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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 6 (2. Dezemberheft 1912)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0518

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der glänzenden Dresdner Prenrieren
herzustellen.

Man hatte eifrig und ergiebig
gestrichen, eingedenk der kostbaren
Mahnung eines der intelligentesten
Mitglieder des Operntextes, der
in Selbstironisierung eine klassi-
sche Objektivität zeigt: Es sind
gerade die Striche, durch welche
eine Oper sich empsiehlt, und die
vorzüglichsten Theater rechnen es
sich zum Verdienst an, durch
Striche mindestens ebensoviel zum
bleibenden Erfolg eines musikali-
schen Werkes beigetragen zu haben,
als der Komponist durch das, was
er an Arbeit hineingetan hat.

Dies Rezept ist besonders gut
für die „Ariadne", die durch noch
mehr Striche vielleicht dem Thea-
ter erhalten werden kann, trotz
ihrer Vielspältigkeit, die solche Länge
(wie sie der jetzige Bestand aufweist)
nicht vertragen kann. Die Viel-
spältigkeit, die eine starke Mischung
der Stile mit sich brachte, ward
erzeugt durch ein im Theater noch
nicht dagewesenes Experiment: Posse,
Ballett, Stegreifkomödie und Oper
nebeneinander! Strauß war der
geeignete Mann, diesen Wirrwar
musikalisch zu bändigen. Aber schon
die Anlage des Stückes steht einer
durchschlagenden Wirkung entgegen.
Ls geht sehr amüsant darin her,
aber es geht fast gar nichts darin
vor, abgesehen von dem Schlusse
der Oper. Es ist eine Unze Musik-
drama, doppelt und dreifach ein-
gewickelt in einen literarischen und
musikalischen Ulk. Vielleicht haben
die Autoren auf diese Art die
Vielspältigkeit des Lebens geben
wollen. Ia, wenn die Oper das
Leben sein könnte! Also noch
mehr weg von der Emballage! Ge-
nau, wie es der Tanzmeister vor-
schreibt. Die zahlreichen Schön-
heiten der Partitur werden dadurch
kaum betroffen.

Vortreffliche Künstler der Ka°
pelle, der Oper und des Schau-
spieles bewirkten, daß sich der Kom-
ponist am Schlusse wohl ein dutzend-
mal zeigen konnte.

Am nochmals ganz ernstlich auf
das Streichen zurückzukommen:
die reine Ariadne-Oper,
losgelöst nicht nur vom „Bürger
als Ldelmann" sondern auch von der
Zerbinetta-Burleske, scheint mir das
Schönste, Ldelste und Innerlichste,
was Strauß bisher geschrieben hat,
und nur noch mit einigen Liedern
und den letzten Szenen des ersten
Aktes im „Rosenkavalier" zu ver-
gleichen. Streicht man alles
Abrige, so haben sämtliche deut-
schen Bühnen, auch die kleinsten,
die über 36 Musiker und fünf
Solisten verfügen, ein entzücken-
des Opernwerk von dreiviertel
Stunden Dauer, das den musi-
kalischen Feinschmeckern die intim-
sten Genüsse bietet. Das wäre
Strauß in der edelsten Simplizität.
Ob er selbst das sein will, vor
allem den Bühnen gegenüber, kann
natürlich nur von ihm abhängen.

Friedrich Brandes

Käthe KoÜwitz'Mappe
des Kunstwarts

Oeider erst dicht vor dem Fest
^wird die Käthe Kollwitz-
Mappe des Kunstwarts erscheinen.
Daß sie nicht schon fertig vorliegt
ist nicht unsre Schuld, sondern die
einer Ausstellungsleitung, die ein
Original, auf das wir warteten,
statt nach München ins Ausland
gehen ließ. So bleibt uns nichts
übrig, als die Freunde dieser tief-
ernsten Gestalterin zu bitten, sich
vor dem Fest, im Notsall durch
Anfragen beim Eallweyschen Ver-
lage in München, nach der neuen
Mappe umzutun. Ihr wesentlicher
Inhalt sind zehn auf Karton auf-
gezogene Gravüren nach den

H32 Kunstwart XXVI, 6
 
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