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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

DOI Artikel:
Rücklin, Rudolf: Die moderne Schmuckkunst im Lichte der Weltausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0161

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154 DIE MODERNE SCHMUCKKUNST IM LICHTE DER WELTAUSSTELLUNG IN ST. LOUIS

FÜLLUNG IN SILBER GETRIEBEN VON PROFESSOR AD. SCHMID, PFORZHEIM,
MODELL IM BESITZE DER GALVANOPLASTISCHEN KUNSTANSTALT GEISLINGEN (NAT. GR. 47 CM)

Von Österreich hat
Waschmann im Kunst-
gebäude Schmuck ausge-
stellt, Arbeiten im Lalique-
Stil, die wenig Persön-
liches an sich haben.
Sonst sind hauptsächlich
die böhmischen Granat-
waren da, deren unver-
wüstliche Stillosigkeit dem
Wandel der Zeiten zu
trotzen scheint. Das öster-
reichische Schmuck-
gewerbe hat überhaupt bis
jetzt von dem Aufschwung
seiner dekorativen moder-
nen Kunst noch nicht den
zu erwartenden Nutzen zu
ziehen gewußt. Von Däne-
mark und Norwegen sind
Mogens Ballin aus Kopen-
hagen mit einer Samm-
lung seiner Silberschmuck-
sachen zu erwähnen, ein
fremdartiges, nordisches
Schnörkelwesen, ganz modern und
persönlich in der Auffassung und
doch volkstümlich national im
Grunde, und der Goldschmied An-
dersen aus Christiania, der ebenfalls
sehr interessanten Silberschmuck
brachte in nordisch-modernisierten
Formen.

Japan war schwach vertreten;
an eigentlichem Schmuck brachte
es nur Haarnadeln, Manschetten-
knöpfe und einige Ketten, — das
einzige, was dort getragen und fabri-
ziert wird. Sonst sah man aller-
hand geschnittene und polierte Halb-
edelsteine, namentlich Achat und
Quarz, in verschiedenen Tierfiguren,
Götterkugeln und dergleichen. End-
lich sei noch China erwähnt, das

MEDAILLE UND ANHÄNGESPIEGEL IN GOLD
VON PROFESSOR AD. SCHMID, PFORZHEIM

hauptsächlich seinen Volks-
schmuck brachte mit den
bekannten Einlagen aus
blauen Vogelfedern und
den charakteristischen Zu-
taten, wie Wollbommeln,
Glasperlen und anderes
mehr.

Ich habe von dem
Volksschmuck gesprochen,
von den verschiedenen
Versuchen, die man be-
obachten konnte, den
Volksschmuck durch mo-
dernisierte Entwürfe wie-
der aufzufrischen. In Paris
waren seinerzeit von ver-
schiedenen Ländern noch
Schmucksachen ausgestellt,
die man direkt als Erzeug-
nisse der Volkskunst be-
zeichnen konnte. Italien
hatte seine Nachahmung
antiker Stücke, Spanien
hatte seine inkrustierten
Arbeiten und anderes mehr. Dies-
mal hat nur Holland noch einen
wirklichen Volksschmuck ausgestellt
gehabt in den eigentümlichen aus
Blech und Filigrandraht zusammen-
gesetzten Formen, wie sie heute
noch in Holland so viel getragen
werden, daß sie eine nicht unbe-
deutende Fabrikation lebensfähig
erhalten können. Es ist eine ganz
eigenartige Erscheinung, daß gerade
in Holland, fast allein auf europä-
ischem Boden, der Volksschmuck
sich lebendig erhalten hat.

Die Schweiz hatte einigen
Schmuck ausgestellt, aber nichts,
was nationalen Charakter gehabt
hätte. Man hatte den Eindruck,
daß die Ausstellung lediglich aus
 
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