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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Nordische Freiluft-Museen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0127

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NORDISCHE FREILUFT-MUSEEN

Unterbringung einer in mancher Beziehung sehr guten
Sammlung lokaler Altertümer benützt worden. Unter
diesen nehmen Textilien, wie sie früher in der Gegend
gewoben wurden und in einer dem Museum an-
gegliederten Weberei neuerdings mit vielem Erfolg
hergestellt werden, einen wichtigen Platz ein1).

Äußerst reizvoll, sowohl was die Lage in des
Stadtparkes hügeligem Terrain über den Ufern des
Vetternsees, als auch die daselbst aufgestellten Bauten
betrifft, ist das seit 1902 von der Norra Smälands
fornminnes-förening, einer freien Vereinigung von
Freunden kulturhistorischer Forschung, ins Leben ge-
rufene, in einen Park von 37 Hektar gelegte Bauten-
museum in Jönköping. Die Gründung erscheint um
so bemerkenswerter als Jönköping eine durchaus
moderne Industriestadt ist2). — Neben einem bezeich-
nenden Speicherbau und der dicht dabei liegenden
Ryggastugan- (Rauchstuben-) Anlage vom Typus des
Blecking-Hauses in Skansen, freilich mit veränderter
Wand und Dachkonstruktion, ist ein Beispiel der ehe-
maligen Köhlerhütte aus Smäland zu finden, weiter
eine alte Drahtzieherei3) — Träddrageri — aus Gnosjö,
ein festgezimmerter »Marknadsbod«, Marktverkaufs-
stand4), und mancherlei anderes. Ganz besonders

1) Die drei Abbildungen aus dem Museum zu Lund
verdanke ich der Redaktion von »Hvar 8 Dag« in Göteborg.

2) Der »Stadtpark« wurde ursprünglich angelegt, um
den Einwohnern Jönköpings, die zum weitaus größeren
Teil aus Fabrikarbeitern bestehen, Gelegenheit zum Genuß
frischer Luft zu bieten. Die Stadt selbst ist meist von einer
den zahlreichen Schloten entstiegenen Dunstwolke einge-
hüllt. Mit einem Kostenaufwand von 40000 Kronen, meist
freiwilligen Beiträgen, wurde die Anlage geschaffen. Außer
den Bauten enthält sie zahlreiche Spielplätze. Der Zutritt
ist für jedermann unentgeldlich. An Sonntagen sieht man
dort Fabrikherren und Arbeiter

mit ihren Familien in freiem,
zwanglosem Verkehr mitein-
ander die Schönheit der Land-
schaft genießen.

3) Das Gewerbe der Draht-
zieherei beschäftigte seit der
Mitte des 18. Jahrh. die Bevöl-
kerung verschiedener umliegen-
der Kirchspiele; das jährliche
Resultat war durchschnittlich
170 Tons. Mit dem Ende der
dreißiger Jahre des 19. Jahrh.
hörten fast all die kleinen Be-
triebe auf.

4) Die Erhaltung solch ein-
facher Bauobjekte ist bezeich-
nend für das Verständnis, dem
diese Anlagen ihr Dasein ver-
danken. In Langnau, Kanton
Bern, Schweiz, existierte, um
ein wenig erfreuliches Gegen-
stück zu zitieren, bis vor zwei
Jahren eine aus gotischer Zeit
stammende, in Holzkonstruktion
ausgeführte allgemeineVerkaufs-
halle. Eine photographische Auf-
nahme ist alles, was übrig blieb

hervorragend in ihrer Art ist die mit viereckiger Vor-
halle und darüber aufsteigendem Glockenturm, vier-
eckigem Langhaus und anschließendem viereckigem
Chor angeordnete Holzkirche von Bäckaby (gegründet
im 15. Jahrhundert), deren innere Ausstattung, ge-
schnitzter Barockaltar und entsprechende Kanzel, voll-
ständig erhaltene Bestuhlung und derbe Wandmalereien,
ein gutes Bild vom Typus der Kirchen wohlhabender
Landgemeinden im 17. und 18. Jahrhundert gibt.
Länge des Schiffes 13,5 Meter, Breite 7,5, Firsthöhe
io,g, Turmhöhe 25,25. Chor 4,6 Meter lang, 5 breit.
Die ursprüngliche Bekleidung der aus Kiefernstämme
(bis zu 55 Zentimeter breit) hergestellten Wände be-
stand durchweg aus gehauenen, nicht gesägten Brettern.
Bis zum Jahre 1642 hatten die Fensteröffnungen eine
durch Kupfernägel festgehaltene Bespannung von durch-
sichtiger Haut1). Als konstruktives Meisterstück ist
der in Abb. S. 114 wiedergegebene Solberga Klockstapel
zu bezeichnen, dessen Treppe völlig ungeschüzt zur
Glockenstube führt, während sie bei anderen Türmen
dieser Art in einem Gehäuse untergebracht zu sein
pflegt. Höhe: 29 Meter. (Fortsetzungfolgt.)

nach dem Abbruch dieses äußerst originellen Gebäudes,
für dessen Erhaltung oder Überführung auf gesicherten
Boden sich nicht eine Stimme erhob. Der Mühe wert er-
schiene es, einmal systematisch zu registrieren, was jahr-
aus, jahrein in unseren »Kulturländern« an solchen Über-
bleibseln volkstümlicher Kunst in brutalster Weise vernichtet
wird. Es gäbe ein interessantes Gegenstück zu den staat-
lichen Inventarisierungen der Kunstdenkmäler und spräche
deutlich aus, was die jetzt in den Schulen gelehrte »Hei-
matskunde« für Resultate zeitigt.

1) Ich habe auch an dieser Stelle dankend des liebens-
würdigen Entgegenkommens zu erwähnen, das mir von
Seite des Vorstandes des Museums, speziell von Herrn
Algot Friberg zuteil wurde.

LUND, »HERRENHAUS«: AUS DEM 18. JAHRHUNDERT
(JETZT SAMMLUNGSGEBÄUDE)

Herausgeber und für die Redaktion verantwortlich: Professor Karl Hoffacker, Karlsruhe i. B., Moltkestraße 13

Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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