast zu ernst und melancholisch. Den viel lustigeren
gerippten und reliefierten Rokokoformen, die auch
Pfeiffer & Lö-
wenstein in
Schlackenwerth
(Böhmen) be-
vorzugen, muß
nachgesagt wer-
den, daß sie um
so schwerer zu
reinigen sind, je
mehr sie sich an
ihre stilistischen
Vorbilderhalten.
Auch wächst mit
ihren stark ge-
schwungenen
Schnörkelhen-
keln und -griffen
die Gebrech-
lichkeit. Letztere
Firma beginnt
übrigens neuer-
dings auch mit
ganz einfachen,

LOBMEVER, WIEN: TRINKGESCHIRR UND VASEN;

LETZTERE IN EISGLAS MIT VERGOLDUNG NACH ENTWURF VON

RUDOLF MARSCHALL. GESETZLICH GESCHÜTZT

stehenden Leinenweberei seit alter Zeit und macht in
der feinen Damastweberei bedeutende Fortschritte. Nach
dem wohltätigen Beispiele der zahlreichen k. k. Webe-
schulen des Landes, von denen die Mährisch-Schönber-

ger Fachschule
nach eigenen
Entwürfen von
Schülern ausge-
führte Tafel-
tücherausgestellt
hatte, bot die
Ausstellungauch
treffliche Da-
maste, insbeson-
dere von Nor-
bert Langer &
Söhne (Deutsch-
Liebau in Mäh-
ren) und dann
von Carl Siegel
sen. (Mährisch-
Schönberg). Er-
stere Firma hat
in jüngster Zeit
teils durch un-
mittelbare Auf-
träge, teils durch
 
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