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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

DOI Artikel:
Rücklin, Rudolf: Die moderne Schmuckkunst im Lichte der Weltausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0154

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DIE MODERNE SCHMUCKKUNST IM LICHTE DER WELTAUSSTELLUNG IN ST. LOUIS 147

schäftliche und künstlerische Besonder-
heiten. Die nächste Folge davon ist,
daß der Kauf von Schmuck meistens nur
zu Geschenkzwecken erfolgt und in-
folgedessen vorzugsweise zu bestimmten
Zeiten des Jahres. Dadurch wird das
Schmuckgewerbe, wird der Absatz der
Schmuckproduktion zu einem Saisonver-
kauf, wird das Ganze zu einer Saison-
industrie mit allen Übeln, welche einer
solchen anhaften. Weiterhin folgt daraus
die Neigung unseres Schmuckgewerbes,
sich zu zentralisieren und zu industriali-
sieren, weil man nur vermöge dieser Be-
triebsweise den unangenehmen Folgen,
welche aus ihrem Charakter als Saison-
industrie hervorgehen, begegnen kann.
Ich brauche nur die beiden Namen
»Paris« und »Pforzheim« zu nennen,
um Ihnen diejenigen Orte namhaft ge-
macht zu haben, welche den Hauptteil der
Schmuckproduktion Europas zentralisiert
haben. Paris ist derjenige Ort, wo die
Juweliere zentralisiert sind, Pforzheim,
wo die Schmuckfabrikanten in einer auf
der Welt nicht mehr vorhandenen Art
und Weise beisammen sind, und wo
der Schmuckhandel und der Handel mit
den Materialien für Schmuck in einer
ganz eigenartigen Weise sich zentralisiert
zeigt. Das ist nämlich eine weitere
Eigentümlichkeit unserer Schmuckindu-
strie, daß das Material eine außerordent-
liche Rolle spielt, das Material, unter dem
in diesem Falle nicht nur das Gold,
Silber oder die unedlen Ersatzmetalle zu
verstehen sind, sondern alles, womit man
den Schmuck noch weiter auszustatten
pflegt, vom Brillanten bis zum billigen
Halbedelstein, wie Achat und dergleichen,
von der Imitation der feinen Schmuck-
steine bis zu gewöhnlichem Glas. Diese
Bedeutung des Materiales bringt als wei-
teres Charakteristikum mit sich, daß jede
nationale Schmuckindustrie auch ein ge-
wisses Material bevorzugt. Es wird Ihnen
im Verlauf der nachfolgenden Darstel-
lung auffallen, daß z. B. Paris haupt-
sächlich Juwelen und Edelmetalle ver-
wendet, Deutschland vorzugsweise Silber,
Amerika die verschiedenen Goldlegie-
rungen und Brillantimitationen, Italien
Korallen usw. — Alles dies glaubte
ich vorausschicken zu müssen, um
die nachfolgenden Erörterungen ver-
ständlich zu machen. Denn es möchte

LINGBY BEI KOPENHAGEN,

AUS DEM OSTENFELDER HOFE (1),

SCHLAFRAUM (2) UND FEUERSTELLE (3)

DASELBST
 
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