Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

DOI Heft:
Heft 4 (2. Novemberheft)
DOI Artikel:
Behl, Carl F. W.: Gerhart Hauptmann: zu seinem fünfzigsten Geburtstage
DOI Artikel:
Schmidt, Leopold: Ariadne auf Naxos
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
rischer Bildhaftigkeit ist alles tzerrlichste im „Lmanuel Quint" dra-
matischen Arsprunges. Lbenso wie in Hauptmanns letztveröfsentlichtem
Entwicklungsroman „Atlantis", dessen rein epische Partien manch-
mal recht schwach sind. Dramatisch war ja auch schon jenes novel-
listisch gefaßte erste Menschenproblem vom „Bahnwärter Thiel«, das
seine endgültige Formung erst in der Fuhrmannstragödie sand.

Mitleiden — Sehnsucht — Lrlösung, der große Grundakkord
ist die Seele des tiefen Gottsucherepos vom Narren in Christo, wie
er die Seele aller Hauptmannschen Dichtung ist und bleiben wird;
denn er ist der höchste Ausdruck ihres Schöpfers. Lr wird aufklingen
über all den Motiven und Problemen, die der Welt und des Lebens
Tausendfältigkeit dem Dichter noch schenken wird. Und wir werden ihm
lauschen, überrascht und gebannt wie am ersten Tage, da er uns klang.
Lr aber wird uns künden, daß dieser Dichter einem großen Mensch-
heitsglauben entgegenringt und daß er sich nicht begnügen wird mit
dem jäh aus Tod und Lawinensturz erhallenden Vobi8eum"

Henrik Ibsens. Deshalb darf der Fünszigjährige auch von uns einen
großen Glauben fordern. Wir aber wollen jene bange Frage aus dem
„Hirtenlied" von nun an getrost für eine stolze nehmen:

„Was denn rechtfertigt mich, wenn nicht mein Werk?"

C. F. W. B e h l

Ariadne auf Naxos

besonderem Aufwand und unter Beachtung der gesamten musi-
» kalischen Welt des In- und Auslandes hat am 25. Oktober in
^ ^ ^ Stuttgart die Rraufführung des neuesten Musikdramas von
Richard Strauß stattgefunden. Auf der Bühne wirkten mit den Mitgliedern
der Hofbnhne bernhmte Gäste zusammen, aus Berlin war Max Rein-
hardt mit dem Ensemble seines Deutschen Theaters verschrieben, aus Wien
die jetzt so beliebte Tänzerin Grete Wiesenthal, und für das Orchester
hatte man sich der besten Bläser und altitalienischer Streichinstrumente
versichert. Und trotzdem handelte es sich um die Geburt eines wirklichen
Kunstwerkes von Rang nnd Schönheit. Auf den ersten Blick erscheint
„Ariadne auf Naxos, zu spielen nach dem Bürger als Edelmann des
Moliere" ziemlich barock. Mag die Entstehungsgeschichte manches er-
klären — Hugo v. Hofmannsthal und Richard Strauß wollten sich Rein-
hardt dankbar erweisen und ihm etwas für sein Deutsches Theater zurecht-
machen —: schließlich hat doch künstlerisches Raffinement dem Werke die
Gestalt gegeben.

Der Inhalt der Moliereschen Komödie ist bekannt. Der reich gewor-
dene Tuchhändler Ionrdain will es dem Adel gleichtun; er lernt Fechten
und Tanzen, kleidet sich nach der neuesten Mode und spielt den Kunst-
mäzen. Während sich aber der Dichter anfangs an das Original hält,
entfernt er sich später davon und setzt an Stelle der Intrige des Liebes-
paares Lucile und Lleontes die Operaufführung und ihre Vorbereitungen.
So war für den Komponisten die Gelegenheit herbeigeführt, statt der Lieder
und Tänze, mit denen dieser Moliere wie alle übrigen ausgestattet war,
eine dramatische Musik zu schreiben. Die Oper „Ariadne auf Naxos"

2^0

Kunstwart XXVI, q
 
Annotationen