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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Nordische Freiluft-Museen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0136

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NORDISCHE FREILUFT-MUSEEN

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BYOD0, INNERES DER STABKIRCHE VON GOL

mit ornamentalen Schnitzereien versehenen Bohlen,
wie an den Portalen der Stabkirchen. Bevor ein
Wort über letztere gesagt wird, sei nur noch bemerkt,
daß sehr oft diese geschnitzten Fenster- oder Tür-
einfassungsbretter einen wesentlich anderen Typus des
Ornamentes aufweisen, als eigentliche Konstruktions-
teile, an denen ältere Formen offenbar fester hängen
geblieben sind.

Am glänzendsten zeigt sich das Wesen des nor-
wegischen Holzbaues in den »Sfabkirchen«. Ihre
ursprüngliche Heimat sind nach Dietrichson und
Munthe die britischen Inseln, woher die Christiani-
sierung Norwegens seit dem Ende des 10. Jahrhunderts
erfolgte. Der Zusammenhang mit den russischen,
ungarischen, mährischen und schlesischen Holzkirchen
wird von den genannten Autoren völlig abgewiesen, da
sich keinerlei Ähnlichkeiten in konstruktiver Beziehung
ergeben. Sfav heißt Stamm. Der Aufbau einer solchen
Kirche besteht aus einem Gerüst aufrecht stehender, fest
untereinander verbundener Vertikalstützen, Stave, deren
Zwischenräume durch stehende, vernufete Bohlen aus-
gefüllt sind (Bindingswerk). Für die Grundrißanlage
waren steinerne, das heißt gemauerte Vorbilder maß-
gebend. Es liegt also eine dem Baumaterial ent-
sprechende Umbildung vor, bei der total andere kon-
struktive Prinzipien zugrunde gelegt werden mußten.

Kunstgewerbeblatt. N. F. XVI. H. 7

Die im Bautenmuseum Oskarshall-Bygde 1886 aufge-
stellte Stabkirche von Gol (1300 zum erstenmal erwähnt)
(Abb. S. 128, 129), eine der wenigen übrig gebliebenen,
unter nahezu vierhundert solcher in Norwegen einst vor-
handenen, ist ein bezeichnendes Beispiel der Art. Lei-
der gestattet der Raum hier nicht, auf Einzelheiten
eingehen zu können. Auf den ersten Blick hat der
Aufbau etwas Fremdartiges, indes entspricht er dem
Grundrisse vollständig: Überhöhtes Mittelschiff mit
Turm, etwas niedriger der Umgang um das Mittel-
schiff und als unterer Abschluß der rings um die
Kirche gelegte niedrige und überdachte Gang, der
den Kirchenbesuchern vor und nach dem Gottes-
dienste als Aufenthalt dient. Einige Hauptmaße
werden genügen, um die Größen Verhältnisse klar-
zulegen:

Schifflänge inkl. Umgang.....7,75 Meter

Schiffbreite.......... 6,23 „

Chorlänge und Breite...... 3,01 „

Innere Höhe bis zum Firstbalken . . 18,408 „

Die konstruktive Behandlung der Anlage verglichen
mit den Wohnhausbauten zeigt, daß »Laftverk« (Block-
verband) und »Bindingverk« (Fachwerkbau) oder
»Reiswerk« nebeneinander bestanden. Letzteres fand
jedenfalls nur aus Gründen der Wärmeerhaltung seine
Anwendung für Wohnhauszwecke nicht so häufig wie
das andere, indes gibt das Haus von Ringebu im
Museum von Lillehammer ein allerdings aus später
Zeit stammendes bezeichnendes Beispiel dafür, wie
Bindingverk auch im Hausbau zur Anwendung kam

PORTAL DER KIRCHE ZU BOROUND

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