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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Bauernhaus und Arbeiterheim
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0073
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BAUERNHAUS UND ARBEITERHEIM
WELTAUSSTELLUNG ST. LOUIS 1904, RAUM VON PROFESSOR M. LÄUOER, KARLSRUHE I. B.
Glied dastehen wie die Soldaten im Kasernenhof,
überall tadellos eingehaltene Flucht der »Fassaden«.
Es war das in Stein ausgedrückte Wesen des regel-
mäßigen Ganges der Maschinen. Wären nicht da
und dort Gärtchen mit Bäumen dieser Monotonie
einigermaßen entgegen getreten, hätte nicht im Wind
flatternde Wäsche einige Abwechselung in das Bild
gebracht, so hätte mich die ganze Geschichte zum
Gähnen veranlaßt. Gegruselt hat es mir vor dieser
Art von baulichen Leistungen. Ein Ausdruck von
Freudlosigkeit beherrschte die ganze Geschichte, an
der verschiedene hygienisch gute Vorrichtungen das
einzige versöhnende Element bildeten. Nirgends
äußerte sich der leiseste Anklang an lokale Bauweise.
Das hätte sehr nahe gelegen, aber auf wie vielen
Schulen erhalten denn die Studierenden eingehende
Hinweise auf die heimische Bauformenwelt? In der
Münchener Baugewerkschule ist seit kurzem dafür
eine ganze Stunde pro Woche angesetzt!
Muß das so sein? Soll dem Menschen, der tags-
über seine absolut eintönige Arbeit verrichtet, welche
lediglich durch einige Ruhepausen unterbrochen wird,
auch außer der Fabrik fortwährend zum Bewußtsein
gebracht werden: »Du bist bloß eine Nummer«?
Daß das Gegenteil der Fall sein kann, beweisen
einzelne deutsche Arbeiteransiedelungen, bei denen,
wie z. B. bei Kruppschen Arbeiterwohnungen der
Versuch durchaus geglückt ist, mit den einfachsten
Mitteln eine Behausung herzustellen, deren Anblick
und Einrichtung weit weit über das Wesen des
Schablonenhaften emporragt, das einen unangenehmen
Abglanz vom allgemeinen Geiste des Studiums der
Baukunst gibt. Auch in Ulm ist ein äußerst fort-
schrittlicher Versuch dieser Art seitens der Stadt-
gemeinde gemacht worden. Am weitesten entwickelt
ist die Angelegenheit in England. Sieht man die von
Maurice Adams und Thomas Lockwood & Sons in Port
Sunlight erbauten »Workmen-Cottages«, das von
George Cadbury gegründete Bourneville Village, weiter
das im Auftrage von Mr. Lever von den Architekten
Grayson & Ould in Liverpool wieder aufgebaute Dorf
Thornton Hough in Chesire, des Behausungen länd-
lichen Arbeitern bereitet sind, so bedarf es keiner
großen Einsicht, um zu erfahren, daß der energische
Versuch, dem Arbeiter ein menschlich hebendes Dasein
auch in bezug auf seine Wohnungsverhältnisse zu
BAUERNHAUS UND ARBEITERHEIM
WELTAUSSTELLUNG ST. LOUIS 1904, RAUM VON PROFESSOR M. LÄUOER, KARLSRUHE I. B.
Glied dastehen wie die Soldaten im Kasernenhof,
überall tadellos eingehaltene Flucht der »Fassaden«.
Es war das in Stein ausgedrückte Wesen des regel-
mäßigen Ganges der Maschinen. Wären nicht da
und dort Gärtchen mit Bäumen dieser Monotonie
einigermaßen entgegen getreten, hätte nicht im Wind
flatternde Wäsche einige Abwechselung in das Bild
gebracht, so hätte mich die ganze Geschichte zum
Gähnen veranlaßt. Gegruselt hat es mir vor dieser
Art von baulichen Leistungen. Ein Ausdruck von
Freudlosigkeit beherrschte die ganze Geschichte, an
der verschiedene hygienisch gute Vorrichtungen das
einzige versöhnende Element bildeten. Nirgends
äußerte sich der leiseste Anklang an lokale Bauweise.
Das hätte sehr nahe gelegen, aber auf wie vielen
Schulen erhalten denn die Studierenden eingehende
Hinweise auf die heimische Bauformenwelt? In der
Münchener Baugewerkschule ist seit kurzem dafür
eine ganze Stunde pro Woche angesetzt!
Muß das so sein? Soll dem Menschen, der tags-
über seine absolut eintönige Arbeit verrichtet, welche
lediglich durch einige Ruhepausen unterbrochen wird,
auch außer der Fabrik fortwährend zum Bewußtsein
gebracht werden: »Du bist bloß eine Nummer«?
Daß das Gegenteil der Fall sein kann, beweisen
einzelne deutsche Arbeiteransiedelungen, bei denen,
wie z. B. bei Kruppschen Arbeiterwohnungen der
Versuch durchaus geglückt ist, mit den einfachsten
Mitteln eine Behausung herzustellen, deren Anblick
und Einrichtung weit weit über das Wesen des
Schablonenhaften emporragt, das einen unangenehmen
Abglanz vom allgemeinen Geiste des Studiums der
Baukunst gibt. Auch in Ulm ist ein äußerst fort-
schrittlicher Versuch dieser Art seitens der Stadt-
gemeinde gemacht worden. Am weitesten entwickelt
ist die Angelegenheit in England. Sieht man die von
Maurice Adams und Thomas Lockwood & Sons in Port
Sunlight erbauten »Workmen-Cottages«, das von
George Cadbury gegründete Bourneville Village, weiter
das im Auftrage von Mr. Lever von den Architekten
Grayson & Ould in Liverpool wieder aufgebaute Dorf
Thornton Hough in Chesire, des Behausungen länd-
lichen Arbeitern bereitet sind, so bedarf es keiner
großen Einsicht, um zu erfahren, daß der energische
Versuch, dem Arbeiter ein menschlich hebendes Dasein
auch in bezug auf seine Wohnungsverhältnisse zu