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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

DOI Heft:
Heft 1 (1. Oktoberheft 1912)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Operettenmarkt
DOI Artikel:
Stapel, Wilhelm: Kunstgeschichte für Kunstgenuß?, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0028

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scheren. Aus diesem Grunde kann ich Ihnen auch nur wenig behils-
lich sein. Man wird Sie mit meiner Empsehlnng vielleicht sehr artig
empsangen, in der Sache aber werden Sie kaum etwas erreichen.
Bringen Sie mir eine Oper, die ein wirkliches Meisterwerk ist, so
wird sie in drei bis vier Tagen, wenn es sein muß, angenommen.
Im Operettensach könnte ich nichts versprechen, und wenn ein zweiter
Offenbach daher käme, weil da sachliche Beweggründe gar nicht mit-
reden."

„Der Schlüssel der ganzen Frage liegt also doch bei den Direktoren?"

„Mir scheint, noch mehr bei den Librettisten. Die sind osfenbar die
Herren der Lage. Ich kenne Fälle, wo die Direktoren junge Kom-
ponisten sördern wollten, mit ihnen auch Kontrakte eingingen und
— nicht einhalten konnten, weil die Librettisten sich weigerten, für
»so Unbekannte« Bücher zu liesern. .

„Anerhört! Ülnmöglich!"

„Aber wahr. Man sieht da an einem nicht von der Befürchtung
konstruierten, sondern lebendigen Beispiel, wohin es kommt, wenn
die Kunst in die Hand der Händler und Wechsler gerät. Setzen wir
also alles daran, um wenigstens die höhere Kunst vor solcher Ver-
tvustung zu behüten."

„Was ließe sich tun? Sehn Sie denn gar keine Anderung dieser
Verhältnisse voraus?"

„Doch, mir ist, als ob man Anzeichen eines »Wettersturzes« spürte.
Aber bis der Wind tatsächlich umschlägt, kann's noch recht lange
dauern. Augenblicklich ist die Stimmung an der Operettenbörse sogar
recht flau. Man findet, daß die berühmten Librettisten und Kom-
ponisten sich ausgeschrieben haben und spürt eine Sehnsucht nach
jüngeren, unverbrauchten Krästen. Nicht ohne Belang ist es serner,
daß die Matadore der neueren Wiener Operette das sinkende Schisf
verlassen und einer nach dem andern der Oper zustreben. Vielleicht
bekommt der alte »Ring« bald ein paar neue Glieder. Wollen Sie
etwa selber ansuchen, eins davon zu werden? Nicht, das traute ich
Ihnen zu. Also versuchen Sie anderswo Ihr Glück, damit Sie sich
und mir keinen Vorwurf zu machen haben."

Ich gab ihm eine Menge Empsehlungsbriefe mit, und er ging,
seine Arbeit anzubieten. Aber bis heute habe ich nichts wieder von
ihm gehört. Richard Batka

R

Kunstgeschichre für Kunstgenuß?

echtsgeschichte, Sprachgeschichte, Geschichte der Philosophie usw. —
ach, denkt man, die sind „trocken". Aber Kunstgeschichte? Wenn
^man nur Zeit hätte! Treibt man die, „hat" man sicher mehr von
den Sachen, die man so in Museen und Ausstellungen zu sehen be-
kommt. Hat solch ein Hoffender zu seinem Anglück wirklich „Zeit ge-
nug", so geht er hin und ersteht eine „Kunstgeschichte". Aber sind die
Bilder durchgeblättert, ist der erste Band bis Seite zwanzig gelesen —
dann dreht die so heiß ersehnte „Kunstgeschichte" für den Rest ihres Da-
seins der schnöden Welt den Rücken. Das braucht man nicht zu be-
dauern. Aber der Besitzer pflegt leider fortan dasselbe gegen die Kunst

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Kunstwart XXVI, j j
 
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