DER KUNSTMARKT
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 4. 23. Oktober 1914
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.
GUSTAVE DREYFUS f
In Paris ist dieser Tage der bekannte Sammler
italienischer Renaissancekunst Gustave Dreyfus im Alter
von 76 Jahren gestorben. Seine Sammlung ist weitaus
die bedeutendste Privatsammlung in ihrer Art, ja nach
mehreren Richtungen übertrifft sie fast alle öffentlichen
Museen. Dreyfus, der gerade jetzt dahingegangen ist, da
die Deutschen sich abermals drohend Paris nähern, verdankt
seine Sammlung gewissermaßen der Belagerung von Paris
im Jahre 1870. Damals kaufte er seine Schätze oder wenig-
stens ihren eigentlichen Stamm von dem Maler und fein-
sinnigen Kunstfreund Timbal, der von dem Siege der Deut-
schen, wenn nicht den Untergang der Welt, so doch die
Vernichtung aller Kultur erwartete. Er überließ dem jungen
Dreyfus während der Belagerung seinen ganzen Kunstbesitz
für den Preis von 100000 Fr.; jetzt schätzt man ihren Wert
auf 15 bis 20 Mill. Fr. Die Sammlung enthält eine Reihe aus-
gezeichneter Marmor- und Tonbüsten von Mino, Desiderio,
Verrocchio, Laurana u. a., die Büsten Philipps des Schönen
und seiner Gemahlin von Konrad Mait, Madonnenreliefs von
Mino, Desiderio und sonstigen italienischen Künstlern des
15. Jahrhunderts neben Bildern von Botticelli, Filippino,
Francesco Cossa u. s. f. Am bekanntesten ist die Samm-
lung durch ihre Bronzen. Neben zahlreichen Statuetten und
größeren Reliefs von Riccio, Bellano, Bertoldo, Peter Vischer
und ähnlichen, dem Namen nach nicht bekannten Künstlern
des 15. und 16. Jahrhunderts, ist vor allem Dreyfus’ Samm-
lung italienischer Bronzemedaillen dieser Zeit nach Voll-
ständigkeit und Qualität der Güsse wie durch die Zahl der
Unika wohl die bedeutendste ihrer Art, und die Plaketten
stehen ihr an Zahl und Güte nicht nach. Dreyfus, der seine
Sammlungen bis zu seinem Tode in glücklichster Weise be-
reicherte, hat sie Kunstfreunden stets in entgegenkommend-
ster Weise gezeigt, wie er auch aufs liebenswürdigste uns
Ausländern andere Privatsammlungen von Paris zugänglich
gemacht hat. Sein gastliches Haus, dessen schlichte Gesellig-
keit uns Deutsche besonders anheimelte, war der Mittel-
punkt zahlreicher, für echte alte Kunst begeisterter Sammler
und Künstler, unter denen Leon Bonnat selten fehlte. Daß
Gustave Dreyfus ein Mann von Herz und Charakter war,
hat er namentlich bewiesen, als er den Hauptmann Drey-
fus, mit dem er nur den Namen gemein hatte, nach seinem
Prozeß auf dessen Wunsch zu sich ins Haus nahm, zu
einer Zeit, da niemand in Paris von dem »Verräter« etwas
wissen wollte. An dem Ausbau derSammlungen des Louvre,
an dem sein Sohn als Beamter tätig ist, hat der nun Ver-
storbene durch Rat und Tat redlich mitgeholfen. v. Bode.
Kunstgewerbe, Skulpturen und Möbel, vorwiegend der Gotik und Renaissance, sowie alte Schweizer
Glasgemälde aus Schweizer Besitz. Auktion in München in der Galerie Helbing am 24. Juni 1914.
Kunstgewerbe, Skulpturen und alte Möbel
vorwiegend der Gotik und Renaissance.
Kat.-Nr. Mark
17 Holzrelief, Der Gekreuzigte.
Kanton St. Gallen. 44x41 . 270
23 Gotischer Tisch, vorn datiert
1541. Graubündten. 122X93X67 390
26 Eiserne Kassette in reicher Ätz-
ornamentik. Aus Celerina, Grau-
bündten. 18x10x9 .... 100
27 Holzkassette, stilisierte Tier-
figuren. Anfang 16. Jahrh.
29X21X15.310
29 Schmuckkassette, verziert und
mit Eisen beschlagen. 16. Jahrh.
Wallis. 26X18X10 .... 150
30 Desgleichen, zwei verschlungene
Hände mit Krone bekrönt.
15. Jahrh. 22X14X10 ... 330
31 Desgleichen, ähnlich der vorig.
Ende 15. Jahrh. 16x11X7 . 250
32 Desgleichen, Fischblasenorna-
mente, Rosettenverzierung.
1. Hälfte 16. Jahrh. 18X11X8,5 180
33 Desgleichen, Hirsch und Baum.
Anfang 16. Jahrh. 21X15X10,5 150
39 Kassette in Holz. Graubündten.
Anfang 16. Jahrh. 41x25x20 100
41 Gotischer Tisch. Graubündten.
1541. 102X102X73 .... 380
Kat.-Nr. Mark
42 Kirchenstuhl, Seitenteile reich
geschnitzt. Ende 15. Jahrh.
108X84X51 . 350
43 Gotischer Stuhl, höchst inter-
essanter und seltener Stuhl.
Mitte des 15. Jahrh. 79x47x50 1400
44 Gotischer Klappstuhl (Scheren-
stuhl) zum Zusammenlegen.
16. Jahrh. 89x60 . 310
45 Desgleichen, etwas kleiner als
der vorige. 61X56 .... 260
61 Wiege, sehr originelles Stück.
Graubündten. 105x56x82 . 180
62 Türe, gotisch. Fiachschnitz-
ornamentik. lö.Jahrh. 157X107 250
63 Wappen von Zürich, Flach-
schnitzerei mit späterer Be-
malung. Aus der Kirche Erlen-
bach bei Zürich stammend. An-
fang lö.Jahrh. 68x64 . . . 250
74 Fünf Friese, mit Flachschnitt-
ornamenten. Ende 15. Jahrh.
Zusammen ca. 13 Meter . . . 200
76 Neun gotische Friese, Flach-
schnitzereien, teilweise alte Be-
malung. Um 1500. Zusammen
ca. 14 Meter.225
79 Sieben Fratzen. Nußbaumholz 405
80 Harnischtruhe. 138x80x63 . 630
81 Gotische Truhe. 16. Jahrhund.
136X66X89 . 220
Kat.-Nr. Mark
82 Gotisches Pult, kanzelartig nach
vorn sich erweiternd. 15. Jahrh.
64X45X63 . 1500
83 Gotische Truhe. Innere Schweiz.
73X63X53 . 200
86 Gotische Beschläge, hervor-
ragende Eisenarbeit. lö.Jahrh. 200
87 Gotische Truhe. Graubündten.
lö.Jahrh. 118x78x63. . . 400
89 14 Stühle, aus einem Dorfe des
Engadin stammend .... 450
91 Elfenbeinkreuz. Wappen eines
Abtes des ehemaligen Klosters
Kreuzlingen. Dat. 1605. 28X11 220
94 Bronzeteller, 1308 (Stauder von
St. Gallen). Durchm. 20,5 . . 110
95 Reiseetui, in überaus reicher
Goldpressung Augsb. Marke 250
96 Ovales Plateau, Silber, mit nach-
träglich eingraviertem Wappen.
63x34. Gewicht 1400 gr. . . 300
97 Lederschuh als Trinkbecher.
WappenderLandenberg.l8X12 650
103 Got. Tisch, ohne Schnitzerei.
Graubündten.120
Schweizer Scheiben.
127 Wappenscheibe Würst. Will-
kommscheibe mit dem Stifter
in Vollrüstung. 1564. 32x20 2400
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 4. 23. Oktober 1914
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GUSTAVE DREYFUS f
In Paris ist dieser Tage der bekannte Sammler
italienischer Renaissancekunst Gustave Dreyfus im Alter
von 76 Jahren gestorben. Seine Sammlung ist weitaus
die bedeutendste Privatsammlung in ihrer Art, ja nach
mehreren Richtungen übertrifft sie fast alle öffentlichen
Museen. Dreyfus, der gerade jetzt dahingegangen ist, da
die Deutschen sich abermals drohend Paris nähern, verdankt
seine Sammlung gewissermaßen der Belagerung von Paris
im Jahre 1870. Damals kaufte er seine Schätze oder wenig-
stens ihren eigentlichen Stamm von dem Maler und fein-
sinnigen Kunstfreund Timbal, der von dem Siege der Deut-
schen, wenn nicht den Untergang der Welt, so doch die
Vernichtung aller Kultur erwartete. Er überließ dem jungen
Dreyfus während der Belagerung seinen ganzen Kunstbesitz
für den Preis von 100000 Fr.; jetzt schätzt man ihren Wert
auf 15 bis 20 Mill. Fr. Die Sammlung enthält eine Reihe aus-
gezeichneter Marmor- und Tonbüsten von Mino, Desiderio,
Verrocchio, Laurana u. a., die Büsten Philipps des Schönen
und seiner Gemahlin von Konrad Mait, Madonnenreliefs von
Mino, Desiderio und sonstigen italienischen Künstlern des
15. Jahrhunderts neben Bildern von Botticelli, Filippino,
Francesco Cossa u. s. f. Am bekanntesten ist die Samm-
lung durch ihre Bronzen. Neben zahlreichen Statuetten und
größeren Reliefs von Riccio, Bellano, Bertoldo, Peter Vischer
und ähnlichen, dem Namen nach nicht bekannten Künstlern
des 15. und 16. Jahrhunderts, ist vor allem Dreyfus’ Samm-
lung italienischer Bronzemedaillen dieser Zeit nach Voll-
ständigkeit und Qualität der Güsse wie durch die Zahl der
Unika wohl die bedeutendste ihrer Art, und die Plaketten
stehen ihr an Zahl und Güte nicht nach. Dreyfus, der seine
Sammlungen bis zu seinem Tode in glücklichster Weise be-
reicherte, hat sie Kunstfreunden stets in entgegenkommend-
ster Weise gezeigt, wie er auch aufs liebenswürdigste uns
Ausländern andere Privatsammlungen von Paris zugänglich
gemacht hat. Sein gastliches Haus, dessen schlichte Gesellig-
keit uns Deutsche besonders anheimelte, war der Mittel-
punkt zahlreicher, für echte alte Kunst begeisterter Sammler
und Künstler, unter denen Leon Bonnat selten fehlte. Daß
Gustave Dreyfus ein Mann von Herz und Charakter war,
hat er namentlich bewiesen, als er den Hauptmann Drey-
fus, mit dem er nur den Namen gemein hatte, nach seinem
Prozeß auf dessen Wunsch zu sich ins Haus nahm, zu
einer Zeit, da niemand in Paris von dem »Verräter« etwas
wissen wollte. An dem Ausbau derSammlungen des Louvre,
an dem sein Sohn als Beamter tätig ist, hat der nun Ver-
storbene durch Rat und Tat redlich mitgeholfen. v. Bode.
Kunstgewerbe, Skulpturen und Möbel, vorwiegend der Gotik und Renaissance, sowie alte Schweizer
Glasgemälde aus Schweizer Besitz. Auktion in München in der Galerie Helbing am 24. Juni 1914.
Kunstgewerbe, Skulpturen und alte Möbel
vorwiegend der Gotik und Renaissance.
Kat.-Nr. Mark
17 Holzrelief, Der Gekreuzigte.
Kanton St. Gallen. 44x41 . 270
23 Gotischer Tisch, vorn datiert
1541. Graubündten. 122X93X67 390
26 Eiserne Kassette in reicher Ätz-
ornamentik. Aus Celerina, Grau-
bündten. 18x10x9 .... 100
27 Holzkassette, stilisierte Tier-
figuren. Anfang 16. Jahrh.
29X21X15.310
29 Schmuckkassette, verziert und
mit Eisen beschlagen. 16. Jahrh.
Wallis. 26X18X10 .... 150
30 Desgleichen, zwei verschlungene
Hände mit Krone bekrönt.
15. Jahrh. 22X14X10 ... 330
31 Desgleichen, ähnlich der vorig.
Ende 15. Jahrh. 16x11X7 . 250
32 Desgleichen, Fischblasenorna-
mente, Rosettenverzierung.
1. Hälfte 16. Jahrh. 18X11X8,5 180
33 Desgleichen, Hirsch und Baum.
Anfang 16. Jahrh. 21X15X10,5 150
39 Kassette in Holz. Graubündten.
Anfang 16. Jahrh. 41x25x20 100
41 Gotischer Tisch. Graubündten.
1541. 102X102X73 .... 380
Kat.-Nr. Mark
42 Kirchenstuhl, Seitenteile reich
geschnitzt. Ende 15. Jahrh.
108X84X51 . 350
43 Gotischer Stuhl, höchst inter-
essanter und seltener Stuhl.
Mitte des 15. Jahrh. 79x47x50 1400
44 Gotischer Klappstuhl (Scheren-
stuhl) zum Zusammenlegen.
16. Jahrh. 89x60 . 310
45 Desgleichen, etwas kleiner als
der vorige. 61X56 .... 260
61 Wiege, sehr originelles Stück.
Graubündten. 105x56x82 . 180
62 Türe, gotisch. Fiachschnitz-
ornamentik. lö.Jahrh. 157X107 250
63 Wappen von Zürich, Flach-
schnitzerei mit späterer Be-
malung. Aus der Kirche Erlen-
bach bei Zürich stammend. An-
fang lö.Jahrh. 68x64 . . . 250
74 Fünf Friese, mit Flachschnitt-
ornamenten. Ende 15. Jahrh.
Zusammen ca. 13 Meter . . . 200
76 Neun gotische Friese, Flach-
schnitzereien, teilweise alte Be-
malung. Um 1500. Zusammen
ca. 14 Meter.225
79 Sieben Fratzen. Nußbaumholz 405
80 Harnischtruhe. 138x80x63 . 630
81 Gotische Truhe. 16. Jahrhund.
136X66X89 . 220
Kat.-Nr. Mark
82 Gotisches Pult, kanzelartig nach
vorn sich erweiternd. 15. Jahrh.
64X45X63 . 1500
83 Gotische Truhe. Innere Schweiz.
73X63X53 . 200
86 Gotische Beschläge, hervor-
ragende Eisenarbeit. lö.Jahrh. 200
87 Gotische Truhe. Graubündten.
lö.Jahrh. 118x78x63. . . 400
89 14 Stühle, aus einem Dorfe des
Engadin stammend .... 450
91 Elfenbeinkreuz. Wappen eines
Abtes des ehemaligen Klosters
Kreuzlingen. Dat. 1605. 28X11 220
94 Bronzeteller, 1308 (Stauder von
St. Gallen). Durchm. 20,5 . . 110
95 Reiseetui, in überaus reicher
Goldpressung Augsb. Marke 250
96 Ovales Plateau, Silber, mit nach-
träglich eingraviertem Wappen.
63x34. Gewicht 1400 gr. . . 300
97 Lederschuh als Trinkbecher.
WappenderLandenberg.l8X12 650
103 Got. Tisch, ohne Schnitzerei.
Graubündten.120
Schweizer Scheiben.
127 Wappenscheibe Würst. Will-
kommscheibe mit dem Stifter
in Vollrüstung. 1564. 32x20 2400