DER KUNSTMARKT
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 25. 19. März 1915
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugspiätze teurer.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
März |
23. Berlin. Rad. Lepke. Neuere Meister.
23. München. Galerie Helbing. Antiquitäten,
alte Möbel, Kunst- und Einrichtungsgegen-
stände.
März
26.-27.
Berlin. * Max Perl. Schloßbibliothek: Deutsche
Literatur, Illustr. Werke, Almanache, Topo-
graphien usw.
30.-31.
Berlin. *Rud. Lepke. Schleswig-Holsteinische
Altertümer.
Ueber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.
New York. Nach dem Porzellan und den Fragonards
sollen nun die italienischen Majoliken der Sammlung
Pierpont Morgans zum Verkauf gelangen. Wie es heißt,
wollen die Firmen Gebrüder Duveen und Jacques Seligmann
& Co. diesen Teil der Morgansammlung gemeinsam kaufen.
Mr. J. P. Morgan verlangt angeblich mehr als anderthalb
Millionen Mark für diese Majoliken. Alle großen Fabriken
und Meister sind da wie bekannt mit wirklich glänzenden
Stücken vertreten, Caffaggiolo wie Faenza, Castel Durante,
Urbino, Deruta (hier neun besonders schöne Platten vom
Anfang des 16. Jahrhunderts und eine signierte des »Frate«
von 1545) und vor allem Gubbio. Die prachtvollen Oubbio-
platten mit ihrem Metalllüster sind der eigentliche Stolz
der Sammlung. Die von dem berühmten Meister Giorgio
Andreoli signierten Platten mit ihrem einzigartigen Rubin-
rot gehören mit zum Schönsten, was wir von Majoliken
überhaupt besitzen. Der Wert jedes dieser Stücke des
Maestro Giorgio wird auf 20000 Dollar geschätzt.
Wie ich höre, schweben auch schon wegen des Verkaufs
der Gobelins und der Möbel der Morgansammlung bereits
Verhandlungen mit den beiden genannten Kunsthändlern.
Zu dem Verkauf der Gemälde Fragonards an Mr.
H. C. Frick seien noch einige Zahlen nachgetragen: Mor-
gan kaufte den Fragonard Zyklus 1898 von Agnew für
350000 Dollar. Duveen Brothers zahlten eine runde Million
Dollar dafür und verkauften ihn wenige Wochen darauf mit
einem Gewinn von 425000 Dollar, also einem Nutzen, dessen
Summe die des ganzen seinerzeit von Morgan gezahlten
Preises noch erheblich übersteigt! Der Riesenpreis, den
Frick für diese Bilder bezahlte, erklärt sich zum guten Teil
daraus, daß der New Yorker in dem Präsidenten der United
States Steel Corporation Mr. Elbert H. Gary und in der
verwitweten Mrs. George D. Widener scharfe Mitbewerber
hatte, die beide ebenso gern den berühmten Zyklus in ihre
neuen Paläste eingebaut hätten, wie der glückliche Herr
Frick jetzt einen Raum seines neuen Hauses in der Fifth
Avenue damit schmücken wird. a. i.
Versteigerung der Sammlung Moale in New York.
Am Eröffnungstage, dem 16. Februar 1915, an dem in den
»Anderson Galleries« alte und moderne Kupferstiche und
Radierungen aus der Sammlung Frank V. Moale-Balti-
more, versteigert wurden, brachte den Höchstpreis von
130 Dollar ein signierter Farbendruck von Ghirlandaios
»Ludovica Tornabuoni« von S. Arlent Edwards. Der Käufer,
Mr. T. B. Adams, zahlte auch 80 Dollar für einen anderen
Farbendruck von Edwards, »Bianca Maria Sforza«.
»The Taking of Havannah by the British (in 1762)
under Keppel, Pococke and Parker«, ein vollständiger Satz
der Folio-Radierungen von Canot und Mason, nach Serres,
wurde für 87.50 Dollar an Mr. A. Falkner verkauft. Dieser
gab auch 85 Dollar für »Kensington Gardens«. A. Haigs
»Santiago Cathedral« (Inneres), ein Künstlerdruck, ging
an Mr. J. F. Drake für 50 Dollar. Die Gesamtsumme des
ersten Tages betrug 1935 Dollar.
Am 17. Februar wurde William Wards Farbenstich
»Farmers Stable« von George Morland an Mr. James F.
Drake für 700 Dollar verkauft. Mr. Drake zahlte auch
55 Dollar für S. Wilsons Farbenstich nach Qainsborough
»Mrs. Sheridan«, und 72.50 Dollar für Wilsons »Ladies
Waidegrave« nach Reynolds.
Wilsons »Nature«, nach Thomas Lawrence, kaufte Mr.
Q. Fowler für 50 Dollar. Eine farbige Lithographie der
»Trinity Church« in New York von Forsyth und Mimee, 1847,
ging an Mr. R. Fridenburg für 132.50 Dollar.
Das Gesamtergebnis am zweiten Tage war 2232.60
Dollar, im ganzen also 4167.85 Dollar.
27 Jahrgänge der Handbücher der »Corporation of the
City of New York« aus den Jahren 1842—1870 wurden an
C. Gerhardt & Co. bei einer Versteigerung der Bibliothek
C. C. Buel und anderer verkauft; das Gesamtergebnis be-
trug 858.60 Dollar.
In einer bei Rudolph Lepke in Berlin stattfinden-
den Versteigerung von Gemälden hauptsächlich neuerer
Meister findet sich auch ein größeres Bild von Ludwig
Dill, eine Moorlandschaft; von Walter Firle ein Bild, See-
fahrers Abschied; dann ein Aquarell von Hans Thoma,
»Chronos auf Wolken sitzend, dengelt dem zuschauenden
Tode die Sense«. Von Ludwig Knaus kommt eine Studie
zu dem bekannten Gemälde im Luxembourg »La Prome-
nade aux Tuileries« zur Versteigerung. Von Th. von Ecken-
brecher finden wir zwei größere Bilder mit Motiven aus
Norwegen. Schließlich sei noch das Ölbild eines jungen
Mädchens im Profil von Franz von Stuck genannt.
Kriegsankäufe zugunsten der Berliner Künstler-
schaft. Unter Führung des Bürgermeisters Dr. Reicke hat
die von der städtischen Grund-Kommission eingesetzte
Ersatz-Kommission letzthin schon zum zweiten Male für
die Stadt eine größere Anzahl von Kunstwerken ange-
kauft, deren Urheber entweder im Felde stehen oder durch
den Krieg mittelbar wirtschaftlich betroffen worden sind.
Die als Kriegs-Notstands-Aktion gedachte Maßnahme zu-
gunsten der Berliner Künstlerschaft bildet eine willkommene
Erzänzung zu den bei der Künstlerschaft selbst geschaffe-
nen Kriegshilfen und hat bereits mehr als zwanzig Künstlern
die in den heutigen Zeiten leider immer seltener werdende
Gelegenheit zum Verkauf ihrer Kunstwerke geboten.
XII. Jahrgang 1914/1915 Nr. 25. 19. März 1915
Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder beider Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugspiätze teurer.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
März |
23. Berlin. Rad. Lepke. Neuere Meister.
23. München. Galerie Helbing. Antiquitäten,
alte Möbel, Kunst- und Einrichtungsgegen-
stände.
März
26.-27.
Berlin. * Max Perl. Schloßbibliothek: Deutsche
Literatur, Illustr. Werke, Almanache, Topo-
graphien usw.
30.-31.
Berlin. *Rud. Lepke. Schleswig-Holsteinische
Altertümer.
Ueber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.
New York. Nach dem Porzellan und den Fragonards
sollen nun die italienischen Majoliken der Sammlung
Pierpont Morgans zum Verkauf gelangen. Wie es heißt,
wollen die Firmen Gebrüder Duveen und Jacques Seligmann
& Co. diesen Teil der Morgansammlung gemeinsam kaufen.
Mr. J. P. Morgan verlangt angeblich mehr als anderthalb
Millionen Mark für diese Majoliken. Alle großen Fabriken
und Meister sind da wie bekannt mit wirklich glänzenden
Stücken vertreten, Caffaggiolo wie Faenza, Castel Durante,
Urbino, Deruta (hier neun besonders schöne Platten vom
Anfang des 16. Jahrhunderts und eine signierte des »Frate«
von 1545) und vor allem Gubbio. Die prachtvollen Oubbio-
platten mit ihrem Metalllüster sind der eigentliche Stolz
der Sammlung. Die von dem berühmten Meister Giorgio
Andreoli signierten Platten mit ihrem einzigartigen Rubin-
rot gehören mit zum Schönsten, was wir von Majoliken
überhaupt besitzen. Der Wert jedes dieser Stücke des
Maestro Giorgio wird auf 20000 Dollar geschätzt.
Wie ich höre, schweben auch schon wegen des Verkaufs
der Gobelins und der Möbel der Morgansammlung bereits
Verhandlungen mit den beiden genannten Kunsthändlern.
Zu dem Verkauf der Gemälde Fragonards an Mr.
H. C. Frick seien noch einige Zahlen nachgetragen: Mor-
gan kaufte den Fragonard Zyklus 1898 von Agnew für
350000 Dollar. Duveen Brothers zahlten eine runde Million
Dollar dafür und verkauften ihn wenige Wochen darauf mit
einem Gewinn von 425000 Dollar, also einem Nutzen, dessen
Summe die des ganzen seinerzeit von Morgan gezahlten
Preises noch erheblich übersteigt! Der Riesenpreis, den
Frick für diese Bilder bezahlte, erklärt sich zum guten Teil
daraus, daß der New Yorker in dem Präsidenten der United
States Steel Corporation Mr. Elbert H. Gary und in der
verwitweten Mrs. George D. Widener scharfe Mitbewerber
hatte, die beide ebenso gern den berühmten Zyklus in ihre
neuen Paläste eingebaut hätten, wie der glückliche Herr
Frick jetzt einen Raum seines neuen Hauses in der Fifth
Avenue damit schmücken wird. a. i.
Versteigerung der Sammlung Moale in New York.
Am Eröffnungstage, dem 16. Februar 1915, an dem in den
»Anderson Galleries« alte und moderne Kupferstiche und
Radierungen aus der Sammlung Frank V. Moale-Balti-
more, versteigert wurden, brachte den Höchstpreis von
130 Dollar ein signierter Farbendruck von Ghirlandaios
»Ludovica Tornabuoni« von S. Arlent Edwards. Der Käufer,
Mr. T. B. Adams, zahlte auch 80 Dollar für einen anderen
Farbendruck von Edwards, »Bianca Maria Sforza«.
»The Taking of Havannah by the British (in 1762)
under Keppel, Pococke and Parker«, ein vollständiger Satz
der Folio-Radierungen von Canot und Mason, nach Serres,
wurde für 87.50 Dollar an Mr. A. Falkner verkauft. Dieser
gab auch 85 Dollar für »Kensington Gardens«. A. Haigs
»Santiago Cathedral« (Inneres), ein Künstlerdruck, ging
an Mr. J. F. Drake für 50 Dollar. Die Gesamtsumme des
ersten Tages betrug 1935 Dollar.
Am 17. Februar wurde William Wards Farbenstich
»Farmers Stable« von George Morland an Mr. James F.
Drake für 700 Dollar verkauft. Mr. Drake zahlte auch
55 Dollar für S. Wilsons Farbenstich nach Qainsborough
»Mrs. Sheridan«, und 72.50 Dollar für Wilsons »Ladies
Waidegrave« nach Reynolds.
Wilsons »Nature«, nach Thomas Lawrence, kaufte Mr.
Q. Fowler für 50 Dollar. Eine farbige Lithographie der
»Trinity Church« in New York von Forsyth und Mimee, 1847,
ging an Mr. R. Fridenburg für 132.50 Dollar.
Das Gesamtergebnis am zweiten Tage war 2232.60
Dollar, im ganzen also 4167.85 Dollar.
27 Jahrgänge der Handbücher der »Corporation of the
City of New York« aus den Jahren 1842—1870 wurden an
C. Gerhardt & Co. bei einer Versteigerung der Bibliothek
C. C. Buel und anderer verkauft; das Gesamtergebnis be-
trug 858.60 Dollar.
In einer bei Rudolph Lepke in Berlin stattfinden-
den Versteigerung von Gemälden hauptsächlich neuerer
Meister findet sich auch ein größeres Bild von Ludwig
Dill, eine Moorlandschaft; von Walter Firle ein Bild, See-
fahrers Abschied; dann ein Aquarell von Hans Thoma,
»Chronos auf Wolken sitzend, dengelt dem zuschauenden
Tode die Sense«. Von Ludwig Knaus kommt eine Studie
zu dem bekannten Gemälde im Luxembourg »La Prome-
nade aux Tuileries« zur Versteigerung. Von Th. von Ecken-
brecher finden wir zwei größere Bilder mit Motiven aus
Norwegen. Schließlich sei noch das Ölbild eines jungen
Mädchens im Profil von Franz von Stuck genannt.
Kriegsankäufe zugunsten der Berliner Künstler-
schaft. Unter Führung des Bürgermeisters Dr. Reicke hat
die von der städtischen Grund-Kommission eingesetzte
Ersatz-Kommission letzthin schon zum zweiten Male für
die Stadt eine größere Anzahl von Kunstwerken ange-
kauft, deren Urheber entweder im Felde stehen oder durch
den Krieg mittelbar wirtschaftlich betroffen worden sind.
Die als Kriegs-Notstands-Aktion gedachte Maßnahme zu-
gunsten der Berliner Künstlerschaft bildet eine willkommene
Erzänzung zu den bei der Künstlerschaft selbst geschaffe-
nen Kriegshilfen und hat bereits mehr als zwanzig Künstlern
die in den heutigen Zeiten leider immer seltener werdende
Gelegenheit zum Verkauf ihrer Kunstwerke geboten.