Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,4.1911

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1911)
DOI Artikel:
Rundschau
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.9019#0194
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VonderSprache

die „Brücke" von vornherein da-
durch inöglichst die Veranlassung
entziehen, daß sie vernünftige M e-
thoden, die eigene Geistes-
arbeit zu o r ganisier en,
teils bekannt gibt, teils ausarbeitet.
Auch dieser Punkt ist sehr wichtig;
er ist so wichtig, daß er der Gegen-
stand eigener Vorlesungen auf der
Universität sein müßte, denn es ist
eine traurige Tatsache, daß gegen-
wärtig die Kenntnis der Wege zur
Organisation, das ist, militärisch zu
reden, zur eigentlichen „Gefechts-
bereitschaft", der eigenen Kenntnisse
und Fertigkeiten sich bei dem ein-
zelnen erst ziemlich spät als ein
Nebenprodukt seiner geistigen
Arbeitspraxis einstellt, als wodurch
ihm natürlich, mäßig gerechnet,
zwei Dritteile von den Früchten
seiner ganzen früheren intellek-
tuellen Betätigung verloren gehen.
Fedoch ist auch hiermit das Pro-
gramm der „Brücke" noch nicht voll-
ständig beschrieben. Sie will ferner
fördernd wirken auf das Aufkommen
gewisser Gepflogenheiten, die zur
Vereinfachung des ganzen Stils der
geistigen Arbeit beitragen können.
Dahin ist zu rechnen das Streben,
einheitliche Bücherformate zu er-
zielen, die Farbennuancen durch
wissenschaftlich begründete Ausdrücke
festzulegen und anderes mehr.

Aber auch für die geistigen
Schlachten ist das Montecuculische
Desiderat von herrschender Bedeu-
tung: das Geld. Ein Institut,
wie das eben geschilderte, muß mit
reichen Mitteln wirtschaften können;
sonst fängt es lieber gar nicht erst
an, zu wirtschaften. Daher soll die
„Brücke" als Organisation sich erst
dann auftun, wenn ein Wirtschafts-
fonds von einer Million Mark ge-
zeichnet ist. Wird der zusammen-
kommen? Es ist dringend zu hof-
fen, wenn schon das Institut nicht
ausgesprochen jenen Charakter un-

mittelbarer Menschheitsbeglückung
trägt, der erfahrungsgemäß mit
sanft überredender Bitte nachhal-
tig auf die sogenannten Wohltätig-
ksitsinstinkte zu wirken pflegt. Einst-
weilen kann man für das Unter-
nehmen am besten, wie mir scheint,
dadurch wirken, daß man seinen
Plan möglichst weiten Kreisen be-
kannt gibt. Einen Aberblick über
Ziele und Mittel des angezeigten
Projektes versendet portofrei die
Zentrale der „Brücke" in München,
Schwindstraße 30.

Friedrich Kuntze

Nein, die Noheit hört
noch nicht auf!

c^ uf den Scherz von A. B. im
^i-ersten Iuliheft schreibt uns
jemand ganz ernsthaft:

„Niemals hätte ich es für mög-
lich gehalten, in einer so ernst zu
nehmenden Zeitschrift wie dem
Kunstwart einen Artikel zu finden
wie den »Hört denn die Roheit gar
nicht auf?« Ein Bild, ein Gleich-
nis soll es nicht sein, wie der Ver-
fasser behauptet (wo denn? K.-L.),
also Latsache, daß fast alle
Zags in Deutschland Kinder mit
dem Badewasser zusammen ausge-
gossen werden, noch dazu vom
Fenster aus! In den nächsten Num-
mern des Kunstwarts wird sich wohl
eine Erklärung finden; sonst weiß
man wirklich nicht, was man mit
dem Artikel anfangen soll. Alle
Leute, denen ich ihn hier gezeigt
habe, schütteln die Köpfe!"

Mir scheint, der Herr Leser hat
die Sache wirklich nicht ganz ver-
standen. Aber ich fürchte, die Roheit
wird auch bei solchen Leuten, von
denen man das schon sagen kann,
bei ihrem Reden und Schreiben
doch nicht so bald aufhören. Ein
Bild, ein Bild, ein Königreich für
ein anderes Bild! Wir sind schon
beim vorigen Hefte zweimal in Ver-

(32

Kunstwart XXIV, 2(
 
Annotationen