DER KUNSTMARKT
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 10. 4. Dezember 1914
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.
AUSSTELLUNGEN
Im Kunstsalon Schulte zu Berlin stellt der Düssel-
dorfer Maler Richard Bloos eine Kollektion von Gemälden
aus, deren Motive er dem Pariser Leben, vor allem dem der
Varietes und Vergnügungslokale, entnahm. Es sind auf
Bildgröße gesteigerte Illustrationen, die ein Talent für
rasches Erfassen charakteristischer Bewegungen bezeugen,
aber auch nicht darüber hinausweisen. Den Künstler
interessiert nicht die malerische Erscheinung der Umwelt
als solche. Das Bild, das er gibt, ist niemals ein abge-
rundetes Ganzes im artistischen Sinne. Er ist rein einge-
stellt auf eine besondere Motivenreihe, der er mit farbiger
Zeichnung nachzukommen weiß, ohne doch darüber hinaus
zu gelangen.
Zeigt sich Bloos in der hier ausgestellten Bilderreihe
als spezialistische Begabung, so tut man Hans von Hayek
unrecht, wenn man ihn heute zum Schlachtenmaler stempeln
will, weil er gelegentlich schon früher sich mit Motiven
aus dem Soldatenleben beschäftigte. Denn seine Kunst
ruht auf der allgemeinen Grundlage des neueren Im-
pressionismus, der die flüchtige Erscheinungswelt im Bilde
festzuhalten sucht. Militärische Feldübungen sind ihm
ebenso wie das Leben in den Häfen oder an anderen
Stätten, wo Menschen sich bewegen, nur Vorwand für
malerische Schöpfungen überhaupt. Von der Art dieser
Manöverbilder Hayeks wird voraussichtlich die Mehr-
zahl der Schlachtenbilder sein, die die Ausstellungen der
kommenden Jahre bevölkern werden. Unnötig, zu sagen,
daß dies nicht jene Kunst ist, die wir als einen neuen
Aufschwung deutschen Geistes nach diesem Kriege er-
hoffen. Da wird es nicht so sehr darauf ankommen, Krieg
gesehen, als Krieg erlebt zu haben, ein gewaltiges Ereig-
nis, das die Menschen über viele Kleinheiten hinauszuheben
befähigt sein sollte.
Nicht wenigen schwebte im ganzen letzten Jahrzehnt
dieses Ziel vor, eine Kunst, die dem Alltag entsagte.
Cezanne und Marees wurden die Namen der Führer. Aber
es ist ein steiler Weg, der zu jenen Höhen führt, und
nicht viele sind berufen, ihn zu gehen. Daß Eugen Spiro
nicht zu ihnen gehörte, trotzdem er sich mit Wissen und
Können redlich bemühte, ist nicht seit heute erst klar. Die
Kollektion von Gemälden, die er jetzt ausstellt, zeigt aber
deutlich, wo die Grenzen seiner Fähigkeiten liegen und
wo das Reich seiner Kunst endet. Mit geschmackvollen
Porträts, vor allem Damenbildnissen, hatte er sich zuerst
einen Namen gemacht. Alle Pariser Studien galten ihm
nicht mehr als eine Bereicherung seiner Palette, und über die
vielen Versuche dieser Jahre fand er den Weg zurück zu
dem modischen Gesellschaftsporträt, für das er bestimmt
scheint, und mit dem er eine Aufgabe zu erfüllen vermag,
die auch bessere Kräfte durchaus nicht zu verschmähen
brauchen. o.
Der Wirtschaftliche Verband bil-
dender Künstler Berlin trat dieser
Tage zu seiner diesjährigen ordentlichen
Mitgliederversammlung zusammen. Der
bisherige erste Vorsitzende, Prof. Arthur
Kampf, wollte wegen Arbeitsüberlastung
eine Wiederwahl nicht annehmen, er
wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt
und an seine Stelle tritt Otto Marcus, bis-
her 2. Vorsitzender. An diesen Posten
wurde Hans Baluschek neu gewählt.
1 .Schriftführer bleibt Reg.-Baum.Edmund
May, 2. Schriftführer Frida Menshausen-
Labriola, Schatzmeister Arthur Schlu-
beck. Die Beratungen brachten viele
Vorschläge zur Kriegsnotlage. In seiner
Geschäftsstelle hat der Verband eine
Vermittlungsstelle für Aufträge einge-
richtet, so für Bildnisse von Künstlerhand
zu mäßigen Preisen. Der Gedanke einer
Lotterie von Kunstwerken wurde fallen
gelassen, um nicht durch ein solches
Ausschütten den Markt zu verderben.
Die Einnahmen des Verbandes betrugen
gegen 11000 M., davon etwa 5000 M. für
den Kriegs-Schutzfonds. Das sind Stif-
tungen von Mitgliedern und 1200 M. aus
dem Überschuß der »Kriegszeit«. Der
Verband gibt auch unter dem Titel
»Wachtfeuer« hübsche Heftchen mit
Künstlerblättern zum Krieg heraus, an
denen hervorragende Kräfte mitarbeiten.
Nach Baluscheks Bericht über Kranken-
wesen ist den Künstlern von ärztlicher
Seite Entgegenkommen gezeigt und sind
Verbindungen nach allen Richtungen
geschaffen worden. Marcus berichtete
über Verlagsrecht und Rechtsschutz.
Eine Schutzstelle für Verlagsrecht ist
nun in Berlin als Organ der etwa 3000
Künstler umfassenden Wirtschaftlichen
Verbände Deutschlands eingerichtet, sie
will einen Normalrevers als Nachweis
für Verkauf von Urheberrechten ein-
führen.
Bucherer, Max und Fritz Ehlotzky,
Der Original- Holzschnitt. (München,
Ernst Reinhardt. M. 5.—, geb. 6.50.)
Mit dem Wiederaufleben der graphi-
schen Künste wendet sich das Interesse
auch dem Originalholzschnitt zu, der
von seiner künstlerischen Höhe im 15.
und 16. Jahrhundert schon lange herab-
gesunken war. Mit der Bewegung, die
die Auflösung der Linie durch Licht und
Farbe erstrebte und mit dem Impressio-
nismus im 19. Jahrhundert ihren Ab-
schluß fand, war dem Original-Holz-
schnitt ein entscheidender Stoß versetzt
worden, denn die Wesensart des Holzes
gestattete nicht (wie es beim Kupfer-
stich noch möglich war), ohne Preis-
gabe ihres innersten Wesens durch ein
nuanciertes Hell-Dunkel malerische Wir-
kungen hervorzubringen. In den letzten
Jahrzehnten nun kam die große Sil-
houette, die einfache Linie wieder zur
Geltung. Man erkannte, was das Holz
als Fläche behandelt zu leisten imstande
ist. Das vorliegende Werk bringt neben
einer eingehenden Schilderung der Tech-
nik des Holzschneidens sehr anschau-
lich durch Beispiele dargestellt die Ent-
wicklung des Originalholzschnittes im
Laufe der Jahrhunderte von den primi-
tiven, ungelenken Illustrationen aus der
Biblia pauperum bis zu den vollendeten
Arbeiten der jüngsten Künstler. Sie
zeigen Nicholsons flächiges Zusammen-
fassen von Schattenpartien und Dunkel-
heiten bei gänzlichem Fehlen der Linie,
Vallotons rein lineare Behandlung ohne
Berücksichtigung von Licht und Schatten,
Orliks flächiges Zusammenziehen aller
Dunkelheiten bei zeichnerischer Durch-
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 10. 4. Dezember 1914
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.
AUSSTELLUNGEN
Im Kunstsalon Schulte zu Berlin stellt der Düssel-
dorfer Maler Richard Bloos eine Kollektion von Gemälden
aus, deren Motive er dem Pariser Leben, vor allem dem der
Varietes und Vergnügungslokale, entnahm. Es sind auf
Bildgröße gesteigerte Illustrationen, die ein Talent für
rasches Erfassen charakteristischer Bewegungen bezeugen,
aber auch nicht darüber hinausweisen. Den Künstler
interessiert nicht die malerische Erscheinung der Umwelt
als solche. Das Bild, das er gibt, ist niemals ein abge-
rundetes Ganzes im artistischen Sinne. Er ist rein einge-
stellt auf eine besondere Motivenreihe, der er mit farbiger
Zeichnung nachzukommen weiß, ohne doch darüber hinaus
zu gelangen.
Zeigt sich Bloos in der hier ausgestellten Bilderreihe
als spezialistische Begabung, so tut man Hans von Hayek
unrecht, wenn man ihn heute zum Schlachtenmaler stempeln
will, weil er gelegentlich schon früher sich mit Motiven
aus dem Soldatenleben beschäftigte. Denn seine Kunst
ruht auf der allgemeinen Grundlage des neueren Im-
pressionismus, der die flüchtige Erscheinungswelt im Bilde
festzuhalten sucht. Militärische Feldübungen sind ihm
ebenso wie das Leben in den Häfen oder an anderen
Stätten, wo Menschen sich bewegen, nur Vorwand für
malerische Schöpfungen überhaupt. Von der Art dieser
Manöverbilder Hayeks wird voraussichtlich die Mehr-
zahl der Schlachtenbilder sein, die die Ausstellungen der
kommenden Jahre bevölkern werden. Unnötig, zu sagen,
daß dies nicht jene Kunst ist, die wir als einen neuen
Aufschwung deutschen Geistes nach diesem Kriege er-
hoffen. Da wird es nicht so sehr darauf ankommen, Krieg
gesehen, als Krieg erlebt zu haben, ein gewaltiges Ereig-
nis, das die Menschen über viele Kleinheiten hinauszuheben
befähigt sein sollte.
Nicht wenigen schwebte im ganzen letzten Jahrzehnt
dieses Ziel vor, eine Kunst, die dem Alltag entsagte.
Cezanne und Marees wurden die Namen der Führer. Aber
es ist ein steiler Weg, der zu jenen Höhen führt, und
nicht viele sind berufen, ihn zu gehen. Daß Eugen Spiro
nicht zu ihnen gehörte, trotzdem er sich mit Wissen und
Können redlich bemühte, ist nicht seit heute erst klar. Die
Kollektion von Gemälden, die er jetzt ausstellt, zeigt aber
deutlich, wo die Grenzen seiner Fähigkeiten liegen und
wo das Reich seiner Kunst endet. Mit geschmackvollen
Porträts, vor allem Damenbildnissen, hatte er sich zuerst
einen Namen gemacht. Alle Pariser Studien galten ihm
nicht mehr als eine Bereicherung seiner Palette, und über die
vielen Versuche dieser Jahre fand er den Weg zurück zu
dem modischen Gesellschaftsporträt, für das er bestimmt
scheint, und mit dem er eine Aufgabe zu erfüllen vermag,
die auch bessere Kräfte durchaus nicht zu verschmähen
brauchen. o.
Der Wirtschaftliche Verband bil-
dender Künstler Berlin trat dieser
Tage zu seiner diesjährigen ordentlichen
Mitgliederversammlung zusammen. Der
bisherige erste Vorsitzende, Prof. Arthur
Kampf, wollte wegen Arbeitsüberlastung
eine Wiederwahl nicht annehmen, er
wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt
und an seine Stelle tritt Otto Marcus, bis-
her 2. Vorsitzender. An diesen Posten
wurde Hans Baluschek neu gewählt.
1 .Schriftführer bleibt Reg.-Baum.Edmund
May, 2. Schriftführer Frida Menshausen-
Labriola, Schatzmeister Arthur Schlu-
beck. Die Beratungen brachten viele
Vorschläge zur Kriegsnotlage. In seiner
Geschäftsstelle hat der Verband eine
Vermittlungsstelle für Aufträge einge-
richtet, so für Bildnisse von Künstlerhand
zu mäßigen Preisen. Der Gedanke einer
Lotterie von Kunstwerken wurde fallen
gelassen, um nicht durch ein solches
Ausschütten den Markt zu verderben.
Die Einnahmen des Verbandes betrugen
gegen 11000 M., davon etwa 5000 M. für
den Kriegs-Schutzfonds. Das sind Stif-
tungen von Mitgliedern und 1200 M. aus
dem Überschuß der »Kriegszeit«. Der
Verband gibt auch unter dem Titel
»Wachtfeuer« hübsche Heftchen mit
Künstlerblättern zum Krieg heraus, an
denen hervorragende Kräfte mitarbeiten.
Nach Baluscheks Bericht über Kranken-
wesen ist den Künstlern von ärztlicher
Seite Entgegenkommen gezeigt und sind
Verbindungen nach allen Richtungen
geschaffen worden. Marcus berichtete
über Verlagsrecht und Rechtsschutz.
Eine Schutzstelle für Verlagsrecht ist
nun in Berlin als Organ der etwa 3000
Künstler umfassenden Wirtschaftlichen
Verbände Deutschlands eingerichtet, sie
will einen Normalrevers als Nachweis
für Verkauf von Urheberrechten ein-
führen.
Bucherer, Max und Fritz Ehlotzky,
Der Original- Holzschnitt. (München,
Ernst Reinhardt. M. 5.—, geb. 6.50.)
Mit dem Wiederaufleben der graphi-
schen Künste wendet sich das Interesse
auch dem Originalholzschnitt zu, der
von seiner künstlerischen Höhe im 15.
und 16. Jahrhundert schon lange herab-
gesunken war. Mit der Bewegung, die
die Auflösung der Linie durch Licht und
Farbe erstrebte und mit dem Impressio-
nismus im 19. Jahrhundert ihren Ab-
schluß fand, war dem Original-Holz-
schnitt ein entscheidender Stoß versetzt
worden, denn die Wesensart des Holzes
gestattete nicht (wie es beim Kupfer-
stich noch möglich war), ohne Preis-
gabe ihres innersten Wesens durch ein
nuanciertes Hell-Dunkel malerische Wir-
kungen hervorzubringen. In den letzten
Jahrzehnten nun kam die große Sil-
houette, die einfache Linie wieder zur
Geltung. Man erkannte, was das Holz
als Fläche behandelt zu leisten imstande
ist. Das vorliegende Werk bringt neben
einer eingehenden Schilderung der Tech-
nik des Holzschneidens sehr anschau-
lich durch Beispiele dargestellt die Ent-
wicklung des Originalholzschnittes im
Laufe der Jahrhunderte von den primi-
tiven, ungelenken Illustrationen aus der
Biblia pauperum bis zu den vollendeten
Arbeiten der jüngsten Künstler. Sie
zeigen Nicholsons flächiges Zusammen-
fassen von Schattenpartien und Dunkel-
heiten bei gänzlichem Fehlen der Linie,
Vallotons rein lineare Behandlung ohne
Berücksichtigung von Licht und Schatten,
Orliks flächiges Zusammenziehen aller
Dunkelheiten bei zeichnerischer Durch-