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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Swarzenski, Georg: Die Ausstellung künstlerischer Innenräume der Firma A. S. Ball in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0215

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208 DIE AUSSTELLUNG KÜNSTLERISCHER INNENRÄUME DER FIRMA A. S. BALL IN BERLIN

E. SCHNECKENBERG, BERLIN,
SCHREIBTISCH UND SESSEL IM .SCHULERZIMMER

Wirkung bestimmen: die klare, bewußte Rechnung
und Durchführung in den Verhältnissen, der Sinn für
Teilung und Gliederung, das Hinarbeiten auf eine
verständige und dem Auge wohltuende Disposition.
Dieses Gefühl für den räumlichen Organismus, für
die organische Belebtheit und Lebendigkeit des Raumes
ist etwas anderes als der Sinn für malerische Effekte
in der Architektur und ist bei unseren dekorativen
Künstlern (die eben zumeist von der Malerei und
nicht von der Architektur zur Dekoration kamen)
seltener zu finden, als man glauben sollte. Es bildet
entschieden eine starke Seite in Grenanders Begabung.
Das stärkste Wirkungsmittel der modernen Dekoration,
die soignierte, kunstvolle Koloristik ist darum nicht
zu kurz gekommen. Sie äußert sich in ihrer suggestiven
Bedeutung auch bei Grenander, sowohl in der ge-
wählten farbigen Behandlung von Wand, Decke und
Fußboden, wie in der Auswahl und Verwertung der

Materialien, die im Mobiliar,
in den Vorhängen, den Ka-
minen, den Dekorationsstük-
ken zutage treten. In ihrer
farbigen Wirkung geben die
Zimmer Grenanders den Ein-
druck einer kühlen, vorneh-
men Eleganz; ihre Stimmung
weist auf einen Künstler,
dessen Schaffen mehr durch
ein klares, sicheres Wissen
um die Wirkungsmittel be-
stimmt wird, als durch die
waghalsigen Sprünge einer
starken Phantasie.

Das einfachste unter den
Grenanderschen Räumen ist
das Vorzimmer. Ganz licht
und hell gestimmt. Weiß
lackiertes Eschenholz, fliesen-
artige Einlagen mit gelber
Ölfarbe, Applikation versil-
berter Blechplatten. An der
Decke ein gelb schablonier-
tes Muster von Ovalen und
Kreisen. Sehr interessant die
Gliederung der ausgebuchte-
ten Blumenloggia durch La-
ternen auf dünnen Stäben
aus Weißmetall. Als Wand-
schmuck ein paar japanische
Farbenholzschnifte. Die übri-
gen Zimmer Grenanders sind
anspruchsvoller, kostbardurch
die technischen Schwierig-
keiten bei ihrer Herstellung
und die seltene Vornehmheit
des Materiales. Das sind Dinge,
die Theorie und Purismus in
Mißkredit gebracht haben,
aber welcher Künstler, der naiv
und selbstbewußt arbeitet,
wird den unerschöpflichen
Möglichkeiten, die sich hier bieten, entsagen wollen?!
Von diesen Zimmern ist,das »Herrenzimmer« von
der Weltausstellung her bekannt, wo es bekanntlich mit
dem großen Preise ausgezeichnet wurde. Durch eine
besonders glückliche Raumanlage ist diesem Zimmer
wenigstens in der Totalität des räumlichen Eindrucks
ein zweites Zimmer überlegen, welches wohl als das
beste bezeichnet werden darf, was Grenander bisher
geleistet hat. Ein vornehmes, großes Wohnzimmer,
welches als Musikzimmer gedacht ist (der Flügel fehlt
leider noch). Die Behandlung der Einzelformen ist
in beiden Zimmern aufs engste verwandt und zeigt
deutlich die Merkmale einer individuellen, künst-
lerischen Handschrift, besonders deutlich in den leicht
geschwungenen, rundlichen Führungen der Profi-
lierung sowohl, wie in der Flächenbehandlung. Ein
Streben nach möglichst lebendiger, reich komplizierter
Durchführung im einzelnen bei möglichster Verein-
 
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