DER KUNSTMARKT
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 32. 7. Mai 1915
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. Ua.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
14.—15.
WEITERE VERKÄUFE MOROANSCHER SAMMLUNGEN
München. Gal. Helbing. Antiquitäten, Kera-
mik, Glas- u. Metallarbeiten, Ausgrabungen,
ostasiat. Kunst, Möbel, Bilder, Stiche, Bücher.
Frankfurt a. M. *F. A. C. Prestel. Gemälde
erster deutscher Meister des 19. Jahrhunderts.
Berlin. K E. Henrici. Städteansichten und
Trachtenbilder.
lieber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.
Mai
Mai
11.-12.
Wie verlautet, haben die Gebrüder Duveen jetzt
auch die Möbel, Plastiken, Gemälde usw. des 18. Jahr-
hunderts aus den Morganschen Sammlungen erworben.
Über den Kaufpreis war bisher noch nichts zu er-
fahren, doch dürfte er mindestens 10—12 Millionen
Mark betragen. Morgan hat, wie bekannt, für Ge-
mälde alter Meister wenig Interesse besessen. Dieser
Teil seiner Sammlung ist entschieden der schwächste.
Doch erwarb er in den letzten zwanzig Jahren neben
den — schon verkauften — Fragonards eine ganze
Anzahl sehr guter englischer Bilder des 18. Jahr-
hunderts. Das bedeutendste Stück ist vielleicht das
berühmte Jugendwerk von Lawrence, das lebensgroße
ganzfigurige Bildnis der Schauspielerin Miss Warren
(später Countess of Derby) in Weiß, das der Künstler
1790 mit 21 Jahren geschaffen hat und das eine seiner
besten Leistungen geblieben ist Daneben sind zu
nennen: von Gainsborough die Porträts der Herzogin
Georgiana von Devonshire (1787) und der Lady Gideon
(1766), von Reynolds die »Lady Betsy Delme mit
ihren Kindern« (1777), von Höppner die »Godsal-
kinder«, bekannt unter dem Namen »Der Sonnen-
untergang« (1789), vonRomney die »Miss Scottjackson«
(1784) und von Raeburn die »Miss Ross« (1801).
Die französischen Möbel sind zum größten Teil
wirklich ganz auserlesene Stücke. Die besten Künstler
sind mit Meisterwerken vertreten: Boudin, Dupre,
Carlin, Burb, Montigny, Pasquier, vor allem aber
Riesener. Von ihm besitzt die Morgan-Collection
zwei der vollendetsten Leistungen, die das Kunst-
gewerbe des 18. Jahrhunderts hervorgebracht hat: eine
Kommode und einen Sekretär in Marketeriearbeit,
1791 für die Privatgemächer Marie-Antoinettes in
Bei einer Versteigerung von Radierungen Arlent
Edwards (geb. 1861 in England, seit 1890 in New York)
in den Anderson Galleries in New York Anfang April
wurden 8468,50 Dollar umgesetzt. Arlent Edwards »Ma-
donna« nach Botticelli brachte 400 Dollar (Käufer H.N.Bab-
cock), eine Radierung Camerons »Notre Dame, Dinant«
275 Dollar (Käufer M. Knoedler & Co). »Marie Louise«
von Edwards nach Nattier erzielte 235 Dollar; desselben
Künstlers »Sophie Elizabeth as Flora«, ebenfalls nach
Nattier, 200 Dollar, und »Victoria Theresa as Diana« von
denselben Künstlern 180Dollar. »LudovicaTornabuoni« nach
Ghirlandaio brachte 185 Dollar (Käufer H. T. Ballard);
»Lady Sheffield« 145 Dollar (Käufer J. F. Drake); »Beatrice
St. Cloud geschaffen. Diese beiden herrlichen Er-
zeugnisse des Stils Louis’ XVI. waren früher lange
Zeit in der Sammlung von Lord Hamilton. Eine noch
besonders zu erwähnende, in ihrer Art klassische
Arbeit ist die große Standuhr von F. Berthould.
Unter den Skulpturen befinden sich gleichfalls
einige berühmte Stücke, so zwei Terrakottabüsten von
Houdon, die die beiden Kinder des Meisters dar-
stellen. Daneben sei auf einige Kleinplastiken von
Falconet, die lebensgroße Büste der Mme Roland von
A. Pajou und die entzückende Terrakottagruppe »Amor
und Psyche« von Clodion hingewiesen.
Was die Gobelins anlangt, so sind die fünf rosa-
grundierten Teppiche mit Szenen aus Don Quijote,
die Morgan erst ziemlich kurz vor seinem Tode er-
warb, die »pieces de resistence«. Der vorletzte Be-
sitzer dieser Serie war, wie bekannt, der König von
Spanien. Wiederholungen dieser Folge befinden sich
in englischem Privatbesitz und im Nachlaß des ver-
storbenen Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand.
Wie ich weiß, ist man an den englischen Herrn wie
an den Erzherzog mit Kaufangeboten, die über eine
Million Mark betrugen, herangetreten, doch haben
beide die Offerten wiederholt abgelehnt. Von außer-
ordentlichem Wert sind auch die beiden von Oudry
1733 gezeichneten und in der Manufaktur von Beau-
vais hergestellten Gobelins mit Szenen aus Moliere-
schen Stücken. Diese beiden Stücke sind in Farbe,
Dekor usw. Unika.
Schließlich sei noch auf die kostbare Sammlung
von 158 Tabatieren hingewiesen, die geradezu eine
Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts in nuce dar-
stellen. a. I.
d’Este« nach Leonardo da Vinci 130 Dollar (Käufer Max
Rosenberg); »The Pink Boy« nach Gainsborough (Käufer
Dr. Samuel Milbank) und »Sympathy« nach Greuze (Käufer
L. Block) je 155 Dollar. »Bosom Friends, Miss Bowies« nach
Reynolds erreichte 155 Dollar (B. Dawson) und »Mona Lisa«
nach Leonardo da Vinci denselben Preis (B. Franklin). »Bap-
tista Tornabuoni« nach Ghirlandaio erzielte 105 Dollar
(Käuferin Miss W. H. Butler); »Wilhelm von Oranien« nach
van Dyke 140 Dollar (dieselbe Käuferin) und »Lady
Hamilton as Nature« nach Romney 110 Dollar (Käufer
G. Grant). Whistler’s »The Piazetta, Venice« wurde für
175 Dollar verkauft (Käufer F. R. Gates) und desselben
Künsters »The Lagoon, Noon« brachte es auf 100 Dollar.
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 32. 7. Mai 1915
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. Ua.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
14.—15.
WEITERE VERKÄUFE MOROANSCHER SAMMLUNGEN
München. Gal. Helbing. Antiquitäten, Kera-
mik, Glas- u. Metallarbeiten, Ausgrabungen,
ostasiat. Kunst, Möbel, Bilder, Stiche, Bücher.
Frankfurt a. M. *F. A. C. Prestel. Gemälde
erster deutscher Meister des 19. Jahrhunderts.
Berlin. K E. Henrici. Städteansichten und
Trachtenbilder.
lieber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.
Mai
Mai
11.-12.
Wie verlautet, haben die Gebrüder Duveen jetzt
auch die Möbel, Plastiken, Gemälde usw. des 18. Jahr-
hunderts aus den Morganschen Sammlungen erworben.
Über den Kaufpreis war bisher noch nichts zu er-
fahren, doch dürfte er mindestens 10—12 Millionen
Mark betragen. Morgan hat, wie bekannt, für Ge-
mälde alter Meister wenig Interesse besessen. Dieser
Teil seiner Sammlung ist entschieden der schwächste.
Doch erwarb er in den letzten zwanzig Jahren neben
den — schon verkauften — Fragonards eine ganze
Anzahl sehr guter englischer Bilder des 18. Jahr-
hunderts. Das bedeutendste Stück ist vielleicht das
berühmte Jugendwerk von Lawrence, das lebensgroße
ganzfigurige Bildnis der Schauspielerin Miss Warren
(später Countess of Derby) in Weiß, das der Künstler
1790 mit 21 Jahren geschaffen hat und das eine seiner
besten Leistungen geblieben ist Daneben sind zu
nennen: von Gainsborough die Porträts der Herzogin
Georgiana von Devonshire (1787) und der Lady Gideon
(1766), von Reynolds die »Lady Betsy Delme mit
ihren Kindern« (1777), von Höppner die »Godsal-
kinder«, bekannt unter dem Namen »Der Sonnen-
untergang« (1789), vonRomney die »Miss Scottjackson«
(1784) und von Raeburn die »Miss Ross« (1801).
Die französischen Möbel sind zum größten Teil
wirklich ganz auserlesene Stücke. Die besten Künstler
sind mit Meisterwerken vertreten: Boudin, Dupre,
Carlin, Burb, Montigny, Pasquier, vor allem aber
Riesener. Von ihm besitzt die Morgan-Collection
zwei der vollendetsten Leistungen, die das Kunst-
gewerbe des 18. Jahrhunderts hervorgebracht hat: eine
Kommode und einen Sekretär in Marketeriearbeit,
1791 für die Privatgemächer Marie-Antoinettes in
Bei einer Versteigerung von Radierungen Arlent
Edwards (geb. 1861 in England, seit 1890 in New York)
in den Anderson Galleries in New York Anfang April
wurden 8468,50 Dollar umgesetzt. Arlent Edwards »Ma-
donna« nach Botticelli brachte 400 Dollar (Käufer H.N.Bab-
cock), eine Radierung Camerons »Notre Dame, Dinant«
275 Dollar (Käufer M. Knoedler & Co). »Marie Louise«
von Edwards nach Nattier erzielte 235 Dollar; desselben
Künstlers »Sophie Elizabeth as Flora«, ebenfalls nach
Nattier, 200 Dollar, und »Victoria Theresa as Diana« von
denselben Künstlern 180Dollar. »LudovicaTornabuoni« nach
Ghirlandaio brachte 185 Dollar (Käufer H. T. Ballard);
»Lady Sheffield« 145 Dollar (Käufer J. F. Drake); »Beatrice
St. Cloud geschaffen. Diese beiden herrlichen Er-
zeugnisse des Stils Louis’ XVI. waren früher lange
Zeit in der Sammlung von Lord Hamilton. Eine noch
besonders zu erwähnende, in ihrer Art klassische
Arbeit ist die große Standuhr von F. Berthould.
Unter den Skulpturen befinden sich gleichfalls
einige berühmte Stücke, so zwei Terrakottabüsten von
Houdon, die die beiden Kinder des Meisters dar-
stellen. Daneben sei auf einige Kleinplastiken von
Falconet, die lebensgroße Büste der Mme Roland von
A. Pajou und die entzückende Terrakottagruppe »Amor
und Psyche« von Clodion hingewiesen.
Was die Gobelins anlangt, so sind die fünf rosa-
grundierten Teppiche mit Szenen aus Don Quijote,
die Morgan erst ziemlich kurz vor seinem Tode er-
warb, die »pieces de resistence«. Der vorletzte Be-
sitzer dieser Serie war, wie bekannt, der König von
Spanien. Wiederholungen dieser Folge befinden sich
in englischem Privatbesitz und im Nachlaß des ver-
storbenen Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand.
Wie ich weiß, ist man an den englischen Herrn wie
an den Erzherzog mit Kaufangeboten, die über eine
Million Mark betrugen, herangetreten, doch haben
beide die Offerten wiederholt abgelehnt. Von außer-
ordentlichem Wert sind auch die beiden von Oudry
1733 gezeichneten und in der Manufaktur von Beau-
vais hergestellten Gobelins mit Szenen aus Moliere-
schen Stücken. Diese beiden Stücke sind in Farbe,
Dekor usw. Unika.
Schließlich sei noch auf die kostbare Sammlung
von 158 Tabatieren hingewiesen, die geradezu eine
Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts in nuce dar-
stellen. a. I.
d’Este« nach Leonardo da Vinci 130 Dollar (Käufer Max
Rosenberg); »The Pink Boy« nach Gainsborough (Käufer
Dr. Samuel Milbank) und »Sympathy« nach Greuze (Käufer
L. Block) je 155 Dollar. »Bosom Friends, Miss Bowies« nach
Reynolds erreichte 155 Dollar (B. Dawson) und »Mona Lisa«
nach Leonardo da Vinci denselben Preis (B. Franklin). »Bap-
tista Tornabuoni« nach Ghirlandaio erzielte 105 Dollar
(Käuferin Miss W. H. Butler); »Wilhelm von Oranien« nach
van Dyke 140 Dollar (dieselbe Käuferin) und »Lady
Hamilton as Nature« nach Romney 110 Dollar (Käufer
G. Grant). Whistler’s »The Piazetta, Venice« wurde für
175 Dollar verkauft (Käufer F. R. Gates) und desselben
Künsters »The Lagoon, Noon« brachte es auf 100 Dollar.