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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Rücklin, Rudolf: Die moderne Schmuckkunst im Lichte der Weltausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0159

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i52 DIE MODERNE SCHMUCKKUNST IM LICHTE DER WELTAUSSTELLUNG IN ST. LOUIS

Schmuckabteilung am meisten zu interessieren ver-
mochte, waren die Nachahmungen antiker Filigran-
arbeiten gewesen, die sich durch tadellose Sauber-
keit der Linienführung auszeichneten. Diese an-
tiken Nachbildungen waren in St. Louis leider
wenig zu sehen. Ihre Stelle vertraten Versuche in
modernem Schmuck, die in den wenigsten Fällen
glücklich genannt werden konnten. Wenn Italien in
seiner Schmuckabteilung auch recht wenig Neues zu
bieten vermochte, so konnte seine Ausstellung doch
als eine ausführliche Darstellung einer in gewissen
Grenzen arbeitenden Massenindustrie imponieren, und
der finanzielle Erfolg, der bei der italienischen Ab-
teilung für die Aussteller anscheinend an erster Stelle
stand, ist gewiß nicht ausgeblieben. Das Arrangement
war lediglich auf den Verkauf zugeschnitten, und der
Verkauf war, soweit man beurteilen konnte, auch ein
recht lebhafter.

Die drittgrößte Ausstellung der Schmuckindustrie
in St. Louis war von Amerika ausgegangen. Das
will allerdings nicht viel heißen. Die amerikanische
Abteilung war jedenfalls im Verhältnis zu der Anzahl
und Leistungsfähigkeit der amerikanischen Schmuck-
fabriken außerordentlich schwach beschickt. Die
amerikanische Schmuckindustrie hat überhaupt den-
jenigen, die zum Studium derselben nach Amerika
geschickt worden sind, zu denen auch ich die Ehre

gehabt habe zu gehören, eine gewisse Enttäuschung
bereitet. Auf der Weltausstellung von Chicago waren
ebenfalls mehrere Fachleute von Pforzheim, die Ge-
legenheit hatten, allerhand Techniken, Maschinen und
Verfahren dort kennen zu lernen, die für unsere
Pforzheimer Industrie von außerordentlich großem
Werte waren und heute noch sind. Namentlich datiert
von jener Zeit her der große Aufschwung, den in
Pforzheim die Massenindustrie durch die Verwendung
der Maschine genommen hat. Man hoffte von einem
Studium der amerikanischen Schmuckindustrie in
diesem Jahre und von einem Besuche der Weltaus-
stellung in St. Louis ähnliche Erfolge. Die hierauf
abzielenden Bemühungen und Studien, die ich im
Auftrage des Pforzheimer Kunstgewerbevereins und
des Verlages der »Deutschen Goldschmiedezeitung
in Leipzig« anstellte, haben aber gezeigt, daß seit
Chicago ein wesentlicher Fortschritt in dem Schmuck-
gewerbe in Amerika nicht mehr zu verzeichnen ist,
daß Amerika, namentlich was die Beweglichkeit in
der Musterproduktion anbelangt, weit hinter Europa
und Deutschland zurückbleibt. Im allgemeinen hat
man überall in den Vereinigten Staaten, in den
Fabriken wie in den Läden, den Eindruck gewonnen,
daß die amerikanische Schmuckindustrie über die
Eindrücke, die sie auf der Pariser Weltausstellung
erhalten hatte, nicht hinausgekommen ist, oder daß

L1NOBY BEI KOPENHAGEN, AUSSTELLUNGSRAUM IM »LANDSBRUGS-MUSEUM«
 
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